Hirschmann Standort Rankweil
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Chronik

Hirschmann könnte ebenfalls betrogen worden sein

Der Verdacht von Millionenbetrug rund um einen Siemens-Mitarbeiter, in den auch die Vorarlberger Landeskrankenhäuser verwickelt sein sollen, weitet sich aus. Auch bei Hirschmann Automotive in Rankweil wurde ein Mitarbeiter festgenommen worden, und in der Folge fand eine Hausdurchsuchung im Betrieb statt.

Wie am Donnerstagabend bekannt wurde, dürfte neben den Landesspitälern auch die Firma Hirschmann Automotive in Rankweil Opfer des mutmaßlichen Betrugsnetzwerks rund um Mitarbeitende der Krankenhausbetriebsgesellschaft (KHBG) und Siemens sein. Eine Hirschmann-Firmensprecherin bestätigte gegenüber dem ORF Vorarlberg, dass am Mittwoch eine Hausdurchsuchung stattgefunden habe.

Hirschmann nahm schriftlich Stellung

In einer schriftlichen Stellungnahme des Unternehmens gegenüber dem ORF Vorarlberg hieß es am Donnerstagabend: „Es besteht die Vermutung, dass die Hirschmann Automotive GmbH finanziell Geschädigte in einer laufenden polizeilichen Untersuchung ist. Eine rasche Aufklärung ist im Interesse des Unternehmens, welches eine lückenlose Aufarbeitung bestmöglich unterstützen wird. Die Kooperation mit den Behörden wurde zu 100 Prozent zugesagt. Das Unternehmen sieht davon ab, weitere Statements an die Öffentlichkeit abzugeben. Die Ermittlungen des Landeskriminalamtes laufen auf Hochtouren. Diese wollen wir keinesfalls behindern.“

Hirschmann Automotive GmbH

ist ein international tätiger Automobilzulieferer mit Hauptsitz in Rankweil. Neben der Automobilindustrie entwickelt und produziert das Unternehmen auch für E-Mobilität und autonomes Fahren u. a. Steckverbindungen, Kabelbaugruppen und Sensoren. Hirschmann betreibt acht Produktionsstandorte und fünf Vertriebsbüros in zehn Ländern. Das Unternehmen beschäftigt weltweit 7.400 Personen und erwirtschaftete 2021 einen Umsatz von 458 Millionen Euro.

Verdacht des Millionenbetrugs bei KHBG

Wie vom ORF bereits berichtet, wird gegen mehrere Mitarbeitende der KHBG wegen schweren Betrugs ermittelt. Sie sollen ab 2013 bei Bauprojekten der KHBG – in den vergangenen Jahren wurden jeweils satte zweistellige Millionenbeträge für die Modernisierung der Landesspitäler aufgewendet – mit fingierten Rechnungen gearbeitet haben.

Die Schadenssumme geht nach Angaben der Staatsanwaltschaft Feldkirch in den einstelligen Millionenbereich. Nach Razzien wurden am Mittwoch fünf Personen festgenommen, laut Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP) waren drei davon aktive KHBG-Mitarbeiter, eine Person hatte bis zur Pensionierung in der KHBG gearbeitet. Für zumindest drei Festgenommene wurde am Donnerstag Untersuchungshaft beantragt.

Anzeige ging von Siemens aus

In die betrügerischen Machenschaften sind offenbar auch Mitarbeitende der Firma Siemens verstrickt. Siemens beliefert die KHBG seit vielen Jahren in den Bereichen Technik und Infrastruktur. Es war auch eine Anzeige von Siemens, die die Basis der Ermittlungen des Landeskriminalamts bildete.

„Siemens hat der Staatsanwaltschaft Umstände offengelegt, die im Rahmen einer noch andauernden Compliance-Untersuchung aufgedeckt wurden“, stellte das Unternehmen fest. „Wir verfolgen eine strikte Null-Toleranz-Politik gegenüber Korruption und anderen Verstößen gegen anwendbares Recht“, wurde betont.

Rechnungshof will KHBG erneut prüfen

Nach Bekanntwerden des mutmaßlichen Betrugs in der Krankenhaus-Betriebsgesellschaft denkt der Landesrechnungshof daran, die KHBG erneut zu prüfen. Das soll allerdings erst stattfinden, wenn die Staatsanwaltschaft mit den Ermittlungen fertig ist, sagte Rechnungshof-Direktorin Brigitte Eggler-Bargehr im Interview mit dem ORF Vorarlberg: „Um dann gezielt aufgrund der Ergebnisse eine Prüfung aufzusetzen. Ich denke, im Bereich interne Revision, interne Kontrollsysteme – abhängig davon natürlich, was die konkreten Ergebnisse jetzt auch tatsächlich zum Vorschein bringen.“

Da andere Landesgesellschaften ähnliche Systeme haben könnten, will Eggler-Bargehr noch einen Schritt weiter gehen: „Das ist jetzt sicher der Anlass, um aus den Vorfällen zu lernen und zu schauen, wo kann man bei Risiken, die entweder bei der KHBG oder auch bei anderen Beteiligungsgesellschaften bestehen, besseren Schutz vorsehen. Da werden wir uns die entsprechenden Systeme genauer ansehen.“ Am Freitagmorgen will der Aufsichtsrat der KHBG unter Vorsitz von Landesrätin Martina Rüscher die weitere Vorgangsweise nach dem mutmaßlichen Millionenbetrug beraten.