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OeNB-Bericht zeigt Versäumnisse der Hypo im Detail

Ein Prüfbericht der Nationalbank (OeNB) zur Hypo Vorarlberg sorgt seit Tagen für Debatten. Er zeigt die Versäumnisse der Bank im Umgang mit den Signa-Krediten im Detail auf. Die Bankenaufsicht hatte unter anderem auf die hohen Personal- und Reisekosten der Signa Holding verwiesen. Bewertungen der Hypo waren zum Teil falsch oder fehlten gleich ganz.

Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) hat die Hpo Vorarlberg in den vergangenen Jahren zweimal geprüft. Bei einer Vor-Ort-Prüfung im Jahr 2022, deren zentrale Ergebnisse dem ORF Vorarlberg vorliegen, stellte sie mehrere Mängel fest, die unter anderem die Kredite an die Signa Holding und die Familie Benko Privatstiftung betrafen. Bei einer weiteren Prüfung 2023 waren diese Probleme noch nicht vollständig behoben.

Neben Fehlern bei der Bewertung der Sicherheiten hat die OeNB die Hypo schon 2022 auf Unregelmäßigkeiten bei der Signa aufmerksam gemacht. Die Holding sollte eigentlich nur die Beteiligungen an den Signa-Töchtern verwalten, hatte aber für die Bankprüfer der OeNB überraschend hohe Ausgaben. Als die Holding bei der Vorarlberger Hypo Schulden aufnahm, war das aber kein großes Thema.

Holding mit „beträchtlichen Kosten“

„Die für eine derartige Holdinggesellschaft unplausibel hohen Aufwände sind gemäß Kreditvertrag auf Mieten, Reisekosten, Provisionen und Aufwendungen für externe Berater sowie auf einen Mitarbeiterstab von 39 Arbeitnehmern zurückzuführen.“ Die Holding hatte unter anderem eine eigene Jagd im Burgenland gepachtet. Wie die Signa-Mutter zum Zeitpunkt des Kreditantrags an die Hypo Vorarlberg zu derart „beträchtlichen Kosten“ kam, „konnte seitens der HypoV nicht weiter erläutert werden“, heißt es im Bericht der Nationalbank.

Die Hypo-Vorstände hatten in einer Pressekonferenz am Dienstag zwar erklärt, dass alle Kredite besichert waren. Die Qualität dieser Sicherheiten machte die Nationalbank aber bereits 2022 stutzig. Die Schulden der Benko Privatstiftung waren mit 10 Prozent der Signa Holding besichert. Die Holding selbst hatte aber nur die Ausschüttungen der Töchter als Einnahmen. „Sicherheiten, welche materiell berücksichtigt werden können, bestehen weder für die Finanzierungen der Privatstiftung noch für jene der Beteiligungsholding“, heißt es im Prüfbericht.

Rene Benko
HELMUT FOHRINGER / APA / picturedesk.com
Ex-Investor Rene Benko hat mittlerweile Privatinsolvenz beantragt.

Abschlüsse mit „geringem Informationsgehalt“

Die OeNB kritisierte auch die mangelhafte Risikobewertung durch die Hypo. Es wurde aus Sicht der Nationalbank nicht ausreichend geprüft, ob die Bank ihre Kredite an das Benko-Imperium auch zurückbekommen würde. Für solche Prüfungen werden normalerweise die Bilanzen von Unternehmen unter die Lupe genommen. Die Signa Holding habe zwar keine Konzernbilanz erstellt, die Hypo hätte dem Bericht nach ihre Kreditwürdigkeit aber auf andere Art prüfen müssen.

Dazu wäre laut OeNB eine Bewertung der Wirtschaftlichkeit der Signa-Beteiligungen nötig gewesen. In einem Kreditantrag der Hypo Vorarlberg zur Verlängerung eines Signa-Darlehens „fehlte aber auch eine wirtschaftliche Beurteilung sämtlicher wesentlicher Tochterunternehmen“ der Signa, heißt es im Prüfbericht kritisch. „Zur Beurteilung der wirtschaftlichen Situation der Privatstiftung und der Beteiligungsholding standen lediglich Einzelabschlüsse mit geringem Informationsgehalt zur Verfügung.“

Außenansicht der österreichische Nationalba
APA/Hans Punz
Von der Oesterreichischen Nationalbank gab es deutliche Kritik an den Signa-Krediten der Hypo Vorarlberg.

Baustellen wie fertige Gebäude bewertet

Nach den eigenen Richtlinien der Hypo hätten für Kunden mit der Bonität der Signa eigentlich nur unbesicherte Blankokredite in einer Gesamthöhe von 30 Millionen Euro vergeben werden dürfen. Zwischenzeitlich lagen diese Schulden aber bei insgesamt 76 Millionen Euro. Argumentiert wurde das bankintern damit, dass man das Limit ja nur kurz überschreite. Gleichzeitig wurde aufgrund der „sehr komplexen Gesellschaftsstruktur“ der Signa zur Vorsicht gemahnt.

