Der Schriftzug Verfassungsgerichtshof über dem Eingang des Gerichtsgebäudes
ORF.at/Roland Winkler
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Chronik

Mautbefreiung und Ludesch-Abstimmung vor VfGH

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) befasst sich in seiner am Montag beginnenden Session gleich mit zwei Themen aus Vorarlberg: mit der Mautbefreiung auf der Rheintalautobahn und der Volksabstimmung in Ludesch.

Seit Dezember 2019 können Autofahrer die A14 zwischen der Staatsgrenze bei Hörbranz und der Anschlussstelle Hohenems benützen, ohne die Bundesstraßenmaut bezahlen zu müssen. Diese Regelung ist umstritten – vor allem Lustenau, Hohenems, die Kummenberg-Gemeinden und Diepoldsau in der Schweiz wehren sich dagegen.

Sie sehen sich durch die Mautbefreiung benachteiligt, weil sie Ausweichverkehr durch ihr Gemeindegebiet als Folge sehen. Mit der Vignettenbefreiung soll der Großraum Bregenz vom Ausweich- bzw. Durchzugsverkehr entlastet werden.

Anrainerin zog vor den VfGH

Eine Anrainerin zog gegen die Mautbefreiung vor den VfGH. Sie erachtet diese Befreiung als verfassungswidrig, sie sieht sich als Folge der Zunahme von Lärm und Luftschadstoffen im Recht auf Privatleben verletzt. Die Lustenauerin handelt stellvertretend für die betroffenen Gemeinden. Den Kommunen ist es rechtlich nicht erlaubt, selbst den Verfassungsgerichtshof einzuschalten.

Ludesch: Volksentscheid von 15 Personen angefochten

Auch die Volksabstimmung in Ludesch über die Widmung von Grundstücken ist erneut Thema für den VfGH. Mit der Umwidmung wollten der Getränkehersteller Rauch und der Aludosen-Produzent Ball die Betriebsanlagen in der Landesgrünzone erweitern.

Über 56 Prozent der Stimmberechtigten in Ludesch sprachen sich gegen die geplante Erweiterung und die damit verbundene Umwidmung der Landesgrünzone aus. Der Volksentscheid wurde von 15 Privatpersonen angefochten.

VfGH hat Bedenken geäußert

Dazu hat der VfGH im März 2020 beschlossen, die landesrechtlichen Grundlagen dieser Volksabstimmung in der Landesverfassung, dem Gemeindegesetz und dem Landes-Volksabstimmungsgesetz von Amts wegen daraufhin zu prüfen, ob sie der Bundesverfassung entsprechen.

Derzeit könne durch das Gemeindevolk offenbar eine verbindliche Entscheidung getroffen werden, ohne dass die Gemeindevertretung inhaltlich mitwirken könne, so der VfGH, der deswegen Bedenken geäußert hat. Dies scheine gegen das auch für die Gemeinde geltende repräsentativ-demokratische System der Bundesverfassung zu verstoßen, so der VfGH.

Erst Gesetz, dann Anfechtung prüfen

Der VfGH hat nunmehr zu entscheiden, ob seine Bedenken zutreffen. Er hat zu diesem Zweck Äußerungen der Vorarlberger Landesregierung, der übrigen Länder sowie der Bundesregierung eingeholt. Das Land Vorarlberg hat in seiner Stellungnahme erklärt, dass es seine gesetzlichen Grundlagen für Volksabstimmungen für verfassungskonform hält – mehr dazu in: Land hält Volksabstimmungs-Gesetze für verfassungskonform.

Nach Abschluss dieses Gesetzesprüfungsverfahrens kann der VfGH auch über die eigentliche Anfechtung entscheiden.