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Politik

Volksabstimmungen: Bundesverfassung ändern?

Nachdem der Verfassungsgerichtshof (VfGH) Teile des Vorarlberger Volksabstimmungsgesetzes für verfassungswidrig erklärt hat, sieht Landeshautpmann Markus Wallner (ÖVP) die direkte Demokratie beschnitten. Zudem wird geprüft, ob die Bundesverfassung geändert werden kann.

Anlass ist die Ludescher Volksabstimmung im Herbst 2019 zur Betriebserweiterung des Fruchtsaftherstellers Rauch, die vom VfGH für nichtig befunden wurde. Der Verfassungsgerichtshof hat Teile des Vorarlberger Gemeindegesetzes und des Volksabstimmungsgesetz als verfassungswidrig aufgehoben.

Direkte Demokratie beschnitten

Landeshauptmann Markus Wallner sieht die direkte Demokratie durch den jüngsten Entscheid des VfGH beschnitten. Laut diesem dürfen Volksabstimmungen nicht mehr von Bürgern, sondern nur noch von Gemeindevertretungen initiiert werden. Vorarlberg muss deshalb zwei Landesgesetze ändern. Parallel dazu lässt Wallner prüfen, welche Möglichkeiten bestehen, die Bundesverfassung so zu ändern, dass Volksabstimmungen durch die Bürger wieder möglich werden.

ÖVP sieht Vorreiterrolle für ganz Österreich

„Vorarlberg hat hier natürlich eine Vorreiterrolle für ganz Österreich. Bei uns hat diese gelebte Demokratie, auch durch die Nähe zur Schweiz, eine hohe Tradition“, sagt Norbert Sieber, Nationalratsabgeordneter der ÖVP.

Nationalratsabgeordnete zu Ludescher Entscheidung

Man müsse die Entscheidung des obersten Gerichtshofes akzeptieren,doch überrascht waren die Vorarlberger Nationalratgsabgeordneten doch über dieses Urteil. Ein Wermutstropfen für die direkte Demokratie,die aber in jedem Fall auch weiterhin möglich sein muss.

Als bedauerlich erachtet die Grüne Nationalratsabgeordnete Nina Tomaselli den Entscheid. „Das heißt aber noch lange nicht, dass diejenigen, die die Landesgrünzone aushöhlen wollen, gesiegt haben. Ganz im Gegenteil, es entscheidet jetzt die Politik“, stellt Tomaselli fest. Sie könne sich keine Politik vorstellen, die sich einfach über ein so klares Votum der Ludescher Bevölkerung hinwegsetzt, betont die Nationalratsabgeordnete.

NEOS für gemeinsamen Antrag

Auch Reinhold Einwallner von der SPÖ ist überrascht, dass die klare Willensbekundung der Bevölkerung so übergangen wird. Für ihn ist es ein Wermutstropfen in Sachen direkte Demokratie, denn diese Möglichkeit dürfe nicht ausgehöhlt werden.

Nur alle Vorarlberger Nationalrätinnen und Nationalräte zusammen können hier etwas bewegen, sind sich die NEOS einig. „Es braucht jetzt eine Änderung der Bundesverfassung, die diese Form der direkten Demokratie zulässt“, sagt NEOS -Nationalratsabgeordneter Gerald Loacker und spricht sich für einen gemeinsamen Antrag aller Nationalratsabgeordneten aus.

FPÖ stellt sich auf längere Debatte ein

Nach Ansicht der FPÖ wird dieser Fall zu einer längeren Debatte auf Bundes- und Landesebene führen, wie man die Elemente der direkten Demokratie stärken kann. „Wenn die Elemente der direkten Demokratie abhängig gemacht werden von Elementen der repräsentativen Demokratie, dann ist das natürlich nicht im Sinne des Erfinders. Ich glaube, dass auch unabhängig von der repräsentativen Demokratie direkt-demokratische Entscheidungen möglich sein müssen“, ist sich der FPÖ-Nationalratsabgeordnete Reinhard Bösch sicher.

Schon am Sonntag hatte Landtagspräsident Harald Sonderegger eine rasche Änderung der Landesgesetze angeregt – mehr dazu in Rasche Gesetzesänderung bei Volksabstimmungen (vorarlberg.ORF.at). Wie es in Zukunft mit der Rauch-Betriebserweiterung in Ludesch weitergeht, wird vom Fruchtsafthersteller nun neu geprüft.