Im Bild „normale“ Seesaiblinge
APA/ÖBF-ARCHIV/CLEMENS RATSCHAN
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Wissenschaft

Saiblingsart überlebte unentdeckt in Tiefe des Sees

Vor knapp zehn Jahren wurden im Bodensee einige Exemplare des Tiefseesaiblings entdeckt – nachdem dieser über 40 Jahre lang verschollen war. Man rätselte, ob die Tiere in einem der bestuntersuchten Gewässer der Welt so lange übersehen wurden. Forscher wiesen nun nach, dass der Tiefseesaibling offenbar unentdeckt in der Tiefe überlebt hat.

Nachdem die Tiefseesaiblinge im Bodensee über vier Jahrzehnte lang verschollen waren, gingen 2014 Wissenschaftlern einige Exemplare dieser Art ins Netz – was den Forschern lange Rätsel aufgab. Wie konnte es sein, dass der Fisch so lange unentdeckt blieb? Oder waren es Abkömmlinge des herkömmlichen Saiblings, die sich an das Leben in der Tiefe anpassen konnten?

Über mehrere Jahre hinweg befischten sie deshalb den Bodensee in großer Tiefe. Sie fingen dabei neben dem bis zu 40 Zentimeter großen „Normalsaibling“ (Salvelinus cf. umbla) immer wieder auch Exemplare des deutlich kleineren, bis zu 25 Zentimeter langen Tiefseesaiblings (Salvelinus profundus).

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Fischen für die Forschung im Bodensee
FFS/Jännerwein
Über mehrere Jahre hinweg befischten die Forscher den Bodensee in großer Tiefe…
Die beiden Saiblingsformen im Vergleich: Oben die Normalform, unten die Tiefenform
Guido Jaennerwein
…und fingen dabei neben dem bis zu 40 Zentimeter großen Normalsaibling (Salvelinus cf. umbla, oben) immer wieder auch Exemplare des deutlich kleineren, bis zu 25 Zentimeter großen Tiefseesaiblings (Salvelinus profundus, unten)
Fischen für die Forschung im Bodensee
FFS/Jännerwein
Die Forscher fanden auch klare Belege dafür, dass Normal- und Tiefseesaiblinge nach wie vor völlig unterschiedliche Laichgebiete und -zeiten besitzen
Im Bild „normale“ Seesaiblinge
APA/ÖBF-ARCHIV/CLEMENS RATSCHAN
Die hier abgebildeten „normalen“ Saiblinge werden größer als ihre lange in der Tiefe des Bodensees verschollenen Verwandten

DNA zeigt: Einige müssen in Tiefe überlebt haben

Zudem gelang es einer Forschergruppe um Jan Baer von der Fischereiforschungsstelle Langenargen bei Friedrichshafen und Ulrich Schliewen von der Zoologischen Staatssammlung München, aus historischen Sammlungen brauchbare DNA-Fragmente der beiden Fischarten zu gewinnen.

Wie sie nun im Fachjournal „Ecological Applications“ berichten, ist das Erbgut der jüngst gefangenen Tiefseesaiblinge nahezu identisch mit jenem der vor über 40 Jahren im Bodensee lebenden Fische. „Es muss also einigen Tieren gelungen sein, in der Tiefe des Sees unentdeckt zu überleben“, so Baer in einer Aussendung der Zoologischen Staatssammlung München. Offenbar zeigten Hilferufe der Berufsfischer in den 1950er Jahren Wirkung, meint der Wissenschaftler. Durch früh ergriffene Maßnahmen gegen Überdüngung dürfte der Lebensraum des Tiefseesaiblings erhalten geblieben sein.

Keine Vermischung der beiden Saiblingsformen

Die Forscher fanden auch klare Belege dafür, dass Normal- und Tiefseesaiblinge nach wie vor völlig unterschiedliche Laichgebiete und -zeiten besitzen. Hypothesen zur Vermischung beider Formen oder rapide evolutionäre Anpassungsstrategien, wie sie nach der Wiederentdeckung des Tiefseesaiblings angestellt wurden, haben sich damit nicht bestätigt.

Tiefsee-Saibling im Bodensee entdeckt

Der Tiefsee-Saibling galt eigentlich als ausgestorben. 40 Jahre lang konnte man diesen Fisch im Bodensee nicht mehr nachweisen. Wissenschafterinnen und Wissenschafter haben den Tiefsee-Saibling nun wieder entdeckt.

Heutige Normalsaiblinge Mix aus Zuchtfischen

Überraschenderweise hat der Erbgutvergleich auch gezeigt, dass sich das Genom der jüngst gefangenen Normalsaiblinge deutlich von jenem von vor Jahrzehnten gefangenen Exemplaren dieser Art unterscheidet. Die Wissenschaftler führen das auf Besatzmaßnahmen im Bodensee mit Saiblingen aus aller Welt bis in die 1990er Jahre zurück.

„Die ursprüngliche Normalform des Saiblings aus dem Bodensee wurde fast vollständig verdrängt und größtenteils durch einen Mix aus Zuchtfischen ersetzt“, so Schliewen. Da der Besatz mit fremden Saiblingen mittlerweile verboten ist, hoffen die Forscher, dass sich die letzten Nachkommen der ursprünglichen Normalsaiblinge im Laufe der Zeit wieder durchsetzen werden.