Garderobe in Kindergarten
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Politik

Diskussion um Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung

Vorarlberger Eltern haben weiterhin keinen Rechtsanspruch auf eine Kinderbetreuung – so steht es im Gesetzentwurf. Der Österreichische Gewerkschaftsbund fordert den Rechtsanspruch schon seit Langem, wie ÖGB-Vizepräsidentin und Bundesfrauenvorsitzende Korinna Schumann im Interview sagt.

ORF Vorarlberg: Frau Schumann, am Donnerstag ist in Vorarlberg ein der Entwurf eines neuen Kindergartengesetzes präsentiert worden und da hat es dann auch gleich Kritik gegeben – unter anderem, weil es weiterhin keinen Rechtsanspruch auf eine Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr gibt. Braucht es das? Sehen Sie das auch so?

Schumann: Also für uns als Sozialpartner ist der Rechtsanspruch auf einen leistbaren Kinderbildungsplatz für jedes Kind ab dem ersten Lebensjahr ein großes Ziel. Es ist notwendig für die Eltern. Es ist notwendig, die Sorgen zu nehmen, auch den Müttern, vor allem bei der Frage der Vereinbarkeit. Es wäre gut für die Kinder, weil sie Bildung erhalten, in bester Form, und es wäre auch ganz, ganz wichtig, um die Regionen zu stärken. Also unser Ziel ist die Umsetzung des Rechtsanspruchs. Natürlich – jeder Schritt, der gesetzt wird, um Kinderbildungseinrichtungen auszubauen, ist ein wichtiger. Aber mit einem Rechtsanspruch braucht man sich keine Sorgen mehr zu machen – der Platz für mein Kind ist da.

ORF Vorarlberg: Für einen Rechtsanspruch braucht es aber natürlich mehr Personal. Woher soll das kommen? Weil derzeit gibt es ja nicht genug Personal.

Schumann: Also es braucht mehr Personal, das ist ganz klar. Besonders jetzt sind ja die Beschäftigten im elementarpädagogischen Bereich ganz besonders belastet. Also wir fordern eine Ausbildungsoffensive und wir fordern natürlich auch mehr Geld. Eine Milliarde plus, damit man den elementarpädagogischen Bereich ausbauen kann.

Korinna Schumann
Kreutzer
ÖGB-Vizepräsidentin und Bundesfrauenvorsitzende Korinna Schumann

ORF Vorarlberg: Weil sie sagen, man muss mehr Geld in die Hand nehmen, müssen auch die Löhne erhöht werden für die Menschen, die in diesen Bereichen arbeiten?

Schumann: Das ist sicher ein Faktor, aber ein genauso wesentlicher Faktor sind die Arbeitsbedingungen. Viele sagen, sie seien am Limit, sie können nicht mehr. Corona hat von den Beschäftigten gerade in diesem Bereich alles abverlangt. Viele überlegen einen Berufswechsel, weil die Belastungen zu hoch waren. Wir fordern ein bundeseinheitliches Rahmengesetz, das die Bedingungen in den elementarpädagogischen Einrichtungen regelt. Es braucht kleinere Gruppengrößen, und jetzt in der Situation braucht es zusätzliches Unterstützungspersonal. Damit die Pädagoginnen ihrer wirklichen Arbeit nachgehen können und nicht mit Verwaltungsaufgaben überhäuft werden.

ORF Vorarlberg: Jetzt haben die Elementarpädagogen österreichweit diese Woche auf die Mängel in ihrem Bereich aufmerksam gemacht. Auch hier in Vorarlberg hat es geheißen, sehr viele gehen in den nächsten Jahren in Pension. Da kommt eine richtige Pensionswelle auf uns zu. Das heißt man muss jetzt reagieren, nicht wenn es dann zu spät ist.

Schumann: Völlig richtig. Wir wissen um die demografische Entwicklung. Jetzt müssen wir wirklich eine Ausbildungsoffensive machen. Das ist ganz wesentlich. Und wir wissen, dass in Zukunft sehr viele Beschäftigte fehlen werden. Der Beruf muss attraktiv gestaltet werden. Wir sehen leider von der Bundesregierung, dass das nicht so ist. Gerade die elementare Pädagogik war ein sehr vergessener Bereich in der Pandemiebekämpfung und sehr schwierig für die Beschäftigten, weil sie konnten nicht mit Maske arbeiten. Mit kleinen Kindern kann man nicht mit Masken arbeiten. Das Ansteckungsrisiko war deswegen noch einmal höher.