Frau wirft Kuvert in Wahlurne
APA/Barbara Gindl
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Politik

Lech: Bürgermeisterwahl frühestens Anfang 2022

Nach dem überraschenden Rücktritt von Bürgermeister Stefan Jochum wird es in Lech erneut zu einer Direktwahl des Gemeindeoberhauptes kommen. Bis dahin übernimmt Vizebürgermeisterin Cornelia Rieser die Amtsgeschäfte. Wann die Neuwahl stattfinden wird, soll nächste Woche entschieden werden.

Amtsinhaber Stefan Jochum hatte bei der Gemeindevertretungssitzung am Montagabend überraschend seinen Rücktritt bekanntgegeben. Seinen Schritt begründete er unter anderem mit andauernden persönlichen Angriffen aus der Gemeindepolitik – mehr dazu in: Jochum: „Kann nicht mehr Bürgermeister für Lech sein“.

Jochum hatte erst bei den Gemeindewahlen im Herbst vergangenen Jahres Ludwig Muxel nach 27-jähriger Amtszeit an der Gemeindespitze abgelöst. In der Stichwahl vom 28. September erreichte der 55-Jährige einen Stimmenanteil von 53,56 Prozent. Er hatte sich – als damaliger Standesbeamte von Lech – kurzfristig für eine Kandidatur bei der Bürgermeister-Direktwahl entschieden.

Bürgermeister Jochum
Gemeinde Lech
Jochum bei seiner Erklärung am Montagabend

Kandidaten müssen Gemeindevertreter sein

Nach Jochums Rücktritt muss nun laut dem Vorarlberger Gemeindewahlgesetz wieder in einer Direktwahl ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin bestimmt werden. Einen Wahlvorschlag für die Nachwahl des Bürgermeisters oder der Bürgermeisterin dürfen nur jene Parteien einbringen, die in der Gemeindevertretung vertreten sind.

Sie können einen Kandidaten oder eine Kandidatin aus den Reihen ihrer Gemeindevertreter als Wahlwerber vorschlagen. Das heißt: Nur wer auch Mitglied der Gemeindevertretung ist, kann auch Kandidat werden – also in Lech einer oder eine der 18 Gemeindevertreter oder Gemeindevertreterinnen.

Termin soll in der kommenden Woche bestimmt werden

Dann wird das wahlberechtigte Volk erneut zur Wahlurne gerufen und kann in einer direkten Wahl über einen neuen Bürgermeister oder eine neue Bürgermeisterin entscheiden. Einen Termin für die Direktwahl will die Landesregierung voraussichtlich am kommenden Dienstag festlegen. Die Wahl wird laut Gernot Längle, dem Leiter der Landeswahlbehörde, aber frühestens Anfang des nächsten Jahres stattfinden. Das gehe sich auch aufgrund verschiedener Fristen nicht früher aus.

Sollte sich unter den 18 Gemeindevertretern kein Bürgermeister oder keine Bürgermeisterin finden, könnte die Landesregierung die Gemeindevertretung auflösen und die Menschen in Lech müssten wieder eine neue Gemeindevertretung wählen. Bis dahin würde dann ein sogenannter Amtsverwalter die Gemeindegeschäfte leiten. Wer das sein könnte, ist nicht genau festgelegt. So einen Fall hat es laut Landeswahlleiter Längle aber auch noch nie gegeben.

Gemeinderatswahlen; Stichwahl in Lech
Bernd Hofmeister
Jochum auf dem Weg zur Stimmenabgabe bei der Wahl 2020

Vizebürgermeisterin Cornelia Rieser übernimmt

Am Freitag übergibt Stefan Jochum die Amtsgeschäfte offiziell vorübergehend an Vizebürgermeisterin Cornelia Rieser. Sie übernahm auch die Leitung der Gemeindevertretungssitzung, nachdem Jochum seinen Rücktritt bekanntgegeben hatte. Jochum sprach von einem äußerst emotionalen Moment, nach dem es ihm nicht mehr möglich gewesen sei, die Sitzung weiterzuführen.

Allerdings wunderte er sich darüber, dass Rieser ohne Pause zur Tagesordnung der Sitzung überging – schon als er noch im Raum war. Rieser steht zu ihrer Vorgangsweise, wie sie im ORF-Interview erklärte. Etwa mit dem Rechnungsabschluss sei man schon sieben Monate im Verzug gewesen. Da sei es ihr sinnvoll und wichtig erschienen, dass man das nun entscheide, so Rieser.

„Kommt im Lebensplan nicht vor“

Die Notarin Rieser von der Liste „uf Weg“ wurde Mitte Oktober vergangenen Jahres mit großer Mehrheit zur Stellvertreterin Jochums gewählt. Sie kündigte damals an, das Gemeinsame wieder in den Vordergrund rücken zu wollen. Lech sei auch vor der letzten Wahl nicht ganz konfliktfrei gewesen.

Sie sei es von ihrem Beruf gewohnt, Menschen zusammen zu bringen und Gemeinsamkeiten zu finden und dieses Zeichen habe man auch als Liste setzen wollen, zeigte sich Rieser damals optimistisch. Fix Bürgermeisterin zu werden, komme aber in ihrem Lebensplan nicht vor, so Rieser auf ORF-Nachfrage am Dienstag.

Bürgermeister Stefan Jochum gratuliert der neuen Vizebürgermeisterin Cornelia Rieser
ORF
Rieser mit Jochum nach der Wahl zur Vizebürgermeisterin im Oktober 2020

Vier Fraktionen

Die politischen Verhältnisse in Lech sind mit der Gemeindevertretungswahl im vergangenen Jahr deutlich komplizierter geworden. Traten in der Arlberg-Gemeinde 2015 und 2010 gar keine Listen bei der Gemeindewahl an, so waren es 2020 gleich vier. Neben der „Liste Lech“ (Muxel) standen auch „Unser Dorf“ (Jochum) sowie „Zusammen uf Weg“ und „Zukunft wagen“ zur Wahl.

Die absolute Mehrheit erreichte aber keine der allesamt bürgerlichen Namenslisten. Von den 18 zu vergebenden Mandaten gingen acht an die „Liste Lech“, fünf an „Unser Dorf“, vier an „Zusammen uf Weg“ sowie eines an „Zukunft wagen“. Jochum musste also die Zusammenarbeit suchen, um Mehrheiten zusammenzubekommen.

„Sündenbock für alles“

Aufgrund der besonderen Konstellation in der Gemeindevertretung habe er nur sehr, sehr wenig erreichen können, stellte Jochum ernüchtert fest. „Ich kann nicht mehr Bürgermeister für Lech sein, weil mir die gegenseitige Wertschätzung fehlt, weil ich keine gemeinsame Gesprächsbasis finde und weil ich letztlich deswegen die vielen Ideen und Visionen, die ich – die wir – für Lech hatten, in dieser aktuellen Konstellation niemals umsetzen werde können“, erklärte Jochum seinen Rücktritt.

Trotz all seiner Bemühungen sei es nicht gelungen, eine Kultur des wertschätzenden Umgangs auf Augenhöhe in den politischen Debatten zu etablieren. Vielmehr sei er „zum Sündenbock für alle und für alles geworden“. Besonders großes Streitthema in der Kommune ist – seit Jahren – das neue Gemeindezentrum mit Investitionskosten von 42 Millionen Euro. Die Debatte rund um das Gemeindezentrum sei seine größte politische Enttäuschung gewesen, erklärte Jochum in einer Stellungnahme.