Das Landeskrankenhaus Feldkirch von außen
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Chronik

Neben KHBG: Mögliche weitere Betrugsgeschädigte

Wie am Donnerstagabend bekanntgeworden ist, dürfte neben den Landesspitälern auch die Firma Hirschmann Automotive in Rankweil Opfer des mutmaßlichen Betrugsnetzwerks rund um Mitarbeiter der Krankenhausbetriebsgesellschaft (KHBG) und Siemens sein. Eine Firmensprecherin bestätigte gegenüber dem ORF Vorarlberg, dass am Mittwoch eine Hausdurchsuchung stattgefunden habe.

Laut Berichten der „Vorarlberger Nachrichten“ hieß es am Donnerstagabend, dass die Krankenhausbetriebsgesellschaft selbst nicht das einzige Opfer des Betrugsnetzwerks rund um Mitarbeiter der KHBG und der Firma Siemens sein dürfte, sondern auch die Firma Hirschmann Automotive in Rankweil.

In einer schriftlichen Stellungnahme des Unternehmens gegenüber dem ORF Vorarlberg hieß es am Donnerstagabend: „Es besteht die Vermutung, dass die Hirschmann Automotive GmbH finanziell Geschädigte in einer laufenden polizeilichen Untersuchung ist. Eine rasche Aufklärung ist im Interesse des Unternehmens, welches eine lückenlose Aufarbeitung bestmöglich unterstützen wird. Die Kooperation mit den Behörden wurde zu 100 Prozent zugesagt. Das Unternehmen sieht davon ab, weitere Statements an die Öffentlichkeit abzugeben. Die Ermittlungen des Landeskriminalamtes laufen auf Hochtouren. Diese wolle man keinesfalls behindern.“

Täter mit „hoher krimineller Energie“

Am Tag nach Bekanntwerden der Betrugsvorwürfe gegen Mitarbeiter der KHBG waren Verantwortliche damit beschäftigt, sich einen Überblick über die Situation zu verschaffen. KHBG-Geschäftsführer Gerald Fleisch sprach im Interview mit dem ORF Vorarlberg in Bezug auf zwei Mitarbeiter von „hoher krimineller Energie“.

Neues zum KHBG-Betrug

Am Tag nach Bekanntwerden der Betrugsvorwürfe gegen Mitarbeiter der KHBG waren Verantwortliche damit beschäftigt, sich einen Überblick über die Situation zu verschaffen. Die mutmaßlichen Betrügereien in der Krankenhausbetriebsgesellschaft könnten deutlich höher liegen als der einstellige Millionenbetrag, von dem zuerst die Rede war.

Fleisch erklärte, dass allem Anschein nach zwei Mitarbeiter über ein eigenes Unternehmen Machenschaften betrieben hätten, „die zu überhöhten Rechnungen an die KHBG geführt haben“. Weitere Details nannte Fleisch mit Verweis auf das laufende Ermittlungsverfahren nicht. Er stellte aber auch klar fest, dass – sollten die Kontrollsysteme versagt haben – das in seiner Verantwortung liege. „Da stelle ich mich hin“, so Fleisch.

Ermittlungen wegen schweren Betruges

Nach aktuellem Informationsstand wird gegen mehrere Mitarbeiter der KHBG wegen schweren Betrugs ermittelt. Sie sollen ab 2013 bei Bauprojekten der KHBG mit fingierten Rechnungen gearbeitet haben, wie es Fleisch skizzierte. Die Schadenssumme geht nach Angaben der Staatsanwaltschaft Feldkirch vom Mittwoch in den einstelligen Millionenbereich.

Razzien am Mittwoch

Nach Razzien wurden am Mittwoch fünf Personen festgenommen, laut Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP) waren drei davon aktive KHBG-Mitarbeiter, eine Person hatte bis zur Pensionierung in der KHBG gearbeitet. Über zumindest drei Festgenommene wurde am Donnerstag Untersuchungshaft beantragt.

Anzeige durch die Firma Siemens

Die Basis der Ermittlungen des Landeskriminalamts bildete eine „fundierte Anzeige“, wie es Staatsanwaltschaftssprecher Heinz Rusch nannte. Diese wurden von der Firma Siemens eingebracht. „Siemens hat der Staatsanwaltschaft Umstände offengelegt, die im Rahmen einer noch andauernden Compliance-Untersuchung aufgedeckt wurden“, stellte das Unternehmen fest. „Wir verfolgen eine strikte Null-Toleranz-Politik gegenüber Korruption und anderen Verstößen gegen anwendbares Recht“, wurde betont. Man kooperiere umfassend mit den Behörden. Siemens hat die KHBG über mehrere Jahre hinweg in den Bereichen Technik und Infrastruktur beliefert.

