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BARBARA GINDL / APA
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Ratgeber Gesundheit

Guter Zucker, böser Zucker

Zucker hat viele negative Auswirkungen auf den Körper. Er macht schlaff, antriebslos, müde, depressiv und krank. Allerdings ist Zucker auch sehr wichtig für den menschlichen Organismus. Gesundheitscoach David Reif erklärt, was Zucker im Körper macht.

"Wichtiger als gesund oder ungesund ist die Tatsache, dass Zucker nicht gleich Zucker ist. Haushaltszucker (Industriezucker) ist minderwertig, während natürlicher Zucker, wie er in Früchten, Gemüse oder vollwertigen Lebensmitteln vorkommt, wichtig und gesund ist.

David Reif, Dipl. psych. GuKP, Gesundheitstipps ORF Radio Vorarlberg
David Reif
David Reif ist Dipl. psych. GuKP und Coach

Was macht Zucker in unserem Organismus?

Natürlicher Zucker am Beispiel von Kirschen: Vom Mund in den Magen, dann in den Dünndarm. Hier geht es um die Resorption der Zuckermoleküle (Glucose und Fructose). Heißt: diese passieren die Darmschleimhaut und gelangen so ins Blut.

Der Blutzuckerspiegel befand sich vorher auf seinem Grundwert von etwa 80-100 mg pro 100 ml Blut: Langsam (ca. 2 Stunden) steigt er auf etwa 120-150 mg an. Gleichzeitig produziert die Bauchspeicheldrüse (Pankreas) das Hormon Insulin. Das Insulin soll den Blutzuckerspiegel wieder senken. So, dass er sich beim ursprünglichen Grundwert von 80-100 mg einpendelt.

Das Peptidhormon Insulin reguliert die Aufnahme von Glucose in Körperzellen. Es wirkt blutzuckersenkend, spielt eine wesentliche Rolle bei der Entstehung und Therapie von Diabetes mellitus. Insulin ist der natürliche Gegenspieler des Hormons Glukagon.

Ein Kirschbaum mit Kirschen.
Landwirtschaftskammer Vorarlberg
Kirschen enthalten natürlichen Fruchtzucker und sind wie alles andere Obst und Gemüse gesund

Insulin transportiert den Zucker also zu den verschiedensten Organ-, Muskel-, und Nervenzellen, die daraus Energie gewinnen. Also Zucker verbrennen, um die täglichen Aufgaben bestmöglich erfüllen zu können.

Diese Art von Glucose, die in Früchten oder anderen vollwertigen Lebensmitteln steckt, trifft nie pur im Körper ein; auch nicht in übermäßig hohen Mengen. Vitamine, Ballaststoffe und lebenswichtige Mineralien sind die steten Begleiter. Diese Begleitstoffe wirken wie Bremsvorrichtungen an der Glucose. Diese sorgen dafür, dass die Zuckermoleküle nicht drängeln und schön langsam der Reihe nach ins Blut übergehen.

Sendungshinweis

„Reif fürs Leben“ – ORF Radio Vorarlberg am Vormittag, 14. September 2023, 09.00 bis 12.00 Uhr

Der gute Zucker

Natürliche Glucose kann man sich in etwa wie massives Buchenholz in handlichen Scheiten vorstellen. Ein gleichmäßig und lang brennendes Feuer entsteht. Wenn alle „Organfeuer“ knisternd im Blut zugange sind, dann bleiben immer noch Glucose-Teilchen übrig, welche vorerst vom Insulin, für Notfälle, zur Leber gebracht werden.

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HELMUT FOHRINGER / APA
Blutzucker-Messen wird immer mehr zum „Volkssport“

Wie viel Zucker ist noch gut für uns? Ein hoher Zuckerkonsum steht in Verbindung mit Adipositas (umgangssprachlich als Fettleibigkeit bekannt), Diabetes mellitus Typ 2 und zahlreichen weiteren Erkrankungen. Daher die Empfehlung: Nicht mehr als zehn Prozent der Energiezufuhr als „freie“ Zucker zu sich nehmen. Damit ist zugesetzter Zucker, der zum Beispiel in Gebäck, Süßigkeiten, Limonaden oder anderen Säften vorkommt, gemeint.

