Leere Schulklasse
ORF.at/Carina Kainz
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Bildung

Keine Entschädigung für längeres Lehramtsstudium

Das Lehramtsstudium soll voraussichtlich ab 2026 um ein Jahr verkürzt werden. Für alle, die das Studium seit 2014 begonnen haben und nicht mehr in die Übergangsfrist fallen, studieren also ein Jahr länger. Eine Entschädigung bekommen sie dafür nicht. Das hat Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) bei einem Besuch in Vorarlberg gegenüber dem ORF klargestellt.

Erst mit dem Studienjahr 2015/16 wurde das Lehramtsstudium vom Diplom- auf ein Bachelor- beziehungsweise Masterstudium umgestellt. Das verlängerte die Dauer des Studiums auf sechs Jahre. Mit 2026 – also zehn Jahre später – soll es jetzt wieder verkürzt werden, das Bachelorstudium wird nur mehr drei statt vier Jahre dauern. Wer Lehrerin oder Lehrer für die Unter- und Oberstufe werden will, muss künftig fünf Jahre studieren.

Zusätzliches Jahr ist „keine verlorene Lernzeit“

Hat man das Studium gerade erst begonnen, kann man – wenn es so weit ist – grundsätzlich in die verkürzte Form des Studiums wechseln. „Diejenigen, die jetzt im Studium sind, werden sich sehr viel anrechnen lassen können“, betont Polaschek. „Das heißt, es wird praktisch einen nahtlosen Übergang geben. Das ist keine verlorene Lernzeit“, zeigt er sich überzeugt. „Und deshalb, glaube ich, ist das eine gute Lösung“, meint Polaschek.

Absolventen profitieren nicht von der Umstellung

Für alle, die das sechsjährige Studium aber bereits abgeschlossen haben oder noch vor der Umstellung abschließen werden, heißt das, dass sie ein Jahr länger als ihre zukünftigen Kolleginnen und Kollegen studiert haben, dafür aber keine Entschädigung bekommen. Das hat Polaschek bei seinem Besuch in Vorarlberg am Montag bestätigt.

„Wenn sich Studienpläne ändern, dann kann man in dem Fall ja nicht einfach sagen, man wird entschädigt“, begründet der Bildungsminister die Entscheidung. „Es wird ja auch Lernleistung erbracht und die Studierenden profitieren ja natürlich auch von diesen Erkenntnissen“, meint Polaschek.

Offener Brief zeigte keine Wirkung

Anfang des Jahres haben sich fünf Vorarlberger Studierende in einem offenen Brief an den Bildungsminister gewandt. Darin forderten sie eine Anerkennung beziehungsweise Entschädigung – wie das Anrechnen eines Dienstjahres – für das zusätzliche Studienjahr. Durch die längere Ausbildung würden sie schließlich ein Jahresgehalt, ein Versicherungsjahr für die Pension und ein Jahr Berufserfahrung verlieren, hieß es darin.

Eine schriftliche Antwort des Ministeriums erfolgte rund drei Monate später, im April. Darin wird ausgeführt, dass es in der Einstufung der Lehrpersonen keine Rolle spiele, wie lange das Bachelor- oder Masterstudium gedauert habe. „Insofern gibt es hier keinen Vorteil für jene, deren Bachelorstudium länger gedauert hat“, so die Ausführung des Bildungsministeriums. Auf eine Antwort des Ministers habe man bisher vergeblich gewartet.

Mit ECTS (European Credit Transfer System) werden Studienleistungen gemessen. Ein ECTS-Punkt entspricht etwa 25 bis 30 Arbeitsstunden.

„Gleichbedeutend mit nichts zu tun“

Johannes Grabher, einer der Verfasser des offenen Briefs, zeigt sich enttäuscht über die Äußerungen des Ministers gegenüber dem ORF Vorarlberg. „Für die Absolventen ist das gleichbedeutend mit nichts zu tun“, kritisiert er. „Es sind 60 ECTS, die wir für nichts geleistet haben. Das entspricht dem Workload zur Qualifikation zum Direktor oder zur Direktorin im Rahmen eines Hochschullehrganges“, zieht Grabher einen Vergleich.

Kürzeres Studium wird durchaus begrüßt

Bereits vor zwei Jahren hatten Studierende die Dauer des Lehramtsstudiums als zu lange kritisiert – mehr dazu unter Studierende kritisieren Lehrerausbildung. Die Verkürzung des Studiums sei auch durchaus zu begrüßen, bekräftigt Grabher. Nicht zuletzt, um dem Personalmangel entgegenzuwirken.