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APA/dpa
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Politik

Kinderbetreuung: Land weist Kritik zurück

Oppositionsparteien und Personalvertreter haben den für Donnerstag angesetzten Gesprächstermin mit Landesrätin Barbara Schöbi-Fink (ÖVP) zum Begutachtungsentwurf des neuen Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz boykottiert. Diese weist die Kritik zurück.

Am Donnerstag hätte ein abschließendes Gespräch zum Begutachtungsentwurf des neuen Kinder- Bildungs- und Betreuungsgesetz stattfinden sollen – aber bereits am Mittwoch hatte die Landesstatthalterin zu einem anschließenden Medientermin eingeladen. Außerdem wurde bekannt, dass bereits am Donnerstagmorgen um 8.00 Uhr die Bürgermeister über den Entwurf informiert wurden. Dieser „Schlag ins Gesicht“ beweise die Geringschätzung von Schöbi-Fink gegenüber den Oppositionsparteien und den Vertretern des Personals. Man habe sie vor vollendete Tatsachen gestellt und sei nie an einer gemeinsamen Lösung interessiert gewesen, deshalb werde das Gespräch boykottiert.

„Wir Oppositionsparteien und Systempartner:innen haben uns erwartet, dass der aktuelle Entwurf debattiert wird und unsere Verbesserungsvorschläge und Anliegen angehört, diskutiert und entsprechend eingearbeitet werden. Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den Anregungen der Institutionen und Oppositionsparteien ist damit nicht möglich bzw. war diese wohl auch nie geplant. Diese Arbeitsweise der Landesstatthalterin ist untragbar und eine grenzüberschreitende Geringschätzung gegenüber dem Prozess und der aktiven Mitarbeit aller Systempartner:innen! Daher werden wir heute geschlossen die Sitzung boykottieren", heißt es in einem gemeinsamen Statement von FPÖ, SPÖ, NEOS, Kinderbetreuung Vorarlberg gGmbH und Younion Daseinsgewerkschaft.

Kinderbildungsgesetz präsentiert

Die Landesregierung hat heute einen Gesetzesentwurf zum neuen Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz präsentiert. Ein Kernprojekt der schwarz-grünen Koalition. Die Regierung spricht von einem Meilenstein, wenn es darum geht, Familie und Beruf vereinbaren zu können. Die Opposition sieht das naturgemäß anders und ist auch noch aus einem anderen Grund ziemlich sauer.

„Mehr als 40 Termine und Einzelgespräche“

Schöbi-Fink weist im ORF Vorarlberg-Interview die Kritik zurück. Bei den Beratungen zum neuen Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz habe es in den vergangenen zwei Jahren mehr als 40 Termine gegeben. In vielen Einzelgesprächen habe man Anregungen zum Entwurf aufgenommen. Ziel sei es, möglichst rasch in die Begutachtungsphase einzutreten. Dann sei die Diskussion noch einmal eröffnet und jede Bürgerin und jeder Bürger könne eine Stellungnahme abgeben.

Keine Einbindung der Systempartner

Bereits 2018 hat der Landtag beschlossen, dass die Kinderbetreuung im Land durch ein neues Gesetz geregelt werden soll, welches unter Einbindung aller Systempartner ausgearbeitet werden soll. Bea Madlener-Tonetti vom Landesverband der privaten Betreuungseinrichtungen sagt nun, dass diese Einbindung nicht stattgefunden hat. Im Mai und im Juni 2020 sei man jeweils zu Sitzungen eingeladen worden, dann erst jetzt wieder. Zuerst hätte sie sich gefreut, dass endlich eine Arbeitsgruppe alle Einwände diskutiert, sagt Madlener-Tonetti. Nun sei sie sprachlos und massiv enttäuscht.

Auch die Gewerkschaft der öffentlichen Betreuerinnen, die Younion, fühlt sich vor den Kopf gestoßen. Younion-Chef Thomas Kelterer sagt, dem jetzigen Entwurf könne er nicht zustimmen. Vorarlbergs Kinder- und Jugendanwalt Michael Rauch kritisierte den Entwurf bereits am Mittwoch.

Opposition fühlt sich nicht gehört

Auch die Oppositionsparteien fühlen sich nicht gehört. Johannes Gasser von den NEOS kritisiert, dass der Landtagsbeschluss nicht umgesetzt wurde. Manuela Auer von der SPÖ vermisst die Vision. Und Andrea Kerbleder von der FPÖ sieht eine Geringschätzung aller Systempartner im Land.

Kein Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung vorgesehen

Der präsentierte Gesetzesentwurf sieht keinen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung vor. Allerdings erhalten Gemeinden einen Versorgungsauftrag. Dieser gilt ab dem Schuljahr 2023/2024, zunächst aber nur für die Drei- bis Fünfjährigen, und zwar von 7.30 Uhr bis 17.30 Uhr. Ein Jahr später, im Schuljahr 2024/2025, weitet sich der Versorgungsauftrag auf Volksschüler aus, aber nur noch von 8.00 bis 16.00 Uhr. Und ab Herbst 2025 gilt der Versorgungsauftrag auch für Kinder zwischen zwei und drei Jahren. Sie müssen fünf Stunden pro Tag betreut werden können. In welchem Tageszeitraum bleibt aber offen.

„Gesetzesentwurf gleicht einem Blankoscheck“

Wie der Betreuungsschlüssel aussieht, welches Personal benötigt wird und wie die Förderungen geregelt sind, ist dem knapp 60-seitigen Begutachtungsentwurf nicht zu entnehmen. Die Betreuungseinrichtungen und die Gewerkschaft kritisieren, dass alles per Verordnung festgelegt werden soll. Thomas Kelterer von Younion vergleicht deshalb das Gesetz mit einem Blankoscheck. Er könne dem Gesetz deswegen nicht zustimmen.

Forderung nach Gleichbehandlung

Auch der Landesverband der privaten Einrichtungen fordert den Personalschlüssel im Gesetz. Bea Madlener-Tonetti kritisiert nicht nur, dass außer zwei großen Diskussionsrunden und einem Treffen mit Schöbi-Fink kein Austausch mit dem Land stattgefunden hat. Auch inhaltlich habe man die Einrichtungen nicht gehört. Der Landesverband forderte unter anderem im Gesetz, dass sich das Land zur Gleichbehandlung von privaten und öffentlichen Betreuungseinrichtungen bekennt. Und zur Fairness gegenüber den privaten Einrichtungen.

Außerdem sieht sich der Verband als Sprachrohr der Eltern. Aus dieser Sicht sei der Versorgungsauftrag zu lasch formuliert, er verbessere die Situation der Familien nicht. Echte Wahlfreiheit zwischen Familie und Beruf sei zudem nicht gegeben. Denn Familien mit Vätern oder Müttern, die nicht berufstätig sind, werden nicht berücksichtigt. Derzeit könne es sogar vorkommen, dass Kinder wieder aus Betreuungsgruppen genommen werden, weil die Mutter oder der Vater nicht mehr arbeitet. Da gehe es um das Recht des Kindes auf soziale Kontakte.