Gemeindeamt Fußach
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Chronik

Anklage wegen Amtsmissbrauchs in Fußach

Nachdem der Vorarlberger Landesrechnungshof (LRH) 2021 in der Gemeindeverwaltung in Fußach grobe Mängel und Misswirtschaft aufdeckte, hat die Staatsanwaltschaft Feldkirch nun Anklage erhoben. Diese richte sich gegen zwei Personen wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt und des Vergehens der Untreue, so Sprecher Heinz Rusch auf APA-Nachfrage.

Bei den Betreffenden dürfte es sich um den ehemaligen Bürgermeister der 4.000-Einwohner-Gemeinde und einen ehemaligen Gemeindemitarbeiter handeln. Eine Bestätigung gab es dafür bisher nicht. Dietmar Nussbaumer, Sprecher des Landesgerichts, erklärte, die Anklage sei eingebracht. Diese sei aber noch nicht allen Verfahrensbeteiligten zugestellt, daher könne er inhaltlich keine Auskunft erteilen.

Der Fall hatte großes Aufsehen erregt. Neben dem Ausmaß der Misswirtschaft nahm die Öffentlichkeit vor allem mit Kopfschütteln zur Kenntnis, dass Kontrollmechanismen offenbar über Jahre versagt hatten. Auch der Kontrollausschuss des Landtags befasste sich in der Folge mit dem Fall. Der langjährige Bürgermeister betonte vor dem Gremium, von all dem nichts gewusst zu haben. Bei einem Schuldspruch könnte den Angeklagten eine Freiheitsstrafe zwischen einem und zehn Jahren drohen, auch aufgrund des hohen Schadens, der bei über 500.000 Euro liegen soll.

Weitere Verfahren könnten folgen

Nach APA-Informationen ist in der Anklage der Komplex um die Veranlagungen abgespaltet worden, damit könnten in der Causa noch weitere Verfahren folgen. Zudem sollen sich die Ermittlungen der Behörden aufgrund der großen Datenlücken schwierig gestaltet haben, viele Vorgänge waren offenbar schlichtweg nicht beweisbar. Der Prüfzeitraum des Rechnungshofs begann mit dem Jahr 2016, die Missstände sollen aber weiter zurückreichen. Der ehemalige Bürgermeister, der im Herbst 2020 nicht mehr zur Gemeindevertretungswahl antrat, brachte im Sommer 2020 eine Sachverhaltsdarstellung bei der zuständigen Strafbehörde ein. Er hatte von Auffälligkeiten bei Gehaltsauszahlungen erfahren. Daraufhin wurde der Rechnungshof tätig.

Trotz Spekulationsverbots Aktienankäufe um 17 Mio. Euro

Der Prüfbericht für die Jahre 2016 bis 2019 fiel verheerend aus: Der Ortschef hatte den Finanzleiter demnach ohne erforderliche Befugnis durch die Gremien vor vielen Jahren mit der Wertpapierveranlagung betraut. Trotz des seit 2014 geltenden Spekulationsverbots für Gemeinden tätigte der Finanzleiter weiter unzulässige Aktien- und Fondsankäufe um über 17 Mio. Euro. Teilweise wurden sogar Tilgungen laufender Fremdwährungskredite ausgesetzt und die dafür bestimmten Mittel für spekulative Ankäufe verwendet. Der Finanzleiter verkaufte den gesamten Wertpapierbestand in Höhe von 8,5 Mio. Euro im Herbst 2019 im Alleingang. Der Verlust belief sich auf 1,8 Mio. Euro. Zwar ergab sich laut LRH seit 2014 insgesamt ein positives Veranlagungsergebnis, allerdings wurden für Kapitalerträge keine Steuern abgeführt, weshalb unterm Strich eine negative Rendite blieb. Laut Rechnungshof-Direktorin Brigitte Eggler-Bargehr wies Fußach zwar insgesamt gute Finanzkennzahlen auf, sie sah aber großen Handlungsbedarf für Aufarbeitung und Neuaufstellung.

LRH: Grundsätzliche Prinzipien missachtet

Zur Organisation der Gemeinde stellte der Rechnungshof fest, dass „grundlegende Prinzipien einer transparenten, nachvollziehbaren und rechtskonformen Verwaltung missachtet wurden, sei es aus Unkenntnis oder Überforderung, teilweise sogar bewusst“. Die Liste der Mängel war lang: Personalakten waren unvollständig oder fehlten, Beschäftigte wurden nicht bei der Sozialversicherung gemeldet oder per Wertgutschein bezahlt, zur Prüfung nötige Unterlagen wurden privat oder gar nicht aufbewahrt. Dazu kamen hohe Summen für Überstunden, die sich der Finanzleiter zusätzlich zu seinem bereits mit großzügigen Zulagen ausgestatteten Gehalt selbst ausbezahlte. Der Mann, der laut LRH über Jahre ohne jede Kontrolle agieren konnte, habe praktisch an jedem Wochentag Überstunden geschrieben, auch an Sonn- und Feiertagen, halben Urlaubstagen oder Tagen mit einer Krankmeldung. Die Staatsanwaltschaft nahm in der Folge Ermittlungen auf.

„Knochenjob“ übernommen

Der heutige Fußacher Bürgermeister Peter Böhler sprach gegenüber der APA am Freitag von einem „Knochenjob“, den er im Herbst 2020 übernommen hatte. Die Verwaltung sei nach dem Wechsel am Boden gelegen, viele Mitarbeitende hätten die Gemeindeverwaltung verlassen. Man sei nun aber auf gutem Weg, die 46 Empfehlungen des Landesrechnungshofs umzusetzen. „Es hat uns extrem beschäftigt, das aufzuarbeiten“, sagt er.

„Die Mängel sind jetzt behoben“, so Böhler am Freitag, „Wir haben aber weiter große Löcher in den Akten, und das wird auch so bleiben.“ Man habe sich intensiv und erfolgreich bemüht, jenes Wertpapier, das 2019 in Panik verkauft wurde und den größten Einzelverlust verursacht habe, von der Bank mit dem OK des LRH um einen Cent zurückzukaufen. Nun sehe es danach aus, dass das damalige Trash-Papier eventuell doch noch werthaltig sein könnte. Man bemühe sich also auf allen Fronten um Schadensbegrenzung. So werde sich die Gemeinde auch als Privatkläger beim Gerichtsverfahren anhängen, kündigte Böhler an.