Wald
ORF Vorarlberg
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„Focus“

Bäume und Bits – Nachhaltigkeit und Digitalisierung

Tilman Santarius ist Professor für sozial-ökologische Transformation und nachhaltige Digitalisierung. In „Focus“ spricht er über „Bäume und Bits – Nachhaltigkeit und Digitalisierung“. Der Vortrag wurde bei den „Tagen der Utopie“ aufgenommen, die in diesem Jahr ihr 20-jähriges Bestehen feiern.

Seit 20 Jahren haben Expertinnen und Experten aus den verschiedensten Bereichen bei diesem Festival ihre Entwürfe einer besseren Welt vorgestellt und diskutiert. Neue außergewöhnliche Lösungen sind in einer Zeit der multiplen Krisen wichtiger denn je.

Tilman Santarius von der TU Berlin ist einer davon, der seine Überlegungen für eine bessere Zukunft vorgestellt hat. Er ist Professor für eine sozialökologische Transformation und nachhaltige Digitalisierung und leitet die Forschungsgruppe „Digital Future“. Zudem ist er Aufsichtsrat bei Greenpeace Deutschland, arbeitet also an dieser wichtigen Schnittstelle.

Vier Utopie-Entwürfe von Chat GPT

Der Professor der TU Berlin zitiert Oscar Wilde: „Gesellschaftlicher Fortschritt – das ist die Umsetzung von Utopien.“ Und um seine Utopien für das Festival zu entwerfen, hat Santarius – wie könnte es ein Mann der digitalen Welt anderes tun – bei Chat GPT nachgefragt.

Das Programm schlug die folgenden vier Utopie-Entwürfe vor:

  1. Nachhaltigkeit und Umweltschutz, die Schaffung von umweltfreundlichen Lebens und Arbeitsbedingungen
  2. Postwachstumsgesellschaft, die Suche nach einer Wirtschaftsform, die innerhalb der ökologischen Grenzen der Erde arbeitet und soziale Gerechtigkeit und Wohlbefinden fördert, ohne auf ständiges Wachstum angewiesen zu sein
  3. Künstliche Intelligenz: Die Vision einer Welt, in der Arbeit durch Maschinen automatisiert erledigt wird und die Menschen mehr Freizeit und mehr Freiheit haben, um sich anderen Aktivitäten zu widmen
  4. Transhumanismus, Transhumans. Die Vision einer Welt, in der Technologie den Menschen ermöglicht, ihre biologischen Grenzen zu überwinden und in der Lage sind, sich selbst zu verbessern und zu optimieren. Hierbei geht es um die Integration von Technologie und Biologie, um ein Leben in Perfektion zu erreichen.
Tilman Santarius
Privat

Sozioökologische Visionen und technische Utopien

Es sind also sozialökologische Visionen (Nachhaltigkeit, Postwachstum) auf der einen Seite und technische Utopien wie künstliche Intelligenz und Transhumanismus auf der anderen Seite, die unmittelbar mit Digitalisierung zu tun haben.

Professor Santarius prüft, wie diese Utopien zusammenhängen. Er sieht sich in seinem Vortrag zu jeder dieser Utopien die Faktenlage an, geht der Frage nach, was die begründete Hoffnung der jeweiligen Utopie ist, und zeigt schlussendlich auf, welche Schritte es zur Realisierung braucht.

Produktion digitaler Technologien ist nicht nachhaltig

Santarius wirft dabei etwa folgende Fragen auf: „Kann Digitalisierung eine Triebkraft werden für die Veränderungsprozesse, die in Richtung Nachhaltigkeit notwendig sind? Kann sie zu den Zielen – Verringerung des Ressourcenverbrauchs, der Emissionen, der Landnahme, der Umweltschäden – einen Beitrag leisten?“

Sendungshinweis: „Focus“ – Themen fürs Leben bei ORF Radio Vorarlberg, 20. Mai 2023, 13.00 bis 14.00 Uhr

Gleichzeitig zeigt er bestehende Probleme auf: Allein die Produktion digitaler Technologien hinterlässt einen erheblichen ökologischen Fußabdruck, ganz abgesehen von jeder Menge Skandale, was Arbeitsbedingungen, Gesundheitsschutz, Bezahlung, Rechte von Frauen usw. betrifft. Der Stromverbrauch für die Nutzung der digitalen Technologien ist außerdem enorm.

Das sind nur grundsätzliche Überlegungen zur ersten von ihm bzw. von Chat GPT aufgestellten Utopie. Professor Santarius bietet im Vortrag einen detaillierten Überblick über die Potenziale aller vier genannten Visionen. Es geht um Alternativen zu Giganten wie Amazon und Twitter genauso, wie um das unheimlich klingende Zukunftsszenario von technisch aufgepeppten Menschen bzw. humanisierten Maschinen.

Zur Person:

Tilman Santarius ist Professor für Sozial-ökologische Transformation und nachhaltige Digitalisierung an der TU Berlin und am Einstein Center Digital Futures. Er hat mehrere Bücher geschrieben, zuletzt „Smarte grüne Welt. Digitalisierung zwischen Überwachung, Konsum und Nachhaltigkeit“ (oekom, 2018).

Tilman Santarius hat Soziologie, Ethnologie und Volkswirtschaft studiert und in Sozial- und Gesellschaftswissenschaften promoviert. Von 2009 bis 2011 leitete er die Internationale Klima- und Energiepolitik bei der Heinrich-Böll-Stiftung. Er führt die Forschungsgruppe „Digital Future“ an der TU Berlin und ist Aufsichtsrat bei Greenpeace Deutschland.