Ein männlicher Kopf aus drei Perspektiven – Psychologie – Psyche – Gesundheit
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Dragoljub Nikolovski
Gesundheit

Stress: Gaspedal und Bremse für den Körper

Stress ist eine körperliche und psychische Reaktion des Menschen auf eine Situation, von der er meint, sie nicht bewältigen zu können. Wie Stress bewältigt und sogar verhindert werden kann, erklärt Gesundheitscoach David Reif.

Stress entsteht meist durch zu große Anforderungen in Beruf, Familie und überhöhte Ansprüche an sich selbst. Gelegentlicher Stress ist normal. Eine dauerhafte Überbelastung mindert aber die Lebensqualität und kann sogar krank machen.

David Reif, Dipl. psych. GuKP, Gesundheitstipps ORF Radio Vorarlberg
David Reif
David Reif ist Dipl. psych. GuKP und Coach

Warum macht Stress krank?

Die moderne, digitalisierte und sehr nervöse Welt lässt ein Leben ohne Stress nicht mehr zu. Der tägliche, nie abreißende Strom von Informationen und Reizen spielt hierbei die größte Rolle. Allein dadurch werden die innere Ruhe und Ausgeglichenheit schon empfindlich gestört. Stetig steigende Anforderungen im Beruf, Termindruck sowie Konflikte in der Familie und am Arbeitsplatz kommen noch hinzu. „Bleibt der Stress dauerhaft bestehen, können Körper und Geist schnell in Nachteil geraten und der Alltag wird zur Belastung“, warnt Gesundheitsexperte David Reif.

Stress ist gegenwärtig ein harmloser, aber lebensnotwendiger Mechanismus, den das Gehirn auslöst und der den Körper für eine Bedrohung bewaffnet. In kürzester Zeit lässt er im Blut Stresshormone wie Cortisol und Adrenalin ansteigen. Sinne werden geschärft, und Höchstleistungen sind möglich. Sobald die Situation vorbei ist, lassen Anspannung und Aufregung nach. In dieser kurzanhaltenden Phase kann Stress sogar als stärkend empfunden werden. Daher ist hierbei oft von Eustress, dem positiven Stress, die Rede. Ohne diesen Stress gibt es keine psychische und physische Entwicklung, kein Lernen.

Stress über einen längeren Zeitraum tut aber nicht gut. Bei Dauerstress bleibt der Körper in Alarmbereitschaft. Die Folge sind stressbedingte Hormone im Blut, und der Blutdruck bleibt hoch, kein gesundes Niveau ist mehr erfüllbar. Es ist dann vom sogenannten Distress, dem negativen Stress, die Rede.

Sendungshinweis

„Reif fürs Leben“ – ORF Radio Vorarlberg am Vormittag, 05. Oktober 2023, 09.00 bis 12.00 Uhr

Betroffene erkennen den Zusammenhang zwischen ihrer physischen und psychischen Verfassung und ihrer Dauerüberlastung nicht. „Magen-Darm-Beschwerden führen sie darauf zurück, dass sie etwas Schlechtes gegessen haben, und ihre leichte Reizbarkeit wird mit dem vermeintlichen Fehlverhalten anderer zugeschrieben“, berichtet David Reif aus seinem Alltag als Coach. Ein Umdenken setze erst ein, wenn der Stresspegel zu starken Einbußen führt, Dauerkrankheiten kein Ende mehr finden oder die Antriebslosigkeit einen nicht mehr aus dem Bett aufstehen lässt (Morgenpessimum). Werden nicht frühzeitig Gegenmaßnahmen zum Stressabbau ergriffen, kann das ernsthafte Erkrankungen zur Folge haben.

