Das moderne Rauch-Werk in Nüziders deckt einen Teil seiner Energie mit eigenem Biogas und eigener Solaranlage.
Rauch Fruchtsäfte
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Wirtschaft

Rauch nutzte fremde Firma als Deckmantel für Grundstückskauf

Der Fruchtsaftkonzern Rauch wollte sich mit einem Hypo-Kredit Flächen in einem Vorarlberger Gewerbegebiet sichern. Um den Kaufpreis niedrig zu halten, erfolgte der Erwerb zunächst durch ein fremdes Unternehmen. Ein Grundstücksdeal wurde so bereits abgeschlossen.

Baugrundstücke sind in Vorarlberg Mangelware. Das gilt nicht nur für Wohngebiete, sondern auch für Gewerbeflächen. Entsprechend hohe Preise müssen oft bezahlt werden, entsprechend begehrt sind gute Lagen. Wie eine gemeinsame Recherche des ORF Vorarlberg und der Vorarlberger Nachrichten ergeben hat, wollte der Rauch-Konzern mithilfe eines Deckmantels mehrere Grundstücke in Nüziders kaufen.

Dadurch erhofft man sich günstigere Konditionen: „Die Konstruktion wurde gewählt, da Rauch durch einen direkten Erwerb einer Betriebsliegenschaft in einem Gewerbegebiet starke Preisanstiege für die in Vorarlberg inzwischen äußerst knappen und sehr begehrten Gewerbegrundstücke befürchtet“, heißt es im Kreditantrag. Unterstützt wurde der Fruchtsafthersteller dabei von einer Projektentwicklungsgesellschaft der Tomaselli-Gabriel Privatstiftung. Der Kredit für den Kauf kam von der Hypo Vorarlberg, wie Unterlagen aus dem COFAG-Untersuchungsausschuss des Nationalrates zeigen.

Komplexe Konstruktion zwischen zwei Familienstiftungen

Wie berichtet, hat die Rauch Privatstiftung einen Kredit bei der Hypo Vorarlberg um etwa 30 Millionen Euro aufgenommen. Nun liegt auch der Kreditantrag vor, der zeigt, wofür die Schulden aufgenommen wurden. Neben der Stiftung fungierten noch vier Unternehmen der Rauch-Gruppe als Antragsteller für den Kredit. Der Vorgang erregte aber aus einem anderen Grund die Aufmerksamkeit der Bankenaufsicht. Ihr fiel im Rahmen einer Prüfung eine weitere Gesellschaft auf, an die das Geld aus dem Hypo-Kredit fließen sollte.

Die K8 Projektbeteiligungs GmbH ist die einzige der sechs Kreditantragstellerinnen, die nicht im Eigentum der Familie Rauch steht. Sie gehört der Tomaselli-Gabriel Privatstiftung, die hinter dem gleichnamigen Bauunternehmen steht. Diese K8 kaufte 2020 mit 2,15 Millionen Euro aus dem Kredit ein 4.440 Quadratmeter großes Grundstück in Nüziders. Dort steht derzeit noch ein anderes Unternehmen. Laut Kaufvertrag ist ein Abriss geplant. Gleich nebenan liegt ein Rauch-Werk. Eine Erweiterung dieses Abfüllstandortes in die andere Richtung – nach Ludesch – ist 2022 gescheitert. Dass Rauch schon zuvor über die K8 seine Hand auf ein vorhandenes Betriebsgrundstück gelegt hat, wird in der Diskussion um die Umwidmung in Ludesch nicht laut.

Deckmantel für Grundstückskauf

Die Bankenaufsicht störte sich daran, dass die Kreditwürdigkeit der K8 nicht ausreichend geprüft wurde. Man hätte nicht einfach das Rating für Rauch auf sie „durchschreiben“ dürfen, heißt es. Es ist einer der kleineren Kritikpunkte im Hypo-Bericht der Notenbank. Der Ankauf von Grundstücken über Projektgesellschaften ist auch nicht verboten. Die K8 wurde laut einer Stellungnahme von Tomaselli-Gabriel Bau auch genau dafür geschaffen.

In den Bankunterlagen heißt es: „Die Firmengruppe Rauch hat die GmbH Anfang 2020 für den Ankauf einer Betriebsliegenschaft in Nüziders, Illweg 14 verwendet.“ Sie sei ein „Vehikel“ sowie „ein GmbH-Mantel ohne operative Geschäftstätigkeit“. Die K8 gehöre zwar der Tomaselli-Gabriel Privatstiftung, dort sitze aber ein Anwalt im Vorstand, der auch „für die Familie Rauch tätig ist“. So sei der Einfluss der Firmengruppe Rauch auf die K8 gewährleistet.

