„Memorial“ setzt sich seit dem Ende der Sowjetunion dafür ein, Staatsverbrechen und politische Verfolgung unter dem Terrorregime Stalins zu dokumentieren und publik zu machen. Das Erinnern an die Gräueltaten des Stalinismus war verboten und erfolgte geheim. Da begann „Memorial“ 1989 seine Arbeit und sammelte diese Erinnerungen, auch sehr persönliche, etwa an Erlebnisse in den Straflagern des Gulag.
Der Bewegung ging es immer um den Schutz der Menschenrechte in Russland. Ende der 1970er Jahre begann Irina Scherbakowa bereits Tonbandinterviews mit Opfern des Stalinismus zu sammeln, 1988 rief die Historikerin die Organisation „Memorial“ ins Leben und knapp danach, ab der Wende 1991, forschte sie in den Archiven des KGB. 1999 wurde sie Vorstandsmitglied und Leiterin der Bildungsprogramme von „Memorial“.
Putin ließ Organisation auflösen
Wladimir Putin wehrte sich gegen diese Aufarbeitung der Geschichte, er ließ die Organisation staatlich auflösen. Für die russischen Behörden gibt es die NGO „Memorial“ gar nicht mehr. Im Vorfeld des Ukraine-Kriegs ordnete Moskaus oberstes Gericht die Liquidierung dieser Organisation rund um Irina Scherbakowa und die Schließung des Menschenrechts-Zentrums an. Die Mitglieder werden als „Agenten“ verfolgt. Für Putin ist es auch ein Kampf um die Deutung der Geschichte Russlands, sagt die Historikerin und Kulturwissenschaftlerin Scherbakowa.
Sendungshinweis
„Focus“ – Themen fürs Leben bei ORF Radio Vorarlberg, 8. Juli 2023, 13.00 bis 14.00 Uhr
Scherbakowa hat nach Kriegsbeginn ihre Heimat verlassen und lebt nun in Deutschland im Exil. Nichtsdestotrotz tritt sie mutig und offen auf – so auch beim Montagsforum in Dornbirn, wo sie den Vortrag hielt: „Memorial – Der Kampf um die Erinnerung“.