Der Stress und seine Folgen

  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen
    Die erhöhte Konzentration an Stresshormonen beschleunigt den Herzschlag und lässt den Blutdruck steigen. Ist die Konzentration von Stresshormonen im Körper häufig und längere Zeit erhöht, kann dies zu Blutdruckerhöhung führen, welche wiederum das Risiko, einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall zu erleiden erhöht.
  • Diabetes
    Dem Körper steht bei Stress viel Energie in Form von Zucker zur Verfügung. Dadurch kann er schnell reagieren. Durch das Hormon Insulin gelangt der Zucker aus dem Blut in die Körperzellen und der Blutzuckerspiegel sinkt. Cortisol (oberstes Stresshormon) beeinträchtigt jedoch die Wirkung von Insulin – der Zuckertransport in den Körper ist gehemmt. Die Bauchspeicheldrüse (Pankreas) reagiert und dadurch kommt es zu einer vermehrten Insulin-Ausschüttung. Dadurch steigt das Risiko, an Diabetes mellitus Typ 2 zu erkranken.
  • Hautausschläge
    Die Haut, auch Spiegel der Seele genannt, wird maßgeblich durch die Psyche beeinflusst. Es ist noch nicht eindeutig geklärt, ob Hautkrankheiten psychische Ursachen haben können. Jedoch weiß man, dass ein Hautausschlag durch Stress ausgelöst und zusätzlich verstärkt werden kann. Anders gesagt verstärkt er die Entzündungen im Körper und somit auch entzündliche Hauterkrankungen wie Psoriasis und Neurodermitis.
Eine operierte Frau blickt in den Spiegel
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Unsere Haut wird auch als Spiegel der Seele bezeichnet
  • Erhöhte Leberwerte
    Auch die Leber reagiert sensibel auf Stress. Ist Cortisol dauerhaft erhöht, wird mehr Fett in die Leber eingelagert – langfristig fördert Stress somit die Entwicklung einer Fettleber. Grund: gestörte Stoffwechselprozesse und eine Drosselung des Fettabbaus. Erhöhte Leberwerte durch Stress können also auf diese Entwicklung hindeuten.
  • Magen-Darm-Erkrankungen
    Magen und Darm reagieren empfindlich auf Dauerstress. Durch das erhöhte Cortisol kann es mit der Zeit zu Sodbrennen, Durchfall, Verstopfung, Entzündungen und sogar Magengeschwüren kommen.
  • Burnout oder Depression
    Anhaltender Stress kann von chronischer Erschöpfung bis hin zum Burn-out-Syndrom, führen. Das Burn-out steht oft am Ende einer Spirale aus jahrelanger Überforderung und Stress. Unser Körper spricht mit und uns, und weist uns durch Alarmsignale auf etwas hin. Leider haben wir schon lange gelernt solche Alarmsignale gekonnt zu ignorieren. Eindeutige Merkmale sind: ständige Müdigkeit, Schlafstörungen (Ein,- und Durchschlaf STRG.) Reizbarkeit, Ängste und sozialer Rückzug.
Frau hält sich Hände vor das Gesicht – Gesundheit – Mobbing – Psyche
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Stress verstärkt die Symptome mehrerer Krankheitsbilder

Stress bewältigen: So könnte es funktionieren

Bei einer Angststörung kann starker Stress die Angstsymptomatik verstärken. Chronischer Stress ist ein Risikofaktor für die Entwicklung von verschiedenen psychischen Erkrankungen, wie depressive Episoden, Angst- oder Essstörungen. Allen voran stehen Depressionen und Angststörungen. „Die Anzeichen dafür unterscheiden sich bezeichnenderweise nicht wesentlich von den typischen Stress-Symptomen: Niedergeschlagenheit, innere Unruhe, Erschöpfung und Schlafstörungen“, sagt Gesundheitscoach David Reif, der auch als psychiatrischer Krankenpfleger gearbeitet hat. Stress könne somit das Tor für Depressionen sein. Damit es aber erst gar nicht dazu kommt, ist gutes Stressmanagement gefragt.