Gesundheitskonzern KHBG

Der Vorarlberger Krankenhausbetriebsgesellschaft gehören die fünf Landeskrankenhäuser Feldkirch, Rankweil, Bregenz, Hohenems und Bludenz sowie die Pflegeschule Vorarlberg in Kooperation mit dem Stadtspital Dornbirn an. Die KHBG beschäftigt rund 4.500 Mitarbeitende und versorgt jährlich rund 450.000 Patientinnen und Patienten.

Wem gehört die KHBG?

Eigentümer der Vorarlberger Krankenhausbetriebsgesellschaft sind mit 96 Prozent das Land Vorarlberg und mit vier Prozent die Landesvermögen-Verwaltungsgesellschaft, gemeinsam bilden sie die Generalversammlung. Der Aufsichtsrat hat elf Mitglieder aus der Landes- und Gemeindepolitik, aus Gesundheitsexperten und Arbeitnehmervertretern. Vorarlbergs Krankenhäuser wenden hohe Millionensummen für Neu- und Ausbauten sowie Renovierungen auf: Allein heuer sind über 39 Millionen Euro dafür vorgesehen.

Verdacht reicht zehn Jahre zurück

Die im Raum stehenden Betrugsvorwürfe stehen im Zusammenhang mit der Bauabteilung der KHBG und reichen offenbar zurück bis ins Jahr 2013. Nur zwei Jahre davor hatte der Landesrechnungshof die Kontrollmechanismen in der KHBG geprüft. Dabei seien einige Mängel aufgefallen, sagte Rechnungshof-Direktorin Brigitte Eggler-Bargehr am Donnerstag gegenüber dem ORF Vorarlberg.

Rechnungshof machte Vorschläge

Dem Gesundheitskonzern seien daher einige Verbesserungsvorschläge gemacht worden: „Eine dieser Empfehlungen war, die Personalkapazität für die interne Revision auszuweiten. Eine weitere Empfehlung war auch, eine Risikolandkarte auszuarbeiten, die alle wesentlichen unternehmerischen Risiken erfasst. Und wir haben auch empfohlen, diese interne Revision bei der Geschäftsführung zu verankern.“

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Landeskrankenhaus Feldkirch
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Die fünf Landeskrankenhäuser in Feldkirch, Rankweil, Bregenz, Hohenems und Bludenz sowie die Pflegeschule gehören zur KHGB
Landeskrankenhaus Rankweil
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Die fünf Landeskrankenhäuser in Feldkirch, Rankweil, Bregenz, Hohenems und Bludenz sowie die Pflegeschule gehören zur KHGB
Landeskrankenhaus Bregenz von außen
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Krankenhaus Hohenems
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Landeskrankenhaus Bludenz, außen, Rettungswagen
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Die fünf Landeskrankenhäuser in Feldkirch, Rankweil, Bregenz, Hohenems und Bludenz sowie die Pflegeschule gehören zur KHGB

Vorschläge wurden nur begrenzt umgesetzt

Im Jahr 2015 überprüfte der Rechnungshof die Umsetzung, sagte Eggler-Bargehr: „Dabei haben wir festgestellt, dass die interne Revision bei der Geschäftsleitung angesiedelt wurde und die Personalkapazität ausgeweitet wurde. Allerdings nur um 0,25 Vollzeitbeschäftigte. Also das war eine relativ geringe Ausweitung der Personalkapazitäten.“

Risiken wurden vor allem klinisch gewichtet

Außerdem umfasste diese Aufstockung um nur eine Viertelstelle nicht alle entscheidenden Bereiche, sondern nur ganz spezifische Themenbereiche, erklärte die Rechnungshof-Direktorin: „Diese Risikolandkarte differenziert zwischen klinischen und nicht klinischen Risiken. Die klinischen Risiken haben damals ganz klar dominiert. Und aus meiner Wahrnehmung waren damals in diesem Baubereich die Themen nicht mit erfasst. Aber das kann sich natürlich im Laufe dieser Jahre durchaus geändert haben. Also da sind wir jetzt nicht auf dem aktuellen Stand, was momentan diese Risikolandkarte alles umfasst.“

Sondersitzung am Freitag

Die Landespolitik war am Mittwochvormittag über die Vorwürfe und die Ermittlungen informiert worden. Gesundheitslandesrätin Rüscher (ÖVP) zeigte sich „überrascht“. Die KHBG habe eine interne Revisionsprüfung veranlasst, auch eine externe Kanzlei sei mit Prüfungen beauftragt worden, so die Landesrätin.

Für Freitag wurde eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung einberufen, wie Fleisch mussten einige Mitglieder des elfköpfigen Gremiums dafür ihren Urlaub vorzeitig beenden. Rüscher leitet den Aufsichtsrat. FPÖ-Chef Christof Bitschi und der designierte SPÖ-Landesparteivorsitzende Mario Leiter forderten in Aussendungen umfassende Aufklärung. „Mit heutigem Stand liegt der Schluss nahe, dass das interne Kontrollsystem der KHBG völlig versagt hat. Das müssen uns der Geschäftsführer und die Landesregierung erklären“, so Bitschi.