Prozess
ORF Vorarlberg
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Chronik

Ehefrau ermordet: Lebenslange Haft

Ein 37-Jähriger ist am Dienstagnachmittag am Landesgericht Feldkirch wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Er hatte im August des Vorjahres seine Ehefrau in Bludenz mit mehr als 30 Messerstichen getötet.

Der mehrfach Vorbestrafte hat die Tötungsabsicht vor Gericht bestritten, die Geschworenen folgten aber den Ausführungen der Staatsanwaltschaft und befanden ihn einstimmig für schuldig.

Die Verteidigerin führte aus, ihr Mandant sei geistig minderbemittelt und habe eine Persönlichkeitsstörung. Die Staatsanwältin sagte in ihrem Schlussplädoyer, auch wenn der Angeklagte wiederholt versucht habe, die Tat abzuschwächen, sei diese so klar vom Mordvorsatz getrieben, dass kein anderes Urteil in Frage kommen könne. Der Angeklagte habe die Frau als seinen Besitz gesehen und ohne jedes Mitleid für sie oder die Kinder gehandelt, so die Staatsanwältin.

Den drei Kindern, die der Angeklagte mit dem Opfer hatte, wurde Trauerschmerzengeld in Höhe von insgesamt 60.000 Euro zugesprochen. Der Angeklagte haftet laut Urteil auch für Folgeschäden. Dem Bruder des Opfers sprach das Gericht 5.000 Euro zu. Die Verteidigung erbat Bedenkzeit. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

An der Wohnungstür zugestochen

Der Angeklagte hatte am 30. August 2022 auf seine jüngste Tochter aufgepasst und sie am Abend mit dem Kinderwagen zu seiner getrennt lebenden Frau gebracht. An der Wohnungstür stach der Mann dann zu. In der Einvernahme gab er an, dass Drogen und Alkohol ihn aggressiv machen und alle Probleme mit seinem Suchtgift-Konsum zusammenhängen würden.

Erst als die Staatsanwältin konkret fragte, warum die 32-Jährige sterben musste, antwortete er: weil sie fremdgegangen sei. Der Angeklagte bestritt vor Gericht die Tötungsabsicht. Er habe die Frau verletzen, nicht töten wollen.

Gewalttätige Vorgeschichte

Das zehnjährige Zusammenleben des Paares, das drei gemeinsame Kinder hat, war laut Polizei von Gewalt geprägt. So wurde gegen den Mann seit 2015 viermal ein Betretungs- und Annäherungsverbot ausgesprochen, zudem bestand ein Waffenverbot. Der Angeklagte hatte elf Vorstrafen, alle zum Nachteil seiner Freundin und späteren Frau, wie die Richterin betonte. Zuletzt saß er im Gefängnis und hatte ihr sogar per SMS mit dem Tod gedroht.

Der damals 36-jährige Mann stach am 30. August 2022 im Eingangsbereich ihres Wohnhauses mehrfach auf seine aus Rumänien stammende Frau ein. Die 32-Jährige starb trotz Reanimationsversuchen an Ort und Stelle. Laut Polizei zeigte sich der Verdächtige in der ersten Vernehmung geständig – mehr dazu in Femizid in Bludenz: Tatverdächtiger Ehemann vor Gericht (vorarlberg.ORF.at).

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Frau in Bludenz erstochen
Dietmar Mathis
Frau in Bludenz erstochen
Dietmar Mathis
Frau in Bludenz erstochen
Dietmar Mathis

Geschworenengerichte bei schweren Straftaten

Geschworenengerichte werden bei der Verhandlung von besonders schweren Straftaten eingesetzt. Ein Geschworenengericht setzt sich aus drei Berufsrichtern sowie acht Geschworenen zusammen. Anders als Schöffen üben die Geschworenen das Richteramt während der Hauptverhandlung nicht in vollem Umfang aus, sie sind auch durch die Sitzordnung von den Berufsrichtern getrennt (daher: „Geschworenenbank“). Die Entscheidung über die Schuld treffen die Geschworenen allein: Dabei beurteilen sie, ob der Angeklagte schuldig oder unschuldig ist und stimmen erst im Fall eines Schuldspruchs gemeinsam mit den Berufsrichtern über die Art und Höhe der Strafe ab.

Mord wird in Österreich mit einer Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

Heuer bereits zwölf Femizide in Österreich

In Österreich gab es (Stand 15.6.2023) in diesem Jahr laut Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF) 14 Morde an Frauen, davon zwölf Femizide. Bei einem Mordfall war die Frau die mutmaßliche Täterin, bei einem weiteren Mordfall gilt das Opfer als Zufallsopfer. Die Zählung der AÖF inkludiert auch Fälle von sogenanntem „erweiterten Suizid“, wo der Tatverdächtige mutmaßlich zuerst die Frau getötet hat und danach sich selbst.

Was ist ein Femizid?

Femizid ist die vorsätzliche Tötung einer Frau durch einen Mann aufgrund ihres Geschlechts bzw. aufgrund von „Verstößen“ gegen die traditionellen sozialen und patriarchalen Rollenvorstellungen, die Frauen zugeschrieben werden. Die Definition geht auf die südafrikanische Soziologin und Autorin Diana Russell zurück, die 1976 eine der ersten war, die den Begriff verwendete.