Methoden zum Stressabbau

  • Achtsam leben
    Aufmerksamkeit und Wahrnehmung werden für den Augenblick geschärft. Das zentrale Ziel ist, dass du achtsamer gegenüber dir selbst und deiner Umwelt wirst. So kannst du dir deiner Reaktionsmuster in schwierigen Situationen bewusstwerden und Stress mit einer neuen Gelassenheit begegnen. Ebenso lernst du, mit belastenden Gedanken und Gefühlen entspannter umzugehen.
  • Yoga
    Bei den Körperübungen geht es um Selbstbeherrschung und Gelassenheit.
  • Hände unter warmes Wasser halten
    Es beruhigt das parasympathische Nervensystem sofort. Der Parasympathikus wird auch als der Ruhe-Nerv bezeichnet, weil er uns hilft, aus einer Stresssituation heraus und zurück in die Entspannung zu finden.
  • Digitale Auszeit nehmen
    Social Media, Anrufe, E-Mails: Ständige Erreichbarkeit ist ein absoluter Entspannungs-Killer. Um durchzuatmen und Stress abzubauen, kann es daher helfen, das Handy öfter mal in der Tasche zu lassen – oder gleich ganz auszumachen.
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Dragoljub Nikolovski
Eine gute Übung gegen Stress ist eine Auszeit in der freien Natur, um tief durchzuatmen.
  • Powernapping
    In einer Studie mit elf Männern im Alter von 25 bis 32 Jahren konnten die Forscher nachweisen, dass Powernapping die Stresshormonwerte senkt – und auch dem Immunsystem hilft dieser einfache Tipp.
  • Atmen und Körper entspannen
    4-7-8 ist eine Technik, mit der jeder Mensch gezielt Stress abbauen kannst. Und so geht’s: Leg deine Zungenspitze hinter deine oberen Schneidezähne – hier soll sie die gesamte Übungsdauer bleiben. Atme mit einem Seufzer durch den Mund komplett aus. Schließe deinen Mund und atme leise durch die Nase ein – zähle dabei bis vier. Halte deinen Atem an und zähle bis sieben. Atme jetzt wieder komplett durch den Mund aus, seufze dabei und zähle bis acht. Wiederhole den Kreislauf dreimal. Übe, wenn du gut drauf bist und der Stress dich nicht im Griff hat. Dann kannst du die Methode anwenden, wenn du gestresst bist. Das funktioniert wie ein Anker, den du wirfst, um zur Ruhe zu kommen.
  • Summen
    Das Summen wird gern mit einer entspannten Lebenseinstellung und einem gemächlichen Tempo in Verbindung gebracht. Da ist was dran, und wenn du in einer kritischen Situation summst, wirst du merken, dass du innerlich ruhiger wirst. Durch die Vibration der Stimmbänder, wirkt es besänftigend, wie eine innere Massage und senkt den Blutdruck.
  • Lächeln
    Großartige Erlebnisse oder Erfolge zaubern Menschen sofort ein Lächeln ins Gesicht. Glückshormone werden ausgeschüttet, wir sind happy. Wenn du 60 Sekunden am Stück bewusst lächelst, drücken die „Lächeln-Muskeln“ auf den Nerv, der an dein Hirn funkt: Gute Laune! Dein limbisches System reagiert entzückt, Cortisol wird abgebaut.
  • Positiv denken hilft Körper und Geist
    Negative Gedanken sind ein verbreitetes Hindernis beim Abbau von Stress. Je öfter wir uns einreden, dass wir etwas nicht können, je eher verfestigt sich diese Annahme. Formuliere ein positives Bild: „Ich mache einen guten Job (auch wenn mir mal Fehler unterlaufen)“, oder: „Den Berg schaffe ich, egal in welcher Zeit“. Das braucht Geduld. So, wie du dir über Jahre Defizite eingeredet hast, drehst du einfach den Spieß um.
  • Entspannungstechniken
    PMR (Progressive Muskelentspannung) oder Autogenes Training, Meditationen etc. bieten sich hier an. Das Internet bietet eine Fülle an Möglichkeiten. Probiere sie mal aus, oder belege einen Kurs, wo dir gezeigt wird, wie man am besten startet."