Wolf
AFP/Dieter Nagl
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Politik

Wolf: Unterschiedliche Sichtweisen in Landesregierung

Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) hat im Pressefoyer nach der Regierungssitzung die Abschusserlaubnis für einen Wolf im Raum Klostertal gerechtfertigt. Bei einem Schadwolf „werden wir an einer gewissen Art der Regulierung nicht vorbeikommen“, so Wallner. Naturschutzlandesrat Daniel Zadra (Grüne) bezeichnet die Abschussfreigabe dagegen als „kurzsichtig“.

„Es gibt verschiedenste Maßnahmen, wie man mit dem Wolf leben kann“, so Zadra am Dienstag im ORF Vorarlberg-Interview. Das gelte es vorerst zu machen – wie etwa Herdenschutzmaßnahmen. Der Abschuss könne immer nur die letzte Maßnahme sein. Das Thema Wolf sei immer ein emotionales, aber man müsse da auch den Kopf einschalten. „Der Wolf ist weder eine Bestie, noch ein Kuscheltier und wir müssen die ganze Palette an Maßnahmen anwenden. Sonst muss man gleich sagen, wir wollen einfach den Wolf ausrotten und alle abschießen, aber das wäre dann doch zu einfach.“

Es stelle sich die grundsätzliche Frage: „Wie viel Platz geben wir der Natur in Vorarlberg? Ich bin der Meinung, da ist ein Abschießen alleine zu kurz gedacht“, so Zadra weiter. Der Wolf gelte in Vorarlberg seit 150 Jahren als ausgestorben, sagt Zadra und ergänzt: „Er wurde vom Menschen ausgerottet“.

„Andere wichtige Themen auf den Alpen“

Es gebe zudem noch andere wichtige Themen auf den Alpen, um die man sich dringend kümmern müsse – nämlich die Dürre auf den Alpen durch die Klimakrise, die finanziellen herausfordernden Situationen oder auch die psychischen Belastungen – „wenn wir sehen, wie Höfe auch teilweise wegen Überforderung ins Wanken geraten“, zählt Zadra Probleme der Landwirtschaft auf. „Wenn wir diese Probleme mit derselben Inbrunst angehen würden, wären wir schon einen Schritt weiter.“

Wolfsituation im Land

150 Jahre lang war der Wolf in Vorarlberg ausgerottet bis er 2009 erstmals wieder im Montafon gesichtet wurde. Seit 2017 taucht das Raubtier regelmäßig auf. Heuer sind bereits 22 Nutztiere also Schafe oder Ziegen durch einen Wolf getötet worden. Seither ist die Aufregung groß – besonders die Älpler sind um ihre Tiere besorgt. Vor vier Tagen wurde daher der Entnahmebescheid für einen Schadwolf im Hinteren Klostertal bzw. im Hinteren Silbertal erlassen. Die ÖVP-Regierungsmitglieder haben die Maßnahme am Dienstag gerechtfertigt.

Wallner: Schutz von Alpwirtschaft und Bevölkerung geht vor

Die schnelle Entscheidung für einen Entnahmebeschluss, eigentlich eine Aufhebung der Schonvorschrift, sei richtig gewesen, betonte dagegen zuvor Landeshauptmann Wallner bei der Pressekonferenz nach der Regierungssitzung. Es gehe nicht darum, das Beutetier auszurotten. Bei einem Schadwolf „werden wir aber an einer gewissen Art der Regulierung nicht vorbeikommen, letztlich auch dem Wolf zuliebe“. Der Schutz von Alpwirtschaft und Bevölkerung gehe vor.

Eine Bekämpfung solcher Beschlüsse sei nicht zielführend und würde gesetzliche Maßnahmen nötig machen, sagte er. Diese Möglichkeit halte sich die Landesregierung für den Herbst ohnehin offen, angesichts der „unzufriedenstellenden Rechtslage“, die er als eher behindernd sehe.

Möglichst eng gefasstes Gebiet definiert

Für den Entnahmebescheid wurde ein möglichst eng gefasstes Gebiet definiert, damit genau der gesuchte Schadwolf erlegt wird – der zuerst einmal gefunden werden muss, wie Wallner zu bedenken gab. In diesem Gebiet ist der Jagdberechtigte bzw. das Schutzorgan bis 15. Oktober – dann ist die Alpsaison auch für Schafe beendet – berechtigt, den Wolf zu schießen.

Aus Erfahrungen der Nachbarländer lernen

Auch Landesrat Christian Gantner (ÖVP) stellte klar, dass man den Wolf nicht ausrotten wolle, aber „ein Tier, das keine natürlichen Feinde hat und nicht reguliert werden kann, bringt ein Ungleichgewicht in die Natur.“ In Sachen Wolf gelte es, aus den Erfahrungen der Nachbarländer zu lernen. Herdenschutz sei im alpinen Gelände nur begrenzt sinnvoll, weil Wölfe diesen einfach überspringen könnten. Außerdem sei er eine Kostenfrage. Der Wolf sei nicht mehr gefährdet, aber die Alpwirtschaft sei in Gefahr, so Gantner.

Starke Zuwächse der Population in der Schweiz

In die Regierungssitzung war Wildökologe Hubert Schatz eingeladen worden, um die Landesregierung genau über die aktuelle Situation zu informieren und das weitere Vorgehen zu erörtern. Er berichtete von starken Zuwächsen bei den Quell-Wolfspopulationen in umliegenden Gebieten wie Graubünden, Italien und Deutschland, die insgesamt mehrere tausend Tiere stark sind.

Die Entnahme, also der Abschuss, eines einzelnen „Schadwolfs“ sei für die Population völlig irrelevant. Erfolge sie aber nicht, könne das für die Wölfe insofern problematisch werden, dass sie wieder verhasst würden. Der „Problemwolf“ im Kostertal wird für 16 Nutz- und Wildtierrisse verantwortlich gemacht.

Schatz: Keine unmittelbare Bedrohung für den Menschen

Eine unmittelbare Bedrohung für den Menschen sah Schatz in Vorarlberg aktuell nicht. „Der Wolf ist und bleibt aber ein Raubtier“, das theoretisch gefährlich werden könne, so wie das etwa auch für einen herrenlosen Hund gelte. Er könne Sorgen und Fragen der Menschen nachvollziehen, die wüssten, dass ihn ihrer Gegend ein Wolf lebe.