Streitgespräch Gantner Leiter
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Politik

ÖVP hält an für SPÖ rechtswidrigem „Vorarlberg Kodex“ fest

Die Vorarlberger ÖVP plant, einen „Vorarlberg Kodex“ einzuführen. Damit sollen Asylwerber zu gemeinnütziger Arbeit verpflichtet werden. ÖVP-Landesrat Christian Gantner hält trotz Kritik an den Vorschlägen fest, während SPÖ-Landesvorsitzender Mario Leiter sie in der direkten Konfrontation als rechtswidrig und fehlerhaft bezeichnet.

„Vorarlberg Kodex“

Die Vorarlberger ÖVP legte den Vorschlag vor, Asylwerber bereits bei der Übernahme in die Grundversorgung einen „Vorarlberg Kodex“ unterschreiben zu lassen, der zu gemeinnütziger Arbeit verpflichtet – als Gegenleistung für die kostenlosen Deutschkurse, die Vorarlberg als einziges Bundesland anbietet.

Auf die Bemerkung hin, dass die ÖVP strategisch alles richtig gemacht habe, gab Gantner zu bedenken: „Uns geht es in erster Linie nicht darum, ob wir irgendetwas richtig gemacht haben, sondern wir nehmen die Sorgen der Menschen im Bereich Asyl und Zuwanderung sehr ernst“. Als Regierungspartei sei es der ÖVP wichtig, Antworten zu bieten. „Wir orientieren uns hier nicht an blinder Ideologie oder an lauter Hetze“, stellt er klar.

Mit den Vorschlägen der ÖVP, dem „Vorarlberg Kodex“, habe man eine solche Antwort gefunden, glaubt Gantner. „Das ist für uns keine eine Frage von links oder rechts, sondern es ist für uns eine Frage des Hausverstands und der Fairness“, betont er.

Christian Gantner, ÖVP
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Für Landesrat Christian Gantner (ÖVP) sind die Vorschläge der Partei eine Frage des Hausverstands und der Fairness

Leiter offen für Ideen für ein besseres Zusammenleben

Leiter zeigte sich grundsätzlich jeder Idee oder jeder Lösung gegenüber offen, die das Zusammenleben der Menschen im Land fördere und das Bewusstsein dazu schaffe. „Der Kodex, der momentan daliegt, hat in sich so viele Fehler, dass er im Leben nie so kommen wird, wie er präsentiert wurde“, prognostiziert er.

Man müsse sich der Problematik annehmen und darüber sprechen, betont Leiter. Dabei weist er auf das Integrationsleitbild des Landes Vorarlberg hin, an dessen Erstellung die ÖVP, die SPÖ, die Grünen, die FPÖ und NEOS beteiligt gewesen seien. Dieses Leitbild habe man 2010 einstimmig beschlossen, 2018 habe man es überarbeitet. „Das Leitbild funktioniert“, stellt er klar. Die SPÖ habe seit Monaten die Themenführerschaft im Land übernommen, die ÖVP brauche mit dem „Vorarlberg Kodex“ nun ein Mittel ihrerseits, vermutet Leiter.

Verschiedene Ansichten in der Rechtsmaterie

„Es gibt hier natürlich mehrere rechtliche Ansichten“, meint Gantner. Verschiedene Ansichten in der Rechtsmaterie gebe es aber immer. „Für mich gibt es aber neben dieser rechtlichen Dimension auch eine moralische Dimension“, betont er. In Vorarlberg biete man Menschen Schutz, Unterkunft und Verpflegung, zählt Gantner auf. „Das manchen wir auch gerne, das machen wir auch aus Überzeugung“, stellt er klar.

Auf der anderen Seite wolle man aber, dass der Gesellschaft im Gegenzug etwas zurückgegeben werde. „Es gibt viele Vorarlbergerinnen und Vorarlberger, die sich auch täglich ehrenamtlich engagieren“, argumentiert Gantner. Für ihn seien die Pläne der ÖVP der richtige Weg, „ein partnerschaftlicher Weg“.

Studio-Debatte um „Vorarlberg Kodex“

ÖVP-Landesrat Christian Gantner und SPÖ-Landesvorsitzender Mario Leiter diskutieren in „Vorarlberg heute“ über den „Vorarlberg Kodex“, der Asylwerber zu gemeinnütziger Arbeit verpflichten soll.

Arbeitsverweigerung: Möglichkeit von Sanktionen

Für den Fall, dass sich jemand weigere, gemeinnützige Arbeit zu verrichten, sieht Gantner zwei Möglichkeiten. „Wenn es rechtlich möglich ist, dann gibt es auch die Möglichkeit von Sanktionen“, stellt der Sicherheitslandesrat klar. „Und auf der anderen Seite ist es für uns eine moralische Verpflichtung, hat es eine moralische Dimension“, wiederholt er. Man wolle sich nicht immer an Strafen orientieren, sondern daran, dass Asylwerberinnen und Asylwerber eine Vereinbarung unterschreiben, „sprichwörtlich ein Agreement“, sagt Gantner. Darin würden sich die Asylwerbenden verpflichten, zu arbeiten und der Gesellschaft etwas zurückzugeben.

Mario Leiter, SPÖ
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SPÖ-Landesvorsitzender Mario Leiter stimmt einer moralischen Verpflichtung zu

Integrationsleitbild ist auch ein Wertekodex

„Grundsätzliche stimme ich der moralischen Verpflichtung, die Landesrat Gantner erwähnt hat, zu“, lenkt Leiter ein. Das Integrationsleitbild, das man 2010 beschlossen habe, sei schließlich auch ein moralischer Wertekodex, eine moralische Verpflichtung, betont er. „Aber rechtlich, so wie das Blatt daliegt, mit der verpflichtenden Zwangs- oder Pflichtarbeit, ist es im Artikel vier, Absatz zwei der Europäischen Menschenrechtskonvention einfach rechtswidrig“, stellt Leiter klar. „Da geben uns auch führende Juristen recht“, betont er, eine Umsetzung sei EU-rechtlich nicht möglich.

Leiter will gemeinsamen Weg finden

In letzter Zeit habe man in Vorarlberg viele Themen diskutiert, darunter Abtreibung, eine mögliche Medizin-Universität in Vorarlberg oder auch leistbares Wohnen. Diesbezüglich habe die Landesregierung versäumt, Starterwohnungen für junge Menschen bereitzustellen. „Natürlich braucht die Partei, die ÖVP, jetzt auch eine Blendgranate, damit man ein Thema hat“, wirft er Gantner vor. Dennoch sei es wichtig, über die Sache zu reden. „Wichtig ist einfach, dass wir einen gemeinsamen Weg finden“, betont Leiter. Man dürfe nicht die Konfrontation suchen, sondern müsse zusammenarbeiten.