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Abschuss eines Wolfes ist kein leichtes Unterfangen

Am Freitag ist ein sogenannter „Problemwolf“ in den Gebieten Hinteres Klostertal und Hinteres Silbertal zum Abschuss freigegeben worden. Die Jäger sehen sich jetzt mit der Problematik konfrontiert, den betroffenen Wolf überhaupt erst aufzuspüren. Laut Gernot Heigl, Geschäftsführer der Vorarlberger Jägerschaft, ist der Abschuss kein leichtes Unterfangen.

Am Freitagnachmittag ist jener Problemwolf zum Abschuss freigegeben worden, der in den Gebieten Hinteres Klostertal und Hinteres Silbertal für 16 Nutz- und Wildtierrisse verantwortlich gemacht wird. Nach dem jüngsten Wolfsriss von Mittwoch auf Donnerstag auf der Alpe Nenzigast in Klösterle, bei dem zwei Schafe getötet wurden, war das Maß für Landesrat Christian Gantner (ÖVP) „jetzt übervoll“.

„Diese Situation ist für die Vorarlberger Land- und Alpwirtschaft nicht länger hinnehmbar, vor allem in Gebieten, wo Herdenschutzmaßnahmen aufgrund der besonderen, schwierigen Geländeverhältnisse für die Tierhaltenden bzw. Älplerinnen und Älpler nicht zumutbar sind", betont Gantner. „Die Alpwirtschaft ist in Gefahr, es ist nicht der Wolf gefährdet“, stellt er klar.

Wolf kann in einer Nacht rund 50 Kilometer gehen

Die Vorarlberger Jägerschaft sieht sich jetzt mit der Problematik konfrontiert, den sogenannten „Problemwolf“ überhaupt erst aufzuspüren. Allerdings sei gar nicht sicher, ob und wie lange das Tier sich noch in den betroffenen Gegenden im Hinteren Klostertal und Hinteren Silbertal aufhalte.

Wo sich das betroffene Tier aber im Verlauf der letzten Monate aufgehalten hat, könne man relativ genau sagen. Losgegangen sei der „Problemwolf“ Anfang des Jahres in Niederösterreich. Von dort aus sei er über Salzburg und Tirol in die betroffenen Gebiete in Vorarlberg gekommen. „Dieses Tier kann in einer Nacht leicht 50 bis 60 Kilometer zurücklegen“, gibt Heigl zu bedenken.

Abschussfreigabe für „Problemwolf“ erteilt

Die Bezirkshauptmannschaft Bludenz hat die Abschussfreigabe für einen Problemwolf erteilt. Der entsprechende Entnahmebescheid wurde am Freitagnachmittag erlassen. Während die Naturschutzanwaltschaft den Bescheid stark kritisiert, sieht sich die Jägerschaft mit einer ganz anderen Problematik konfrontiert: Der Wolf ist schwer zu finden..

Bejagung und Abschuss können lange dauern

Wölfe seien scheu, intelligent, vornehmlich Nachtjäger und besonders mobil. „Bekannt ist uns eine einzige Sichtung in den letzten Monaten, trotz der zahlreichen Risse, trotz der Ereignisse“, betont Heigl. Dementsprechend schwierig werde es – auch für professionelle Jäger – sein, den von der Bezirkshauptmannschaft Bludenz zum Abschuss freigegebenen Problemwolf aufzuspüren.

„Kärnten hat österreichweit die ersten Abschussverordnungen, Abschussbescheide erhalten“, berichtet Heigl. Bis zum ersten Abschuss habe es rund elf Monate gedauert. „Das zeigt uns schon: Die Bejagung und der Abschuss eines solchen Tieres ist kein einfaches Unterfangen“, betont er. Sollte ein Wolf geschossen werden, gebe es außerdem keine Garantie, ob es wirklich der Richtige gewesen sei. Das könne für den jeweiligen Jäger zum Problem werden. In jedem Fall müsse ein geschossener Wolf aber abgegeben werden.

Gernot Heigl
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Gernot Heigl, Obmann der Vorarlberger Jägerschaft, hält den Abschuss eines Wolfes für kein leichtes Unterfangen

Wölfe haben ihre eigenen Traditionen

Dass es Wölfe gebe, die sich auch von Nutztieren ernähren und andere nicht, liege daran, dass es auch unter Wölfen Traditionen gebe, erzählt Heigl. Das mache diese Wildart so spannend. „Abhängig davon, welches Elternpaar einen Jungwolf aufzieht, werden die Traditionen, die bevorzugten Beutetiere, die Jagdweisen, die Tricks – kann man sagen – weitergegeben“, beschreibt er.

„So können die problematischen Verhaltensweisen entstehen“, erklärt Heigl. In dem vorliegenden Fall habe man es mit einem Wolf zu tun, der gelernt habe, dass Nutztiere leichte Beute seien. Andere Wölfe wiederum würden sich mehr auf Wildtiere spezialisieren und in dem Sinn keine Probleme verursachen, meint Heigl.

Anwältin kritisiert Abschussfreigabe

Naturschutzanwältin Katharina Lins will sich den Entnahmebescheid der Bezirkshauptmannschaft Bludenz genau ansehen, auf den ersten Blick erscheine er wie eine „Hoh-Ruck-Aktion“, weil öffentlich viel Druck gemacht werde. „Es ist nicht okay, einfach aus Prinzip sofort alles abzuschießen, was Wolf heißt. Das geht nicht“, kritisiert sie.

Wenn überhaupt, dann müsse der Bescheid auf den einen Problemwolf lauten, der von Fachleuten für 16 Nutz- und Wildtierrisse im Gebiet Hinteres Klostertal und Hinteres Silbertal verantwortlich gemacht werden kann. Lins zufolge müsse man darüber hinaus genauer hinschauen, was der Begriff „Problemwolf“ bedeute. „Dass ein Wolf frisst, wenn er Hunger hat, macht ihn noch nicht zum Problemwolf“, betont sie. „Das machen alle Lebewesen so“, stellt Lins fest