Kind sitzt auf Spielplatz
imago images/Thomas Eisenhuth
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soziales

Engpässe bei der Hilfe für Kinder und Jugendliche

Immer mehr junge Menschen leiden unter psychischen Problemen. Das geht aus dem am Mittwoch präsentierten Tätigkeitsbericht der Vorarlberger Kinder- und Jugendanwaltschaft hervor. Dem Bericht zufolge gibt es auch weiterhin personelle Engpässe im Kinder- und Jugendhilfesystem. Die Wartezeiten seien länger geworden.

Diese Engpässe im Kinder- und Jugendhilfesystem führten unweigerlich zu Verzögerungen in der Fallbearbeitung, so Vorarlbergs Kinder- und Jugendanwalt Christian Netzer bei der Präsentation des Berichts. Für junge Menschen mit psychischen Problemen, die ambulante Hilfe benötigen oder im stationären Bereich untergebracht werden sollen, habe sich die Wartezeit aufgrund steigender Fallzahlen verlängert.

Netzer: Stress für junge Menschen wird mehr

Immer mehr junge Menschen würden unter psychischen Problemen leiden, sagte Netzer. Er führte dies auf die allgemeine gesellschaftliche Entwicklung zurück. Der Stress, der auf Kinder und Jugendliche wirke, werde mehr. Dieser Stress werde aber oft vom Umfeld nicht als sicher wahrgenommen – und dieses „Nicht-gesehen-werden“ verschärfe die Probleme weiter.

Angebote in manchen Regionen vorübergehend ausgesetzt

In einzelnen Regionen habe in den vergangenen Monaten aufgrund von Arbeitsüberlastung die Bearbeitung von Fällen im Unterstützungsbereich – dabei handelt es sich um die Vorbeugung von Gefährdungen – vorübergehend ausgesetzt werden müssen.

Gewisse Angebote seien deshalb manchen Familien nicht zugänglich gewesen, bedauerte Netzer. Er empfahl, den Präventionsbereich zu stärken und zu prüfen, ob die zur Verfügung stehenden Plätze im stationären Bereich tatsächlich ausreichen.

Engpässe im Kinder- und Jugendhilfesystem

Immer mehr junge Menschen leiden unter psychischen Problemen. Das geht aus dem am Mittwoch präsentierten Tätigkeitsbericht der Vorarlberger Kinder- und Jugendanwaltschaft hervor. Dem Bericht zufolge gibt es auch weiterhin personelle Engpässe im Kinder- und Jugendhilfesystem. Die Wartezeiten seien länger geworden.

Jugendliche gelangten leichter an Alkohol

Für Jugendliche war es im vergangenen Jahr offenbar auch wieder leichter, an Alkohol heranzukommen. 2022 wurden im Handel und an Tankstellen 253 Alkohol-Testkäufe durchgeführt. Jugendlichen im Alter von 14 bzw. 15 Jahren gelang es dabei in 108 bzw. 42,7 Prozent der Fälle, gebrannte alkoholische Getränke zu erhalten. Laut Kinder-und Jugendgesetz dürfen diese nur an volljährige Personen abgegeben werden. 2019 lag die Quote noch bei 13,1 Prozent, 2021 bei 31,7 Prozent.

Bei 108 Nikotin-Testkäufen wurden in 33 Fällen (35,1 Prozent) Tabak- oder Nikotinprodukte an Jugendliche ausgehändigt. Diese Abgabenquote hat sich gegenüber den Vorjahren (2020 und 2021: 35,9 Prozent) praktisch nicht verändert. Netzer sprach sich diesbezüglich sowohl für wiederholte Schulungen des Verkaufspersonals als auch für die Durchführung von Verwaltungsstrafverfahren aus.

Kinder- und Jugendanwalt im Interview

Im Gespräch mit ORF-Redakteur Martin Kopf sagt Kinder- und Jugendanwalt Netzer, dass die Zunahme an psychischen Problemen bei Kindern und Jugendlichen nicht nur auf die Pandemie zurückzuführen sei.

Netzer: Corona hat das Ganze vermutlich beschleunigt, aber es ist der gesellschaftlichen Entwicklung geschuldet. Dieser zunehmende Stress auf die Jugendlichen, auf die Kinder, der von außen oft nicht als solcher wahrgenommen oder nicht akzeptiert wird. Das potenziert es dann in den Jugendlichen und Kindern, das Nicht-gehört-werden, nicht ernstgenommen werden.

ORF: Umso wichtiger wäre es, dass man Hilfe anbieten kann. Im Bericht heißt es aber, wegen Personalengpässen müsse die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen oft ausgesetzt werden. Gibt es eine Region, in der sich das Problem besonders manifestiert?

Netzer: Mittlerweile konnten alle Regionen diese Arbeit wieder aufnehmen oder über gewisse Auslagerungen diese Tätigkeiten abgeben. Der Hotspot war zuletzt sicher im Raum Feldkirch. Auch aufgrund der Personalsituation. Aber auch die anderen Regionen, Bezirkshauptmannschaften und Kinder- und Jugendhilfen sind betroffen von diesen fehlenden Personalressourcen.

ORF: Wie kann das Problem gelöst werden? Muss man einfach mehr Geld in die Hand nehmen, mehr Personal einstellen?

Netzer: Ich glaube, das alleine – Geld und Personal – macht es noch nicht. Ich glaube, man muss sich gut überlegen, wo setzt man das ein. Und es gilt Präventionsprojekte entsprechend zu evaluieren. Ich glaube, dieser Wettbewerb um das Personal wird vermutlich nicht zielführend sein. Uns fehlen Sozialarbeiter und Psychologinnen in allen Bereichen. Es nützt nichts, wenn wir die von einem Bereich in den anderen schaufeln und dort wieder die nächste Lücke auftun.

Hilfe im Krisenfall

Die Psychiatrische Soforthilfe bietet unter 01/313 30 rund um die Uhr Rat und Unterstützung im Krisenfall. Die österreichweite Telefonseelsorge ist ebenfalls jederzeit unter 142 gratis zu erreichen.