Die Hypo vergab aber nicht nur Kredite an die Signa Holding und die Privatstiftung, sondern beteiligte sich auch an Krediten verschiedener anderer Banken an Immobilienprojekten. Diese wurden mit den Immobilien selbst besichert. Aber auch hier war nicht alles in Ordnung: Die OeNB ging in ihrem Bericht davon aus, dass die Risikobewertung der Hypo Vorarlberg zu verschiedenen Immobilienprojekten falsch war.

So beteiligte sich die Landesbank an einem Kredit für ein Projekt am Berliner Kurfürstendamm. Die Werthaltigkeit von deutschen Immobilien wurde aber bei der Hypo nicht laufend überprüft, und das obwohl das EU-Recht das vorschreiben würde. Es bestehe daher der Verdacht, dass es in diesem Zusammenhang zu einem Rechtsbruch durch die Hypo Vorarlberg gekommen sei, so der Bericht unter Verweis auf die betreffende EU-Verordnung.

Bewertung „nicht umsichtig“

Die Bewertung von Immobiliensicherheiten sei von der Hypo in mehreren Punkten „nicht umsichtig durchgeführt“ worden, kritisierte die Bankenaufsicht der Nationalbank weiter. In einigen Fällen wurde einfach so getan, als wären im Bau befindliche Projekte bereits fertig und die Sicherheit entsprechend hoch bemessen. Die Bank hätte solche „zukünftigen Immobilienwerte“ aber nicht einfach als volle Sicherheiten in die Bilanz nehmen dürfen.

Außerdem habe die Hypo nicht bedacht, wie sich die wirtschaftliche Lage der Signa unter den ungünstigen Bedingungen entwickeln könnte, die dann später auch tatsächlich eingetreten sind. Die laut Notenbank eher spärlich informativen Abschlüsse aus dem Signa-Imperium gaben zumindest den Verantwortlichen der Notenbank wohl spätestens 2020 zu Denken.

Immobilienprojekte wurden aufgewertet

Im Bericht heißt es: „Die positiven Ergebnisse resultierten vorrangig aus Aufwertungen der Immobilienprojekte.“ Der Buchwert von Gebäuden und Grundstücken wurde also erhöht, was einen Verlust verhinderte. Ein externes Gutachten zur Beurteilung des Immobilienvermögens und damit der Sicherheiten fiel sehr wohlwollend aus. Darin wurden „besondere Annahmen“ getätigt. So wurde unter anderem von der Erteilung von Baugenehmigungen und einer günstigen Entwicklung der Mieten ausgegangen.

Unterschiedliche Kunden, aber gemeinsames Risiko

Ein Grundproblem der Hypo-Kredite sah die OeNB darin, dass die Bank das Benko-Signa-Risiko ursprünglich nicht ganzheitlich bewertet hatte. Bei der Privatstiftung und der Signa Holding handelte es sich zwar um unterschiedliche Kunden, von ihnen ging aber ein gemeinsames Risiko für die Bank aus. Die wirtschaftlichen Abhängigkeiten würden es „wahrscheinlich erscheinen lassen, dass bei finanziellen Schwierigkeiten der Immobilienholding auch Finanzierungs- und Rückzahlungsschwierigkeiten der Beteiligungsholding auftreten“, erklärte die Nationalbank 2022 beinahe prophetisch. Als die Signa schließlich pleite ging, rächten sich die laut OeNB „unzureichenden Bonitätsanalysen“ der Hypo.

Hypo kündigt Vorstandsgespräche an

Die Hypo Vorarlberg kündigte am Freitag an, dass nächste Woche der Aufsichtsrat tagt, um mit dem Vorstand die Themen rund um die Finanzierungen der SIGNA Gruppe zu diskutieren. Außerdem soll es am Mittwoch einen Folgetermin des Vorstands mit den Klubobleuten der Landtagsparteien geben, um die Ausführungen aus dem ersten Termin – im Rahmen der teilweisen Befreiung vom Bankgeheimnis – zu vertiefen.

Zudem hält die Hypo in Bezug auf die berichtete OeNB Prüfung in 2021/22 erneut fest: „In dieser Prüfung sind, wie bereits bekannt, mehrere Feststellungen erfolgt, deren Abarbeitung nach einem klaren Maßnahmenplan Ende 2023 abgeschlossen wurde. Alle Maßnahmen aus dem Bericht 2021/22 wurden vollständig umgesetzt. Der Vorstand weist darauf hin, dass Prüfungen immer Feststellungen und Verbesserungsvorschläge beinhalten können.“