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Bildung

Studierende kritisieren Lehrerausbildung

Der Lehrermangel in Vorarlberg ist auch bei den künftigen Lehrerinnen und Lehrern ein großes Thema. So unterrichten viele Studierende der Pädagogischen Hochschule (PH) Vorarlberg bereits während ihres Studiums an unterschiedlichen Schulen, um Abhilfe zu schaffen. Doch berufsbegleitend zu studieren, gestalte sich aktuell noch schwierig, kritisiert die Studierendenvertretung der PH Vorarlberg.

Ursprünglich sei man davon ausgegangen, dass JunglehrerInnen im ersten Unterrichtsjahr nach ihrem Bachelorabschluss nur wenige Stunden unterrichten, um sich voll auf den Master konzentrieren zu können. Jetzt sei es umgekehrt: Aufgrund des Lehrermangels werde vermehrt unterrichtet, das Masterstudium rücke dabei in den Hintergrund.

Lehrermangel verschafft Studierenden Anstellung

Der besonders in Vorarlberg spürbare Lehrermangel mache es Lehramtsstudenten momentan nämlich leicht, eine Anstellung zu finden: „Speziell im Hinblick auf etwaige Stellenangebote ist inzwischen bekannt, dass es keine Probleme für JunglehrerInnen gibt, eine Stelle zu bekommen“, bestätigt Tobias Maurer, Vorsitzender der Studierendenvertretung der PH Vorarlberg.

Dementsprechend nutzen viele künftige Lehrerinnen und Lehrer die ihnen gebotene Chance: Rund 85 Prozent der Vorarlberger Lehramtsstudierenden würden ihr Masterstudium berufsbegleitend absolvieren, heißt es bei der Bildungsdirektion.

Unterrichten während der Ausbildung erwünscht

Doch nicht nur Bachelorabsolventen werden angesprochen: „Der LehrerInnenmangel bringt mit sich, dass Studierende schon vor Abschluss des Bachelorstudiums gebeten werden, in Lehrverpflichtungen einzutreten. Diese Bitten werden vereinzelt schon ab dem zweiten Semester an die Studierenden herangetragen“, sagt Maurer.

Um weiter gegen den Lehrermangel vorzugehen, können zudem ab sofort BewerberInnen mit fachverwandten Studien mit vollen Bezügen in den Schuldienst eintreten. Junglehrerinnen und Junglehrer werden hingegen oftmals in Fächern eingesetzt, die sie gar nicht studiert haben: „JunglehrerInnen unterrichten grundsätzlich diejenigen Fächer, die an der zugewiesenen Schule nicht oder nur mangelhaft besetzt sind“, bestätigt Maurer.

Dauer des Lehramtsstudiums in der Kritik

Die Lehrerausbildung für mittlere und höhere Schulen (Sekundarstufe I beziehungsweise II) setzt sich aus einem vierjährigen Bachelor- und einem zweijährigen Masterstudium zusammen. Hinzu das erste Dienstjahr, in dem JunglehrerInnen von einem Mentor betreut werden. Viele Studierende würden die Dauer der Ausbildung allerdings als zu lange empfinden, merkt Maurer an.

„Es gibt jetzt eine vierjährige Bachelorausbildung fürs Lehramt für die gesamte Sekundarstufe. Die wurde mit guten Gründen eingeführt“, erläutert Bildungsminister Martin Polaschek im Interview mit dem ORF Vorarlberg. Damit wolle man sicherstellen, dass alle Bereiche – von den Fachwissenschaften bis zur Schulpraxis – ins Studium mit einfließen. Auch an diesem Aufbau äußert die Studienvertretung Kritik: In der Realität würde den Studierenden der Praxisbezug fehlen, sagt Maurer.

Bildungsminister Polaschek
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Bildungsminister Martin Polaschek befürwortet den derzeitigen Aufbau des Lehramtsstudiums

Mit Bachelorabschluss auf dem „Schleudersitz“

In der Bildungsdirektion Vorarlberg sei man selbstverständlich froh darüber, dass bereits auch Bachelorstudierende parallel zum Studium unterrichten würden, bekräftigt Sprecherin Elisabeth Mettauer-Stubler. Dabei gibt es allerdings einen Haken: Wer mit Bachelorabschluss an einer Schule unterrichtet, sitzt im Grunde genommen auf dem „Schleudersitz“.

Denn das Unterrichten an weiterführenden Schulen – in der Sekundarstufe II – ist an den Masterabschluss gekoppelt. Viele Studierende würden spekulieren, dass die Masterpflicht in absehbarer Zeit fällt beziehungsweise generell in der derzeitigen Form nicht weiterführbar ist, gibt Maurer zu bedenken.

Das kommt für den Bildungsminister derzeit aber nicht infrage: „Das Studium ist als ein geschlossenes Ganzes zu sehen. Es ist so, dass das Masterstudium auf den Bachelor aufbaut und nicht nur ein bisschen zusätzlichen Inhalt bietet“, erläutert Polaschek. „Dass wir generell vom Master weggehen, wird keinen Sinn machen, weil es ja auch eine entsprechende Wertigkeit des Lehramt-Studiums bedeutet“, betont Polaschek nochmals die Sinnhaftigkeit der sechsjährigen Ausbildung.

Flexibilität beim berufsbegleitenden Studium gefragt

Wenn man bereits nach Abschluss des Bachelorstudiums unterrichtet, müsse man für das Nachholen des Masters gewisse Fristen einhalten. Das Dienstrecht sieht vor, dass das Masterstudium innerhalb von fünf Jahren nach erstmaliger Anstellung abgeschlossen werden muss. Sollte dies nicht der Fall sein, könne eine Kündigung erfolgen, sagt Mettauer-Stubler. Verlängerungsgründe seien allerdings vorgesehen – so etwa im Fall von Mutterschutz, Karenz, Militär- oder Zivildienst.

Allerdings gestalte es sich aktuell nicht gerade einfach, das Masterstudium berufsbegleitend zu absolvieren. Die vier Semester ließen sich zeitlich durchaus mit einer beruflichen Tätigkeit vereinbaren: So sei eine Lehrverpflichtung von rund fünf bis sieben Unterrichtsstunden vorstellbar, allerdings sei man bei der Stundeneinteilung auf die Flexibilität der jeweiligen Direktoren angewiesen, erklärt Maurer.

Erleichterungen für berufsbegleitenden Master angedacht

Momentan führe man eine umfangreiche Evaluierung der LehrerInnenbildung durch, die im Sommer fertiggestellt werde. Im Anschluss daran würde man mit allen Universitäten und Pädagogischen Hochschulen ins Gespräch treten, um festzustellen, was man verbessern könne und wo Änderungsbedarf bestehe.

„Das was auf jeden Fall passieren muss, ist, dass es uns besser gelingt, dass der Master wirklich neben einem Beruf gemacht werden kann“, gibt Polaschek zu bedenken. „Wir werden uns überlegen müssen, wie wir das Studienangebot ändern“.