Prozess gegen sechs Männer, die eine betrunkene Frau sexuell missbraucht haben sollen am Landesgericht Feldkirch am 29.03.2023
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Chronik

Missbrauchsfall in Asylunterkunft: Schuldsprüche bestätigt

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat die Nichtigkeitsbeschwerden jener sechs Männer zurückgewiesen, die in einer Bludenzer Asylunterkunft eine wehrlose Frau mehrfach sexuell missbraucht hatten. Die Schuldsprüche sind damit rechtskräftig. Eine Entscheidung über die Strafhöhe steht aber noch aus.

Die Afghanen hatten die Frau, die laut Gerichtsurteil „aufgrund ihres starken Alkoholkonsums sowie aufgrund ihrer psychischen Verfassung wehrlos und unfähig war, die Bedeutung der Vorgänge einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln“ im Februar 2022 missbraucht. Im Prozess vor dem Landesgericht Feldkirch waren sie zu mehrjährigen, unbedingten Haftstrafen verurteilt worden. Zwei Täter hatten sieben Jahre Freiheitsstrafe erhalten, die übrigen siebeneinhalb, acht, neun und zwölfeinhalb Jahre. Dagegen hatte die Verteidiger Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung erhoben.

Keine Nichtigkeitsgründe vorgelegen

Die Schuldsprüche der sechs Täter seien vom Gericht miteinander vermengt worden, rügte eine Verteidigung unter anderem. Weiters wurde bemängelt, dass das im Ausland befindliche Opfer nur via Zoom und nicht vor einem Gericht einvernommen wurde. Dadurch sei aber das Fragerecht der Anwälte nicht eingeschränkt worden, entschied der OGH schließlich. Dass das Gericht dem Opfer geglaubt habe, sei an sich kein Begründungsmangel, so der OGH in seiner Entscheidung. Diese Einschätzung unterliege der Würdigung durch die Richter der ersten Instanz.

Schuldsprüche durch Schöffen- und Geschworenengerichte sind grundsätzlich schwer zu bekämpfen. Eine Nichtigkeitsbeschwerde an den OGH kann sich vor allem auf Formalfehler der ersten Instanz stützen. Solche liegen etwa dann vor, wenn wichtige Beweise gar nicht beachtet wurden oder das Urteil widersprüchlich ist. Der OGH kann auch eingreifen, wenn das Gericht aufgrund von komplett falschen Annahmen geurteilt hat. Ob das Erstgericht die Beweise richtig gewichtet hat, prüft das Höchstgericht hingegen nicht.

Entscheidung über Strafhöhe steht aus

Die Richter des Feldkircher Schöffengerichts hätten die Persönlichkeitsstörung und andere Einschränkungen eines Angeklagten sehr wohl gewürdigt, befand der OGH außerdem. „Dass sie aus diesen Umständen nicht die gewünschten Schlüsse gezogen“ hätten, begründe aber noch keine Nichtigkeit des Urteils. Auch dass das Opfer einen Täter auf Fotos identifizieren konnte, sei kein Nichtigkeitsgrund. Für ihn lägen darüber hinaus DNA-Ergebnisse und ein Teilgeständnis vor. Der Mann hatte vor Gericht angegeben, zu „50 Prozent“ schuld zu sein.

Auch mit den übrigen Einwänden drangen die Verteidiger nicht durch, weshalb die Nichtigkeitsbeschwerde scheiterte. Die Berufung über die Strafhöhe liegt nun beim Oberlandesgericht Innsbruck. Es kann die Entscheidung des Erstgerichtes bestätigen oder abändern. Nachdem Verteidiger und Staatsanwaltschaft Rechtsmittel eingelegt haben, können sich die Strafen der Täter dabei sowohl erhöhen als auch verringern.