Damit argumentiert man bei der Hypo das gute Rating der K8 – und damit auch, warum man den Kredit über knapp 30 Millionen Euro blanko, also ohne Sicherheit vergibt. Es ist ein wirtschaftlicher Spagat: Einerseits soll die K8 beim Hypo-Kredit von der Bonität des Rauch-Konzerns profitieren. Andererseits soll nicht bekannt werden, dass Rauch hinter der K8 steht, damit die Grundstückspreise nicht steigen. Es geht nämlich nicht nur um eine Liegenschaft. Die Konstruktion wählte man laut Kreditantrag „auch vor dem Hintergrund, da Rauch in diesem Gewerbegebiet an einem Erwerb weiterer benachbarter Liegenschaften zur Arrondierung und Entwicklung eines neuen Standortes interessiert ist.“

Kauf „strategischer Grundstücke“

Bei Tomaselli Gabriel Bau spricht man von branchenüblichen Vorgängen: „Dies hat nichts mit verdeckten Grundgeschäften’ zu tun“, heißt es in einer Stellungnahme des Unternehmens. Man erwerbe immer wieder „strategische Grundstücke“, die man dann mit Partnern entwickle. „Es entspricht gängiger Praxis, dass bei Umsetzung eines Projektes die Projektgesellschaft, und damit deren Liegenschaft, an den Partner/Investor übertragen wird. Aufgrund der räumlichen Nähe der erworbenen Liegenschaft zu den Betriebsgrundstücken der Firma Rauch war es naheliegend, diese als möglichen Projektpartner anzusprechen.“

Laut Tomaselli-Gabriel habe Rauch am Grundstück „grundsätzlich Interesse bekundet“. Erste Projektüberlegungen seien gerade in Evaluierung. Tomaselli-Gabriel Bau hat aber nicht nur für Rauch das Grundstück gekauft, ihr gehört auch ein Minderheitsanteil an jenem Unternehmen, dem das Grundstück zuvor gehört hat. Offen bleibt, welche weiteren Grundstücke angekauft werden sollten und welche Eigentümer nicht wissen sollten, dass der Rauch-Konzern hinter dem Ankauf steht.

Hängender Stein Nüziders Klettergarten
Alpenregion Vorarlberg
In Ludesch wurde 2022 eine Betriebserweiterung abgelehnt. Bereits 2020 hat sich Rauch über Tomaselli-Gabriel ein Grundstück in Nüziders gesichert.

Die Rauch Fruchtsäfte GmbH übernahm laut Bankunterlagen die Bürgschaft für den Kredit, den die Tomaselli-Gabriel-Tochter K8 für den Grundstückskauf nutzte. Konkrete Pfandrechte sind aber nicht damit verbunden. Unter „Besicherung“ wird im Kreditantrag „0,0“ angegeben. Neben einem Formularfeld, das die Überprüfung von Sicherheiten nahelegt, steht im Antrag nur: „nicht relevant“. Seitens der Hypo wurde ausdrücklich auf ein Eingehen auf die wirtschaftliche Situation der K8 „verzichtet und ausschließlich auf die Bonität der Rauch Fruchtsäfte GmbH abgestellt.“

Verbindung versehentlich aufgelöst

Hinter dem Kredit steht also die ganze Finanzkraft des Rauch-Konzerns. Laut den Bankunterlagen hat die Rauch Privatstiftung 2021 insgesamt 40 Millionen Euro an die begünstigten Familienmitglieder ausgeschüttet. Ein 30-Millionen-Kredit erscheint für die Hypo daher als überschaubares Risiko. Für die Nationalbank ergibt sich bei ihrer Prüfung aber ein grundsätzliches Problem, weil Regeln des Bankwesengesetzes verletzt worden sein sollen. Die Hypo spricht in einem Schreiben an die Behörde von einem „Missverständnis“, das zur fehlenden Verbindung von Rauch und K8 geführt habe. Das Problem sei bereits behoben.

Der Verkäufer des Grundstücks antwortete nicht auf eine Anfrage des ORF Vorarlberg und der VN. Auch von Rauch und von jenem Anwalt, der als Verbindung zwischen beiden Familienstiftungen eingesetzt wurde, gab es keine Stellungnahmen. Die Hypo Vorarlberg verwies erneut auf die vorliegende Bonität. „Zu einzelnen Geschäftsbeziehungen dürfen wir aufgrund des Bankgeheimnisses keine Stellungnahme abgeben.“