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Suchtexperte sieht Cannabis-Legalisierung kritisch

Die Pläne der deutschen Bundesregierung, den Anbau und Konsum von Cannabis unter gewissen Bedingungen zu legalisieren, bergen für Philipp Kloimstein sowohl Vor- als auch Nachteile. Man dürfe suchtkranke Menschen nicht kriminalisieren, die Substanz aber auch nicht verharmlosen, so der Leiter des Suchtkrankenhauses Maria Ebene.

Kloimstein bezeichnete im "ZiB2-"Interview das deutsche Modell als mehrfachen Kompromiss, weil viele politische Stimmen am Gesetz mitmischen würden. „Aber es bewegt sich was, was man aus suchtmedizinischer Seite mal begrüßen kann und muss“, so der Leiter des Suchtkrankenhauses Maria Ebene.

Debatte um Cannabis-Legalisierung

In Deutschland sollen laut Gesetzesentwurf ab kommendem Jahr Menschen ab 21 Jahren unter gewissen Bedingungen Cannabis anbauen und konsumieren dürfen. Jetzt stellt sich die Frage, ob Österreich nachziehen wird – ein für viele schwieriger Balance-Akt.

Legalisierung nicht Allheilmittel

Der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will mit der Legalisierung den Schwarzmarkt eindämmen, die Drogenkriminalität bekämpfen und den Gesundheitsschutz erhöhen, weil künftig nur noch kontrolliertes Cannabis abgegeben werden soll. Kloimstein gibt zu bedenken: „Legalisieren heißt nicht, dass die Substanz ungefährlich, harmlos wird. Wir haben jetzt schon Menschen, die erkrankt sind, und die werden nicht plötzlich gesund, weil man legalisiert.“

Philipp Kloimstein
ORF
Primar Philipp Kloimstein spricht sich gegen eine Kriminalisierung von Menschen aus, die Cannabis konsumieren.

Mit der Legalisierung auch das Kriminelle wegzubringen, sei nicht zu hundert Prozent möglich, sagte Kloimstein. „Viel wichtiger ist eigentlich bei dieser Debatte, dass man sozusagen nicht die Menschen, die Konsumenten kriminalisiert.“ 30 bis 40 Prozent der Bevölkerung haben nach Angaben des Primars schon einmal gekifft. Rund sieben Prozent würden regelmäßig Cannabis konsumieren und in der Folge auch eine Abhängigkeitserkrankung entwickeln.

Primar hätte sich mehr Jugendschutz gewünscht

Problematisch sieht Kloimstein die Altersgrenzen, die der deutsche Plan vorsieht. Schon von 18 bis 21 Jahren soll es nämlich eine Abgabe von Cannabis in reduzierten Mengen geben – ab 21 Jahren dann unbeschränkt. In Sachen Jugendschutz hätte Kloimstein auf einen mutigeren Schritt gehofft: „Die Entwicklung – insbesondere die Gehirnentwicklung, aber auch die soziale Entwicklung – von Menschen, die geht natürlich länger. Und da wäre es altersmäßig natürlich besser, wenn man es hochsetzen würde.“

Psychiater Kloimstein über legales Cannabis

Psychiater und Suchtexperte Philipp Kloimstein, ärztlicher Leiter des Sucht-Krankenhauses Maria Ebene in Frastanz, spricht über die in Deutschland geplante teilweise Legalisierung von Cannabis.

Für den Suchtexperten wäre eine Grenze von 25 Jahren sinnvoller. Mit ihrem aktuellen Plan bewege sich die deutsche Bundesregierung eher am unteren Limit. Fakt sei, dass Cannabis-Konsum die Wahrscheinlichkeit von Psychosen erhöhen könne, so Kloimstein. Das habe mit dem gestiegenen THC-Gehalt in Cannabis zu tun.

Vorarlberger „Cannabis-Tourismus“ denkbar

Sollte die Legalisierung in Deutschland ab dem kommenden Jahr tatsächlich wirksam werden, erwartet sich Kloimstein auch Auswirkungen auf Vorarlberg. Aufgrund der Nähe zur Grenze sei es möglich, dass Menschen schnell nach Lindau fahren und dort legal Cannabis konsumieren.

„Aber ganz klar muss man sagen: Es gibt jetzt schon ganz viele Menschen, die Cannabis konsumieren, obwohl es illegal ist. Das heißt, es gibt auch in Österreich Wege, an Cannabis heranzukommen. Und da werden jetzt nicht alle plötzlich nach Deutschland reisen. Es fliegen ja auch jetzt nicht schon alle nach Amsterdam, wo es schon seit vielen Jahren möglich wäre“, betonte der Primar.