Armin Fidler am 29.07.2021 im ORF Interview
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Coronavirus

Fidler: Öffnungen sind Kompromisse

Trotz der österreichweit höchsten Quote an CoV-Neuinfektionen und hoher Intensivstation-Belegung sperrt Vorarlberg am Sonntag nach dem Lockdown wieder auf – begleitet von zahlreichen Regeln. Laut dem Covid19-Berater der Landesregierung, Armin Fidler, sind das faule Kompromisse, aber Besseres könne man derzeit nicht tun.

Meiste Infektionen im Privatbereich

Obwohl die meisten Infektionen mit über 70 Prozent im privaten Bereich passieren, zielen die Begleitmaßnahmen zur Öffnung mit Maskenpflicht, 2-G-Regel und Sperrstunde auf das öffentliche Leben. Fidler sieht darin die Krux des Ganzen, dass man verschiedene Prinzipien abwägen müsse.

Nicht viele Möglichkeiten

„Wenn das Ziel ist, unter allen Umständen die Fallzahlen hinunter zu kriegen, dann gibt es praktisch keine andere Möglichkeit: Auf der einen Seite massive Kontaktbeschränkungen und auf der anderen Seite höchste Impfquoten“, sagt Fidler. „Aber das sind wirklich unsere einzigen zwei Pfeile im Köcher, die wir verwenden können.“

Aber neben den Infektionszahlen gibt es natürlich noch andere Ziele, so der Gesundheitsexperte: "Wir können nicht permanent die Wirtschaft niederfahren. Irgendjemand muss das ja auch finanzieren. Ein Lockdown kostet uns eine Milliarde pro Woche, habe ich mir sagen lassen. Dieses Geld fehlt uns dann anderswo, unter anderem auch für die Gesundheit.

„Faule Kompromisse“

Man müsse also verschiedene Ziele gleichzeitig in Betracht ziehen, so Fidler: „Das ist alles ein Kompromiss. Darum ist es falsch zu argumentieren: Genügt das, was wir tun? Ist das die optimale Strategie, um möglichst niedrige Infektionen zu haben? Ist es nicht! Dann müsste man viel, viel restriktiver sein“, so der Covid-19-Berater der Landesregierung.

„Und so versucht man es halt mit sozusagen faulen Kompromissen – das ist uns allen bewusst, dass es faule Kompromisse sind“, so Fidler. „Das hilft nicht allen, das schädigt auf der einen Seite trotzdem noch die Wirtschaft, es schädigt sicherlich unser Sozialleben, es greift massiv in unsere Persönlichkeitsrechte ein und trotzdem ist es nicht perfekt.“

Angespannt wegen Omikron-Variante

Die Omikron-Variante sei dabei die große Unbekannte, sagt Fidler: „Da gibt es viele Fragezeichen. Wir sind alle ein bisschen angespannt wegen der Omikron-Variante, die hat eine doppelt so hohe Reproduktionszahl. Das hieße, wir brauchen in der Bevölkerung eine Immunität von Unterkante 93 Prozent, wenn ich mir das ausrechne. Mit dieser erhöhten Infektiosität bedeutet das natürlich mehr Infektionen und natürlich mehr Druck auf die Krankenhäuser und Intensivstationen." Sollte sich die viel ansteckendere Omikron-Variante ausbreiten, müsste man alles neu überdenken, sagt Armin Fidler – dann nämlich würden Infektionen und Spitalseinweisungen wieder rapide zunehmen.