Hilfseinsatz Vorarlberger
Mathis Fotografie
Mathis Fotografie
Chronik

Situation in Erdbebengebiet belastet Helfer

Das Vorarlberger Rettungsteam, das im Erdbebengebiet in der Türkei vier Menschen lebend aus den Trümmern befreien konnte, kehrt am Dienstag zurück. Die Situation vor Ort sei auch für die Helfer belastend: Temperaturen von minus zehn Grad und die schlaflosen Nächte seien aufreibend, sagt Marco Visintainer, Koordinator der SARUV-Einheit.

„Die kalten Temperaturen, die minus zehn Grad, die tragischen Bilder, wenig Schlaf – das ist schon sehr anspruchsvoll“, beschreibt Visintainer die Situation vor Ort. Doch bereits die Mobilisierung beziehungsweise die Anreise ins Krisengebiet und die Verabschiedung von der eigenen Familie stelle für die Helfer eine psychische Belastung dar.

„Und genau deshalb ist es umso schöner und wichtiger für das Mentale, dass vier Lebendrettungen durchgeführt werden konnten“, freut sich Visintainer. In den letzten Tagen sei der Rummel um das Rettungsteam groß gewesen: Man habe viele Meldungen per E-Mail und per Telefon erhalten. Aufgabe der SARUV-Home-Base sei nun, die Rückkehr der Helfer am Dienstag geordnet zur organisieren.

Helfer könnten selbst psychische Hilfe brauchen

Visintainer geht davon aus, dass die Helfer, die aus dem Erdbebengebiet zurückkehren, selbst auf Hilfe angewesen sein werden. „Die ersten paar Tage werden sie viel Anerkennung und Lob bekommen, aber nach vielen Tagen kann es gut sein, dass die Bilder nicht aus dem Kopf gehen und Träume anfangen“, sagt er. Dafür habe man in Zusammenarbeit mit dem Kriseninterventionsteam und dem ifs bereits einen Plan ausgearbeitet. Die Helfer können sich anonym melden und Hilfe in Anspruch nehmen, beschreibt Visintainer.

Experte Visintainer zu Bergungsarbeiten

Seit der Erdbebenkatastrophe in der türkisch-syrischen Grenzregion war die internationale Hilfbsereitschaft sehr groß. Bergretter Marco Visintainer ist zu Gast im Studio und spricht über die Arbeit einer „Search and Rescue Unit“ vor Ort.

Einsatzkräfte wissen Situation einzuschätzen

Bei den Helfern im Erdbebengebiet handle es sich vor allem um Kameraden der Feuerwehr Rankweil, die seit über 20 Jahren der Stützpunkt für Gebäudeeinstürze in Vorarlberg ist. Zur SARUV, der Search and Rescue Unit Vorarlberg, gehören außerdem Mitglieder des Roten Kreuz und der Bergrettung. „Über die Jahre sind einzelne Spezialkräfte aus mehreren Feuerwehren hinzugekommen“, beschreibt Visintainer die Helfergruppe.

Regelmäßige Übungen für den Ernstfall werden über die Europäische Union koordiniert. Daran könne man mit anderen Such- und Rettungsteams teilnehmen, erklärt der Koordinator. Zu den besonderen Stärken des Vorarlberger Teams zählen ihm zufolge Ausdauer und große Kraft, die über das Jahr hinweg über viele Einsätze aufgebaut werden. Die Einsatzkräfte würden wissen, wie sie mit der Situation umgehen müssen, betont Visintainer.

Türkische Bevölkerung schickt Hilfsgüter

Mehrere Lastwagen mit Hilfsgütern hat die türkische Bevölkerung in Vorarlberg bereits in die Erdbebengebiete geschickt. Koordiniert wird das über das Außenministerium in Ankara sowie das Konsulat und Vereine wie ATIB oder ATF im Land. Die Hilfsbereitschaft sei überwältigend.

