Gerald Fleisch am 3.8.23
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Chronik

KHBG-Geschäftsführer nimmt Stellung zu Betrugsermittlung

Der Geschäftsführer der Vorarlberger Krankenhaus-Betriebsgesellschaft (KHBG) hat nach Bekanntwerden von Betrugsvorwürfen zulasten seines Unternehmens seinen Urlaub unterbrochen. Gerald Fleisch reiste in der Nacht zurück und verschaffte sich am Vormittag einen ersten Überblick. Dann nahm er gegenüber dem ORF Vorarlberg erstmals dazu Stellung.

Für Freitag wurde bei der Krankenhausbetriebsgesellschaft eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung anberaumt. Geschäftsführer Gerald Fleisch brach dafür seinen Urlaub ab und reiste von Süditalien nach Vorarlberg. ORF-Redakteurin Dorothea Schertler traf Fleisch am Donnerstagvormittag zum Interview.

KHBG-Geschäftsführer Fleisch im ORF-Interview

ORF Vorarlberg: Herr Fleisch, sind Sie als Geschäftsführer überrascht, dass in Ihrem Unternehmen ein Betrugsfall in dieser Größenordnung möglich ist?

Gerald Fleisch: Ich bin nicht nur überrascht, ich bin zutiefst bestürzt und betroffen, dass es so einen Fall gibt, dass das Unternehmen KHBG in dieser Form mutmaßlich geschädigt würde. Es ist ein laufendes Verfahren, aber es sieht danach aus, als hätten einzelne Personen in einer kriminellen Machenschaft unser Unternehmen geschädigt.

ORF Vorarlberg: Nun gehen die Betrugsfälle bis ins Jahr 2013 zurück. Offenbar hat die Kontrolle hier völlig versagt. Wo lag der Kontrollfehler?

Gerald Fleisch: Es ist ein laufendes Verfahren. Ich habe noch nicht allzu große Detailkenntnisse, weiß allerdings, dass es von zwei Mitarbeitern Machenschaften mit hoher krimineller Energie gegeben hat, die außerhalb des Unternehmens waren, und die dann zu überhöhten Rechnungen an unser Unternehmen geführt haben.

ORF Vorarlberg: Sie haben gestern die ersten Informationen über diesen Millionenbetrug erhalten. Kann man schon sagen, wie die Betrüger vorgegangen sind? Haben die Mitarbeiter Rechnungen gefälscht? Oder haben sie, wie auch schon vermutet, über ein Privatfirmenkonstrukt abgerechnet?

Fleisch: Ja, ich darf so viel verraten, dass wir davon ausgehen, dass es wirklich mit hoher krimineller Energie über ein eigenes Unternehmen vor sich gegangen ist, dass wir überhöhte Rechnungen bekommen haben. Allerdings bitte ich um Verständnis, ich bin erst seit wenigen Stunden (aus dem Urlaub zurück) im Unternehmen und noch an der Aufarbeitung der Sachlage.

ORF Vorarlberg: Waren diese Betrüger so geschickt oder hat man zu wenig kontrolliert?

Fleisch: Aus jetziger Sicht ist es so, dass die kriminelle Energie so hoch war, dass es nicht zu erkennen war. Wir werden das genau prüfen. Wir haben sehr viele interne Systeme, ein internes Kontrollsystem. Die Krankenhaus-Betriebsgesellschaft ist ein sehr verlässliches Unternehmen. Ich selber habe eine Vergangenheit beim Landesrechnungshof, ich bin da also sehr bewusst auch in solchen Themen. Das heißt, wir werden das jetzt in Ruhe überprüfen und wir gehen davon aus, dass wir als Unternehmen einfach geschädigt
wurden.

ORF Vorarlberg: Wie funktioniert der Kontrollmechanismus?

Fleisch: Wir haben sehr viele Kontrollmechanismen, wir haben ein internes Kontrollsystem, es gibt die Strukturen im Unternehmen selber. Wir haben die Prozesse auch über SAP abgebildet, die Einkaufs-, Bestell- und Abrechnungsprozesse. Wir sind vielfältig geprüft über Wirtschaftsprüfer, über externe Prüfinstanzen. Wir haben Aufsichtsgremien, sind also eines der meist geprüften Unternehmen.

ORF Vorarlberg: Und dennoch ist so ein Betrug offenbar möglich gewesen.

Fleisch: Es gibt kriminelle Energie, die eben so ausgestaltet ist, dass selbst die besten Kontrollsysteme das nicht durchschauen können, wenn mehrere Personen zusammenspielen. Wir dürften es hier mit einem Betrugsnetzwerk zu tun haben. Wir sind auch nicht als einziges Unternehmen geschädigt. Also dann, wenn diese Energie frei wird, nützen keine Kontrollsysteme.

Gerald Fleisch am 3.8.23
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KHBG-Geschäftsführer Gerald Fleisch im Interview mit dem ORF

ORF Vorarlberg: Also gibt es noch andere Unternehmen, die geschädigt wurden?

Fleisch: Nach unseren Informationen gibt es weitere Unternehmen.

ORF Vorarlberg: Wer ist jetzt verantwortlich? Die Politik, der Aufsichtsrat oder Sie als Geschäftsführer? Jemand muss ja die Verantwortung tragen.

Fleisch: Grundsätzlich trägt die Verantwortung der Kriminelle oder die Kriminellen für ihr Handeln. Wenn sich herausstellt, dass Kontrollsysteme nicht funktioniert haben, dass man es anders hätte machen können, ist das die Geschäftsführung. Da stehe ich auch hin.

ORF Vorarlberg: Kann man schon abschätzen, wie hoch der Schaden sein wird?

Fleisch: Nein, das kann man zum heutigen Zeitpunkt nicht abschätzen. Man geht aber von einer Millionenhöhe aus.

ORF Vorarlberg: Ein großer Schaden für die Steuerzahler, die Bevölkerung.

Fleisch: Ich bin betroffen, bin bestürzt. Es sind für mich ganz schwere Stunden. Allerdings, und da bin ich auch sehr gelassen, wenn diese kriminelle Energie da ist, gibt es das Strafrecht. Hier werden Menschen bestraft werden. Das darf nicht auf dem Rücken des Unternehmens, nicht auf dem Rücken der KHBG und schon gar nicht mit öffentlichen Geldern passieren. Ganz klares Statement: Wir als Unternehmen sind geschädigt worden, nicht Schädiger.

ORF Vorarlberg: Wie gehen Sie jetzt weiter vor? Was machen Sie oder was können Sie als Geschäftsführer der KHBG machen?

Fleisch: Wir haben, nachdem ich in der Nacht vom Urlaub sofort zurückgekehrt bin, heute schon wesentliche wichtige Sitzungen gehabt. Wir gehen Punkt für Punkt alle wesentlichen Themen durch, haben eine Taskforce, in der wir alle Punkte prüfen. Wir werden intern prüfen und uns extern prüfen lassen. Also hier gibt es die ganze Maschinerie an Compliance und Corporate Governance.