Das Rheintal ist mittlerweile ein sehr urbaner Raum geworden. Mittendrin, direkt an der Grenze zur Schweiz, gibt es ein herrliches Naherholungsgebiet: den Naturpark Alter Rhein. Spazieren, Rad fahren, schwimmen, angeln – wer eine kleine Auszeit braucht, ist hier genau richtig. Die ein oder andere Grenzüberschreitung ist dabei inklusive.
9Plätze9Schätze: Alter Rhein
Der Alte Rhein ist der erste Vorarlberger Kandidat für die Sendung 9Plätze9Schätze.
Ein Ausflug zum Alten Rhein wirkt ungemein entschleunigend, sofern man sich auf das Schauspiel einlässt. Zu entdecken gibt es genug: da zwitschert ein Vogel im dicken Geäst, dort fliegt eine Libelle über das Schilf und auf dem Wasser ziehen Enten und Schwäne ihre Bahnen. Aulandschaften wie jene am Alten Rhein sind selten geworden. Hier wachsen viele Pflanzen, die sonst kaum noch vorkommen und es leben Tiere dort, deren Bestand bereits bedroht ist und die sonst in ganz Österreich fast nicht mehr zu finden sind. Ein Beispiel dafür ist die Bachmuschel. Dass sie hier lebt, ist ein sehr gutes Zeichen. Das bedeutet nämlich, dass das Wasser sauerstoffreich und sehr sauber ist.
Grenzüberschreitender Schutz
Die umliegenden Gemeinden auf österreichischer und auf schweizerischer Seite haben die große Bedeutung des Gebiets erkannt und die Regelungen zur Nutzung angeglichen. Um sicherzustellen, dass die Natur intakt bleibt, sind einzelne Abschnitte unter Naturschutz gestellt worden. Manch ein Gebiet darf gar nicht betreten werden, damit die Tier- und Pflanzenwelt ihre Ruhe hat und sich ungestört entwickeln kann.
Den Besucherinnen und Besuchern bleiben genügend andere Möglichkeiten, die Natur zu genießen. Es gibt ein durchgängiges Wander- und Radwegenetz, extra ausgewiesene Grillstellen und gut gepflegte Badeplätze. Sogar eine Galerie ist im Kies entstanden, in der immer wieder neue Kunstwerke ausgestellt werden. Es ist also gar nicht nötig, die gesicherten Wege zu verlassen und die sensiblen Lebensräume zu stören.
Rheinbegradigung mit Staatsvertrag
Um zu verstehen, warum der Alte Rhein zu jener Landschaft geworden ist, wie wir sie jetzt vorfinden, müssen wir einen Blick in die Geschichte werfen. All das entstand aufgrund der Rheinregulierung. Der ursprüngliche Alpenrhein trat früher immer wieder über die Ufer, führte zu Überschwemmungen und verursachte sehr viel Elend. In einem Staatsvertrag zwischen Österreich-Ungarn und der Schweiz wurde festgelegt, dass der Fluss begradigt wird. Der sogenannte Diepoldsauer Durchstich bei Altach, Hohenems und Lustenau ist genau 100 Jahre her. Seither fließt der Rhein in seinem neuen Flussbett, der alte Flusslauf hat sich immer mehr zu einem Naturjuwel entwickelt.
Schmuggelweg für Waren aus der Schweiz
In den Jahren nach dem Durchstich war das Gebiet noch sehr seicht, an manchen Stellen war der Alte Rhein so trocken, dass man recht gut hindurchgehen konnte. Die Weltwirtschaftskrise stürzte in den 1920-er Jahren viele Menschen in eine große Not und so behalfen sich viele damit, Waren aus der Schweiz nach Österreich zu schmuggeln. Hoch im Kurs waren Zucker, Kaffee und vor allem Tabak. Das System war bestens organisiert und gut bekannt, richtige Bestell-Listen wurden geführt. Manch einer verdiente mit dem Schmuggeln sehr viel Geld, anderen brachte es große Probleme ein, immer wieder gab es schlimme Zusammenstöße mit den Zöllnern.
Fluchtroute für Juden im Zweiten Weltkrieg
Im Zweiten Weltkrieg wurden dann keine Waren mehr geschmuggelt, sondern Menschen. Von 1938 bis 1945 war das Gebiet eine Fluchtmöglichkeit für viele Juden, die vor dem NS-Regime in die Schweiz fliehen wollten. Auf beiden Seiten des Rheins gab es mutige Menschen, die ihnen dabei geholfen haben. Einer davon ist Paul Grüninger, er war damals St. Galler Polizeikommandant und rettete viele Juden mit gefälschten Dokumenten vor dem Konzentrationslager. Nach ihm ist heute eine Grenzbrücke benannt. Aber das ist nicht die einzige Erinnerung an diesen Teil der Geschichte. Seit Kurzem gibt es entlang der Radroute symbolische Grenzsteine. Sie sind mit einem QR-Code ausgestattet und werden dadurch zu Hörstationen, an denen die Fluchtgeschichten erzählt werden.
Grenzenlos genießen
Wer möchte, kann am Alten Rhein also gleichzeitig die Natur erleben und in die Vergangenheit eintauchen. Der Grenzfluss hatte in seiner Geschichte viel Trennendes, aber auch viel Verbindendes. Wie schön, dass wir jetzt grenzenlos erkunden und achtsam genießen dürfen.
Kontakt:
Tourismusbüro Hohenems, Marktstraße 2, 6845 Hohenems
+43 5576 7101 2000, www.hohenems.travel
Anreise:
Es gibt mehrere Möglichkeiten, an den Alten Rhein zu kommen:
Auto:
Autobahn A14 bis Hohenems
Parkmöglichkeiten gibt es zum Beispiel beim Erlebnisbad Rheinauen, Rheinauen 2, 6845 Hohenems.
Weiterer öffentlicher Parkplatz beim Alten Rhein auf Höhe Lustenau: Forststraße 111, 6890 Lustenau.
Fahrrad
Innerhalb von 15 Minuten von Hohenems, Lustenau, Altach und Mäder über gut ausgebaute Radwege erreichbar.
Öffentlich:
Vom Bahnhof Hohenems fährt ca. halbstündlich die Bus-Linie 323 (nach Heerbrugg) direkt zur Haltestelle Zollamt Hohenems. Von hier aus kann direkt losgewandert werden.