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EdnaM Getty Images/iStockphoto
Die Nährstoffkennzeichnung ist wichtig, um gesunde von ungesunden Produkten zu unterscheiden

Der Zucker, der natürlicherweise in Obst, Gemüse oder puren Milchprodukten enthalten ist, spielt keine Rolle. Denn diese Lebensmittel sind sehr nährstoffreich, enthalten wichtige Vitamine und Mineralstoffe. Daher gelten beispielsweise zwei Portionen Obst pro Tag als wichtiger Teil einer ausgewogenen Ernährung. In die Organzellen dürfen nur diejenigen Stoffe rein, die von den beiden Mineralstoffen Magnesium und Calcium kontrolliert wurden. Calcium hat die Funktion, Gift- und Schadstoffe abzuwimmeln. Ist zu wenig Magnesium vorhanden, kann der Stoffwechsel nicht einwandfrei funktionieren.

Die Österreichische Ernährungspyramide
Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
Die Österreichische Ernährungspyramide: Viel Obst und Gemüse, sparsam mit Torten, Eis und Pommes

Industriell hergestellter Zucker

Der industriell hergestellte Zucker ist meist in deutlich höheren Mengen in Süßigkeiten, Mehlprodukten, Energydrinks und ähnlichen Produkten als in vollwertigen Lebensmitteln enthalten. Leider befinden sich in Süßigkeiten, gesüßten Getränken oder dem schnellen Snack kaum hilfreiche Begleitstoffe, die den Zucker bremsen können. Die Folge daraus heißt „Zuckerschock“. Der Blutzuckerspiegel erreicht rasch einen kurzzeitigen Spitzenwert von 150-180 mg, was im Anschluss eine sehr hohe Insulinausschüttung zur Folge hat.

Das sind keine Nebensächlichkeiten für den Körper, die da im Blut eintreffen, das sind staubtrockene Grashalme, die zunderartig brennen – und sie treffen in riesigen, unkontrollierbaren Mengen ein, die so in der Natur nicht vorkommen. Mit diesen Grashalmen ist aber kein dauerhaftes, gemütliches und Wärme spendendes Feuer möglich. In Sekundenschnelle lodert ein funkensprühendes Strohfeuer auf, und genauso schnell ist es auch wieder erloschen.

Übrig bleibt statt einer wärmenden Glut und friedlich arbeitender Organe nichts als ein Häufchen Asche, irritierte Eingeweide und ein erschöpft am Boden liegender Blutzuckerspiegel. Für solche Sonderfälle ist Glukagon einfach zu langsam und die Hilfe der Nebennierenrinde wird benötigt. Hier wird das Hormon Adrenalin produziert. Bekannt dafür, den Körper zu unglaublichen Leistungen anzuspornen. In Höchstgeschwindigkeit wird unter seinem Einfluss Glucose freigesetzt – und wenn es sein muss, wird Adrenalin auch aus der Leber noch den allerletzten Rest an Glucose quetschen.

Zucker als unterschätztes Gift

Wie geht es im Industriezuckerkreislauf weiter? Das im Übermaß erscheinende Insulin hat ganze Arbeit geleistet, das Blut ist annähernd zuckerfrei, in den Organen und Zellen knattern die Funken eines sprühenden Strohfeuers. Der Mensch fühlt sich aufgeputscht. Das ist der „Zuckerschub“.

Rasch sind die Feuer erloschen und der ursprüngliche Blutzuckerspitzenwert ist rasant in die Tiefe gestürzt, am Grundwert vorbei – und er erreicht nach dem Höchststand (ca. 1-5 Stunden) ein Tief von ca. 50 mg.

Der Mangel an Mineralien, wie Calcium, Magnesium, an Spurenelementen sowie an Vitaminen des B-Komplexes verursacht, dass im Organismus reibungslose Abläufe nur noch selten vorkommen. Der sogenannte Haushaltzucker ist somit ein unterschätztes Gift."