Logistik für die Hilfstransporte hat sich eingespielt

Nach der Erdbebenkatastrophe stehen hunderttausende Menschen vor dem Nichts. Die türkische Gemeinschaft hat für obdachlose Menschen zur Sammlung von Hilfsgütern aufgerufen, praktisch rund um die Uhr werden Hilfsaktionen organisiert. „Die Katastrophe ist wirklich enorm groß, es sind Millionen von Menschen betroffen“, schildert Murat Durdu von „Heimat aller Kulturen“.

Durdu beschreibt, dass sich die Logistik für die Hilfstransporte mittlerweile eingespielt habe. In der Türkei übernehme die AFAT, eine staatliche Institution, die Organisation der Transporte. Man bringe die Hilfsgüter in die Zentrale der AFAT, die wiederum dafür sorge, dass die Güter dort ankommen, wo sie gebraucht werden. So habe man die Information bekommen, dass Decken dringend gebraucht würden.

Private Hilfe für abgelegene Erdbebengebiete

Nevin Nebat von den „frei-aleviten österreich“ beschreibt, dass es derzeit vor allem noch an Hygieneartikeln, Lebensmitteln und medizinischen Produkten – wie Verbandsmaterial, Stützen oder auch Rollstühlen – fehle. „Bekleidung haben wir schon so viel hinausgeschickt, da müssen wir einen Stopp machen“, sagt sie.

„Wir haben vor Ort unseren Kontakt, der die Genehmigung hat, als Privatorganisation die Güter zu spenden. Er verteilt die Spenden vor Ort“, beschreibt sie. Man konzentriere sich dabei vor allem auf abgelegene Gebiete, speziell auf Bergdörfer. In den ländlichen Erdbebengebieten benötige man derzeit vor allem Generatoren, denn die Stromversorgung sei zusammengebrochen.

Rotes Kreuz ruft zu Geldspenden auf

Nach der Erdbebenkatastrophe in der türkisch-syrischen Grenzregion ist die internationale Hilfbsereitschaft sehr groß. Das Rote kreuz ruft nun jedoch zu vermehrt Geld- statt Sachspenden auf, da vor Ort finanzielle Hilfe aktuell am wichtigsten ist.

Geldspenden als beste Hilfe für die Erdbebenopfer

Das Rote Kreuz sieht die Lieferung von Sachspenden kritischer: „Bei Sachspenden sind wir immer sehr vorsichtig, weil sie immer erst in das Gebiet transportiert werden müssen“, sagt Landesrettungskommandant Gerhard Kräutler. Als Internationales Rotes Kreuz arbeite man mit den nationalen Gesellschaften – in der Türkei und in Syrien – vor Ort zusammen, die melden würden, was dringend gebraucht werde. Diese Güter würde man dann vor Ort kaufen. Darum seien Geldspenden eine große Stütze.

Die von der Zentrale in Wien organsierten Hilfslieferungen würden schnell und garantiert bei den Opfern ankommen. In den Krisengebieten stelle derzeit die Hygiene ein großes Problem dar: Weder die Wasserversorgung noch die Wasserentsorgung würden funktionieren. „Das Oberflächenwasser wird verseucht, teils durch Leichen, die noch nicht geborgen sind“, beschreibt Kräutler. „Das bedeutet, dass das Trinkwasser kontaminiert ist und dass Krankheiten ausbrechen können“, warnt er.

Die Vorarlbergerinnen und Vorarlberger hätten sich bisher ungemein solidarisch gezeigt und bereits viel Geld gespendet, das auch in den Wiederaufbau der zerstörten Gebiete, der in den nächsten Jahren stattfinden werde, fließen wird. Man hoffe, dass die Solidarität weltweit weiterhin so groß bleibe, sagt Kräutler.

„Nachbar in Not“

Der ORF hat die Spendenaktion „Nachbar in Not“ gestartet. Die sinnvollste Hilfe für die betroffenen Menschen in der Türkei und in Syrien ist laut Hilfsorganisationen Geld zu spenden, da dadurch am besten in der betroffenen Region geholfen werden kann.