Künstliche Intelligenz
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„Focus“

„Focus“-Jahresrückblick: Armut, Klimakrise, Kriege und KI

Die „Focus“-Reihe bietet in dieser Woche keinen neuen Vortrag, sondern einen Rückblick auf das zu Ende gehende Jahr. Es wird zurückgeblickt auf „Focus“-Sendungen zu Themen wie Armut, Klimakrise, Kriege und die Künstliche Intelligenz.

Die Sendung „Focus“ bietet – allein schon Dank ihres Untertitels „Themen fürs Leben“ – oft sehr zeitlose Themen an. Denn das Leben bleibt vom Zeitgeist oder vom täglichen Scharren in der Tagespolitik meist halbwegs unberührt, die großen Themen des Lebens lassen sich durch kurzfristige Ereignisse wenig beeindrucken oder gar verschieben.

Andererseits spiegelt die Palette an Vorträgen, die die diversen Veranstalter übers Jahr so anbieten, Trends wider oder – was heuer neuerlich der Fall war – sie spiegelt die aktuellen Krisen in der Welt wider. Dann zeigen sich jene Problemstellungen, die die Menschen da wie dort heuer beschäftigt haben, auch in einer Sendung wie „Focus“.

Die Klimakrise

Allen voran die Klimakrise. In einer Sendung im April zeigte der gebürtige Vorarlberger Politikwissenschafter Reinhard Steurer die Dramatik kurz und knapp auf.

Viele Vorträge widmeten sich der Frage, wie man dieser Krise am besten beikommen kann. Der Wirtschaftswissenschafter Niko Paech etwa schlägt sein Modell einer Postwachstumsökonomie vor. Die Wirtschaft müsse aufhören zu wachsen – der Konsument aufhören, übermäßig zu konsumieren. Stattdessen gelte es, Dinge wieder zu reparieren und zu recyclen – mehr dazu in: „Blick in ein entrümpeltes Leben“.

An eine Trendumkehr durch grüne Technologien glaubt Niko Paech nicht. Die Zukunftsforscherin Susanne Eckes plädierte hingegen bei den Kleinwalsertaler Dialogen mehr auf Bio-Engineering zu setzen. Mehr dazu in: Susanne Eckes: Die Zukunft neu denken.

Klimaaktivisten haben auch heuer für hitzige Debatten gesorgt. Viele Menschen reagierten immer ärgerlicher auf die sogenannten Klima-Kleber, die sich zuletzt nicht nur auf Straßen klebten, sondern sich dort sogar einbetonierten. Im Frühjahr lieferten sich Österreichs Star-Philosoph Konrad Paul Liessmann und sein befreundeter Schriftsteller Michael Köhlmeier im Feldkircher Theater am Saumarkt einen wahren Schlagabtausch zu den Protestaktionen – freilich bewusst auch etwas showmäßig.

Künstliche Intelligenz

Auch bei den heurigen Tagen der Utopie drehten sich viele Diskussionen um die Klimakrise und um die Frage, wie man ihr noch beikommen kann. Dabei kam dann ein weiteres Thema ins Spiel, das heuer extrem schnell an Bedeutung dazugewonnen hat: Die Künstliche Intelligenz.

Nachhaltigkeits- und Digitalisierungsexperte Tilman Santarius von der TU Berlin sieht eines dabei skeptisch: Dass man durch die neue Technologie mehr Zeit für sich gewinnen könnte. Vorsicht: Das Gegenteil kann der Fall sein.

Frau Professor Sabine Köszegi von der Technischen Universität Wien sprach im August über Chancen und Risken durch Künstliche Intelligenz und Roboter. Sie leitet etwa auch ein Projekt zum Thema Pflegerobotik. Pflegeroboter wurden entwickelt, um das Pflegesystem zu entlasten und um älteren Menschen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.

Frau Professor Köszegi hat übrigens am weltweit allerersten Reglement zur ethischen Nutzung von Künstlicher Intelligenz mitgearbeitet: an den Ethikrichtlinien der europäischen Kommission.

Jahr geprägt von Kriegen

Auch dieses Jahr war geprägt von Kriegen. Zuletzt vom Konflikt im Nahen Osten und immer noch – auch wenn der nun etwas in den medialen Hintergrund gedrängt wurde – vom Angriffskrieg Russlands in der Ukraine.

Das Montagsforum in Dornbirn hat dazu eine ganz interessante Frau eingeladen: Die russische Historikerin Irina Scherbakowa. Die von ihr gegründete Menschenrechtsorganisation Memorial hatte im Dezember 2022 den Friedensnobelpreis verliehen bekommen. Dr. Scherbakowa kämpft gegen Russlands Staatschef Vladimir Putin und dessen Regime an. Sie spricht von einem Monster.

Die Teuerung

Und dann war da die Teuerung. Ein Topthema 2023. Mit zunehmender Fortdauer wurden und werden immer mehr Menschen in die Armut gedrängt. Viele haben vor allem Probleme, sich noch ein Dach über dem Kopf zu leisten. Zum 70-Jahr-Jubiläum der Sozialeinrichtung Kaplan Bonetti in Dornbirn war Soziologe Reimer Gronemeyer von der Universität Gießen geladen. Er sollte über „Menschen am Rande der Gesellschaft“ sprechen. Doch er gab zu bedenken, dass wir im reichen Westen eigentlich eine Minderheit sind und dass daher wir am Rande der Gesellschaft stehen.

Angesichts der vielen Krisen machte sich beim Philosophicum in Lech im September ein bisschen eine Art Weltuntergangsstimmung in den diversen Vorträgen breit. Dabei lautete das Motto doch eigentlich so positiv klingend "Alles wird gut. Zur Dialektik der Hoffnung“. Doch kaum jemand wollte sich dort einer naiven Hoffnung hingeben, gleiche diese doch einem frommen Wunsch ans Christkind. Soziologe Harald Welzer sprach gar von der Hoffnung als Falle.

Der in Wien lebende Öknom Fred Luks wollte dann doch eine Lanze für die Hoffnung brechen. Er plädierte dafür mutiger zu hoffen und an Wunder zu glauben – mehr dazu in: Ökonom Luks: Hoffnung auf Nachhaltigkeit.

Sendungshinweis: „Focus“, Radio Vorarlberg, 30.12.2023, 13.00 bis 14.00 Uhr

Das Leben

„Focus“ hat heuer also in diversen Vorträgen auch diverse Themen der Zeit wiedergegeben – leider darunter sehr viele Krisen. „Focus“ wäre aber nicht „Focus“, wenn die Sendung nicht trotzdem das Leben an sich in den Vordergrund rückt. Zuletzt hat das etwa die Berliner Philosophin Nathalie Knapp Anfang Dezember getan.

Der eigentliche Wert des Lebens wird in der Leistungsgesellschaft oft vergessen. Was das Leben ausmacht, was es lebenswert macht, das hat auch die Philosophin Barbara Schmitz von der Uni Basel im Sommer verdeutlicht. In ihrer philosophischen Reflexion ging Barbara Schmitz von ihrem eigenen biographischen Erleben aus – mehr dazu in: Barbara Schmitz: Was ist ein lebenswertes Leben.