Die NEOS wollten in ihrer Anfrage unter anderem wissen, ob damals geprüft wurde, welche der angesichts des Kurz-Besuchs enger als mit einem Meter Abstand zusammenstehenden Personen im selben Haushalt wohnten bzw. warum die Versammlung nicht aufgelöst wurde. Die Antwort des Ministeriums: Es habe sich augenscheinlich um Familienverbände gehandelt.
Zudem sehe die Lockerungsverordnung vor, dass die Ein-Meter-Regel „nicht für Tätigkeiten im Wirkungsbereich der Organe der Gesetzgebung und Vollziehung“ gelte. Es habe am betreffenden Abend auch keine Anzeige wegen Verstößen gegen diese Verordnung bzw. gegen das Covid-19-Maßnahmengesetz gegeben.
„Der Gipfel des Eisbergs“
NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker – ein Vorarlberger – reagierte empört. „Hier zeigt sich wieder einmal das Politikverständnis der ÖVP: Alle Menschen sind gleich, aber manche sind gleicher. Der Kanzler und seine Leute dürfen alles, die Bevölkerung nicht“, meinte er gegenüber der APA in einer schriftlichen Stellungnahme. „Dass die eigenen Verordnungen von Bundeskanzler Kurz nicht eingehalten werden mussten, muss man sich erst auf der Zunge zergehen lassen. Das ist der Gipfel des Eisbergs.“
Causa Kleinwalsertal: Niemand wird bestraft
Als Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) Mitte Mai im Kleinwalsertal war, sprach die SPÖ von „Skandalbildern“, die FPÖ vom „Lebensgefährder Kurz“ und NEOS drohte mit einer Anzeige wegen der verletzten Abstandsregeln. Zwei Monate später stellt sich heraus, dass es – trotz Zehntausender CoV-Strafen im ganzen Land – im Kleinwalsertal für niemanden Konsequenzen gibt. Der Grund: Laut Polizei waren damals im Kanzler-Publikum lauter Familien.
Loacker für Generalamnestie
Loacker kritisierte die Coronavirus-Gesetze als überhastet und schlampig gemacht. „Während einzelne Personen im Park kontrolliert und, wie wir heute wissen, zu Unrecht bestraft wurden, fand man es nicht notwendig, eine Menschentraube im Kleinwalsertal aufzulösen oder zu überprüfen, in welchem Naheverhältnis die Personen zueinander standen. Hauptsache, der Kanzler kann bejubelt werden“, so der NEOS-Mandatar, der sich für eine Generalamnestie aussprach: „Auf die Gesundheit der Menschen, auf die Vorbildfunktion eines Kanzlers und eines Landeshauptmanns, aber auch auf die politische Verantwortung, wurde gepfiffen.“