Unterflur Bahntrasse
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Wirtschaft

Bahnausbau-Pläne: „Ergebnis einer verfehlten Raumplanung“

Land und Gemeinden haben sich darauf geeinigt, einen Prozess über den Ausbau der Bahnstrecke im unteren Rheintal zu starten. Ziel ist es, über der Erde keine weiteren Gleise zu verlegen. Verkehrsplaner Hermann Knoflacher von der Technischen Universität Wien hat hingegen Bedenken. Für ihn sind die Pläne das Ergebnis einer verfehlten Raumplanung.

Knoflacher beobachtet die Verkehrspolitik in Vorarlberg schon etwas länger. Die Pläne für eine unterirdische Bahntrasse seien nicht die Zukunft. Sie seien vielmehr das Ergebnis einer verfehlten Raumplanung in den vergangenen Jahrzehnten. „Dieses Gebiet ist total zersiedelt. In den Gemeinden wurde sehr großzügig mit dem Boden umgegangen. Und jetzt, wo das Wasser bis zum Hals steht, will man anderswo den Boden sparen“, sagt Knoflacher. Mit einer unterirdischen Trasse werde das Problem oben nicht gelöst, meint er.

Eine Studie ergab, dass die Kosten für eine unterirdische Bahntrasse zwischen Wolfurt und Lochau rund 1,5 Milliarden Euro betragen würden. Aus Sicht von Knoflacher wäre es falsch, die österreichischen Steuerzahler dafür zur Kasse zu bitten.

Viele Unsicherheiten

Die Bauzeit für die rund 15 Kilometer lange unterirdische Bahntrasse würde mindestens zehn Jahre betragen, sagt Knoflacher. Da gebe es aber viele Unsicherheit. Bevor gebaut werden kann, bräuchte es nämlich eine Genehmigung, und die Verfahren dazu seien in so einem Fall sehr kompliziert. „Besonders dann, wenn irgendwelche Einwände auftreten und das ist anzunehmen, dass das in Vorarlberg passieren wird. Dann kann das schon 15 bis 20 Jahre dauern“, meint Knoflacher. Das heißt, rund 25 Jahre für die Genehmigung und den Bau zusammen.

Aus Sicht von Knoflacher wäre es besser, Bauwerke von der Oberfläche wieder abzutragen, als einen Tunnel zu graben. Man werde das Geld für andere Maßnahmen als für Tunnel brauchen, meint der Professor der TU Wien.

Arbeitsgruppe soll eingerichtet werden

Bei einem gemeinsamen Treffen im Landhaus in Bregenz einigten sich die Beteiligten auf einen ergebnisoffenen Prozess mit dem Ziel, keine weiteren oberirdischen Gleise zu verlegen. Für die gemeinsame Prozessvorbereitung wollen Land und Gemeinden eine Arbeitsgruppe einrichten, die sich aus jeweils zwei bis drei Vertretern und Vertreterinnen der Gemeinden, des Landes sowie der ÖBB und des Bundesministeriums für Klimaschutz zusammensetzt. Zu definieren sind zudem der Zeitpunkt des Prozessstarts, die voraussichtliche Dauer, Arbeits- und Bewertungsmethoden sowie ein Zielkatalog. Die Gruppe soll extern begleitet, die Kosten geteilt werden.

IV und Wirtschaftskammer begrüßen die Einigung

Der Präsident der Industriellenvereinigung, Elmar Hartmann, zeigt sich erfreut über den Schulterschluss zwischen Land und Gemeinden betreffend der Unterflurtrasse. „Aus unserer Sicht ist diese Entscheidung der einzige richtige Weg. Ein Gleisausbau ist sowohl für die Menschen des Rheintales als auch die gesamte Vorarlberger Wirtschaft dringend notwendig; das gesamte Potenzial eines solchen Projektes kann aber nur durch eine unterirdische Variante erreicht werden“, sagt Hartmann.

Auch Wirtschaftskammer-Präsident Wilfried Hopfner begrüßt das klare Bekenntnis der Politik. Die Bahnstrecke in Richtung Deutschland habe nicht genug Kapazitäten, um einen reibungslosen Schienenverkehr langfristig zu garantieren. Eine qualitative hochwertige Anbindung in den Norden sei aber sowohl für den Personenverkehr als auch für den Güterverkehr dringend notwendig. „Die grundsätzliche Einigung der Politik ist gleichzeitig ein klarer Auftrag an die ÖBB“, erklärt WKV-Präsident Wilfried Hopfner.