Landeskrankenhaus Feldkirch
Dietmar Mathis
Dietmar Mathis
Chronik

KHBG „offensichtlich Opfer kriminellen Netzwerks“

In der Betrugsaffäre rund um die Vorarlberger Krankenhaus-Betriebsgesellschaft (KHBG) ist am Freitagvormittag der Aufsichtsrat über die Situation informiert worden. Geprüft werde auch eine mögliche Geltendmachung gegenüber der Firma Siemens. Über drei der fünf festgenommenen Beschuldigten ist mittlerweile Untersuchungshaft verhängt worden. Zahlreiche Firmen prüfen intern mögliche Zusammenhänge.

Die KHBG sei „offensichtlich Opfer eines kriminellen Netzwerks mit mehreren Geschädigten geworden“, teilte die Krankenhaus-Betriebsgesellschaft nach Ende der Aufsichtsratssitzung am Freitagvormittag schriftlich mit. Der Aufsichtstat kündigte „Forderungen nach vollständiger Schadloshaltung an“.

Unter Vorsitz von Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP) habe man über den aktuellen Stand der Ermittlungen informiert und über die weitere Vorgangsweise beraten, hieß es weiter. Involviert in ein kriminelles Netzwerk mit mehreren Geschädigten seien „externe Personen u. a. der Firma Siemens sowie offenbar auch zwei Mitarbeiter der KHBG und ein pensionierter VLKH-Mitarbeiter“.

Überhöhte Rechnungen über längeren Zeitraum

Die KHBG sei eines von mehreren geschädigten Unternehmen, und nach ersten Erkenntnissen seien augenscheinlich mehrere namhafte Firmen davon betroffen. „Was uns betrifft, wissen wir derzeit, dass uns offenbar über längere Zeit hinweg überhöhte Rechnungen gestellt worden sein dürften“, so Rüscher.

Der verursachte finanzielle Schaden sei erheblich: „Klares Ziel ist die völlige Schadloshaltung der KHBG, da es sich hier um Steuermittel der Bürger und Bürgerinnen handelt. Rechtlich geprüft wird auch eine mögliche Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber der Firma Siemens.“

Gerald Fleisch, Martina Rüscher und Robert Spiegel am Podium
Land Vorarlberg/A. Serra
KHBG-Geschäftsführer Gerald Fleisch und Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (Archivaufnahme)

Interne und externe Kontrolle

In der KHBG sei bereits eine interne Kontrolle der Abrechnungssysteme gestartet worden, teilte der Gesundheitskonzern weiter mit. Zudem werde eine externe Prüfungsagentur mit einer Untersuchung des gesamten internen Kontrollsystems beauftragt.

Bei der ersten internen Prüfung des KHBG-Kontrollsystems für Bauangelegenheiten seien keine Funktionsfehler im Kontrollsystem festgestellt worden: „Das interne Kontrollsystem wurde in den vergangenen Jahren sowohl extern als auch durch die interne Revision laufend überprüft. Die Personalkapazität wurde entsprechend der Rechnungshof-Empfehlung in den letzten Jahren auf mittlerweile zwei Vollzeitäquivalente erhöht.“

Fleisch: „Hohe kriminelle Energie“

Die KHBG arbeite u. a. mit SAP-Systemen und vollziehe das Vieraugenprinzip sowohl bei der sachlichen als auch bei der rechnerischen Prüfung, teilte das Unternehmen mit. Dass all das in betrügerischer Absicht umgangen werden konnte, zeuge von sehr hoher krimineller Energie, bekräftigte KHBG-Geschäftsführer Gerald Fleisch erneut seine Aussagen vom Donnerstag gegenüber dem ORF Vorarlberg.

„Schlussendlich werden die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft bzw. des Landeskriminalamtes zeigen, wo und wodurch, mit welchen kriminellen Vorgehensweisen unser Kontrollsystem offensichtlich ausgehebelt worden ist“, so Fleisch am Freitag. „Mit diesen Erkenntnissen wird das interne Kontrollsystem dann nochmals evaluiert.“

Fristlose Entlassungen

„Die betroffenen KHBG-Mitarbeiter der Bauabteilung befinden sich in Untersuchungshaft und sind mit heutigem Tag, 4.8.2023, fristlos aus ihrem Arbeitsverhältnis mit der KHBG entlassen“, teilte die Krankenhaus-Betriebsgesellschaft weiter mit: „Aufbauend auf den weiteren Erkenntnissen werden weitere Kontrollen angestoßen.“

Untersuchungshaft verhängt

In dem Betrugsfall sind die ersten Verdächtigen in Untersuchungshaft genommen worden. Nach Angaben von Staatsanwalt Heinz Rusch wurde sie über drei Personen verhängt. Bei zwei weiteren Personen stehe die Entscheidung noch aus. Bei den Verdächtigen handelt es sich um aktive und pensionierte Mitarbeiter der KHBG sowie um Mitarbeiter der Firma Siemens und von Hirschmann Automotive.

Weitere Unternehmen prüfen Zusammenhänge

Indessen prüfen nach unbestätigten Angaben zahlreiche Unternehmen und Körperschaften im Land intern mögliche Zusammenhänge mit den Betrugsvorwürfen. Augenscheinlich seien mehrere namhafte Firmen davon betroffen, so Landesrätin Rüscher. Auf Nachfrage des ORF Vorarlberg äußerte sich in einer ersten Reaktion auch Energieversorger illwerke vkw. Bisher habe man keine Hinweise darauf, dass illwerke vkw ebenfalls zu den Geschädigten zähle, so das Unternehmen am Freitagmorgen.

Vollständiges Statement von illwerke vkw

„Für die illwerke vkw haben faire Geschäftspraktiken und rechtskonformes Handeln höchste Priorität. Unterschiedliche Kontrollsysteme und Maßnahmen sind im Einsatz, um die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben sowie der strengen unternehmensinternen Regelungen, insbesondere in Bezug auf Bestellungen und Rechnungen, zu gewährleisten. Es gibt aktuell keine Hinweise darauf, dass die illwerke vkw ebenfalls zu den Geschädigten des Betrugsskandals zählen. Es gab auch keine Kontaktaufnahme seitens der ermittelnden Behörden. Wir nehmen die aktuellen Ereignisse dennoch zum Anlass, die Geschäftsfälle mit der Firma Siemens der letzten Jahre noch einmal genauen Prüfungen zu unterziehen.“

Stadt Dornbirn aktivierte Rechnungskontrolle

Wie bereits berichtet, könnte nicht nur die KHBG geschädigt worden sein, sondern auch die Hirschmann Automotive GmbH. Aufgefallen waren die mutmaßlichen Unregelmäßigkeiten bei einer internen Revision von Siemens – Siemens ist Partner einiger Unternehmen und Körperschaften im Land. So wurde z. B. auch in der Stadt Dornbirn die Rechnungskontrolle der Stadt aktiv. Das Spital und das Hochbauamt wurden überprüft, laut Bürgermeisterin Andrea Kaufmann (ÖVP) seien bis jetzt keine Ungereimtheiten gefunden worden.