Michael Köhlmeier
ORF/Ursula Hummel-Berger
ORF/Ursula Hummel-Berger
Politik

„Normal“ für Köhlmeier ein „bösartiger Kampfbegriff“

Die ÖVP hat sich Anfang Juli selbst als Anwältin „normal denkender Menschen“ bezeichnet. Für den Vorarlberger Schriftsteller Michael Köhlmeier ist „normal“ in diesem Kontext ein „bösartiger Kampfbegriff“, weil ausgerechnet jene Partei, die in Österreich die ersten Konzentrationslager errichtet habe, „normal“ als politischen Kampfbegriff einsetze.

Köhlmeier zufolge seien es nicht die Nationalsozialisten gewesen, die in Österreich die ersten Konzentrationslager errichtet hätten, sondern die Christlichsozialen. „Natürlich kann man die Konzentrationslager der Christlichsozialen nicht mit Auschwitz vergleichen, das ist schon richtig. Aber es waren Konzentrationslager, wo die nicht Normalen konzentriert wurden“, betont er.

Verwendung sei „mehr als alarmierend“

„Dass ausgerechnet diese Partei diesen Begriff wieder als politischen Kampfbegriff einsetzt, das finde ich mehr als alarmierend“, warnt er. „Wir Normale“ in diesem Kontext zu verwenden und damit andere auszuschließen, mache „normal“ zu einem „wirklich bösartigen Kampfbegriff“, kritisiert Köhlmeier.

Kritik der ÖVP: „Bösartige Köhlmeier-Aussagen“

Der ÖVP-Nationalratsabgeordnete Martin Engelberg sprach in einer Reaktion von „bösartigen Köhlmeier-Aussagen“, die eine „erschreckende und empathielose Verharmlosung der NS-Zeit“ seien. Die Gräuel der Nationalsozialisten mit der Volkspartei in Verbindung zu bringen, sei eine schwere Grenzüberschreitung, forderte Engelberg eine Entschuldigung.

Die ÖVP distanziere sich in jeder Form „vom dunkelsten Kapitel in der Geschichte unseres Landes“ und erwarte das auch von jedem anderen österreichischen Staatsbürger bzw. jeder anderen österreichischen Staatsbürgerin. „Jede Form von Verharmlosung ist für uns inakzeptabel“, unterstrich Engelberg.

Sprache darf nicht ausgrenzen

Bundespräsident Alexander Van der Bellen appellierte bereits in seiner Eröffnungsrede der Bregenzer Festspiele, dass Sprache nicht ausgrenzen dürfe. Dabei stelle sich die Frage, wer bestimmen dürfe, wer „normal“ ist und wer nicht. „Wir dürfen uns nicht daran gewöhnen, dass wieder von einem ‚wir‘ und ‚den anderen‘ gesprochen wird“, warnte er. Es sei brandgefährlich, solche Begriffe so absolut zu verwenden, da sie sehr schnell gedankenlos wiedergegeben würden und so mehr und mehr zum Zusammenbrechen der Gemeinschaft beitragen könnten.

Debatte über Normalität nicht „normal“

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hielt am Rande der Bregenzer Festspiele hingegen fest, dass er sich mit Bundespräsident Van der Bellen sehr gut verstehe, und sie einen regelmäßigen Austausch pflegen würden. Er blieb allerdings dabei: „Es ist wichtig, dass man Normalität in Österreich benennen darf. Ich habe schon einmal gesagt, dass ich es schon nicht normal finde, dass man über Normalität überhaupt eine große Debatte führt.“