Gastronomie Outdoort Tische nach oben
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Gastronomie erwartet keine große Öffnungswelle

Die Vorarlberger Gastronomie ist nicht zufrieden mit den beschlossenen Lockerungen. Sie rechnet mit keiner großen Öffnungswelle. Ob sich unter diesen Bedingungen eine Öffnung rentiere, sei ungewiss. für die Beschäftigten bleibe die Lage unsicher, kritisierte der Gewerkschaftsbund.

Vorarlbergs Gastronomiebetriebe dürfen ab 15. März Außenbereiche und auch Innenräume für Gäste öffnen. Voraussetzung für den Besuch eines Wirtshauses ist ein negativer Antigen-Schnelltest aus einer Teststraße, der nicht älter als 48 Stunden sein darf. Zudem werden ab Montag wieder Veranstaltungen mit bis zu 100 Personen zugelassen. Als Zutrittsbescheinigungen hierfür sind Selbsttests in digitaler Form gültig – mehr dazu in Lockerungen ab 15. März: „Gewisser Mut gehört dazu“.

Für den Sprecher der Gastronomen, Mike Pansi, bereiten drei Punkte der Öffnungsschritte große Sorgen: dass jeder Gast einen negativen Test haben muss, der Abstand von zwei Metern zwischen den Tischen und die Sperrstunde um 20.00 Uhr. Jeder Wirt müsse für sich die Entscheidung treffen, ob sich eine Öffnung unter diesen Bedingungen überhaupt rentiere, sagte Pansi gegenüber dem ORF Vorarlberg.

Mike Pansi, Fachgruppenobmann Gastronomie in der Wirtschaftskammer Vorarlberg
FREDERICK SAMS
Gastrosprecher Pansi überlässt die Entscheidung zu öffnen dem einzelnen Wirt

„Ich glaube schon, dass man ein bisschen den Druck herausnehmen muss, am 15. März wirklich aufsperren zu müssen. Meine Empfehlung ist da ganz klar, die unternehmerische Entscheidung der Wirtinnen und Wirte voranzustellen: Kann ich mit diesen Maßnahmen aufsperren, funktioniert das und bringt mir das was?“, so Pansi gegenüber ORF Vorarlberg.

„Für viele Betriebe beginnt das Rechnen“

„Dem überwiegenden Teil der Rückmeldungen zufolge geht sich eine Öffnung für viele wirtschaftlich nicht aus“, sagte Mike Pansi, Fachgruppenobmann der Gastronomie, auf APA-Anfrage. Da eine Betriebsöffnung ein, zwei Wochen Vorlaufzeit brauche, sei auch nicht mit einer großen Öffnungswelle am 15. März zu rechnen. Nun beginne für jedes einzelne Unternehmen das Rechnen, ob eine Öffnung betriebswirtschaftlich überhaupt möglich und sinnvoll ist. Sein Telefon jedenfalls läute Sturm.

Wichtiges Signal

Vorarlbergs Gastronomen begrüßten die Öffnung als ersten Schritt, forderten aber ein rasches Nachverhandeln wichtiger Forderungen wie Selbsttests und Abstand von nur einem Meter, so der stellvertretende Fachgruppenobmann in der Wirtschaftskammer, Stefan Köb. So werden die Selbsttests nur für Kultur- und Freizeiteinrichtungen kommen, nicht aber für die Gastronomie.

Die Gastronomievertreter appellieren an alle Betriebe, die Gäste und die Bevölkerung, sich an die Schutzmaßnahmen zu halten. Sollten die Infektionszahlen nicht weiter steigen, wollen sie drei Punkte bis spätestens Ostern nachgebessert haben: die Anerkennung von Selbsttests sowie die Rückkehr zu früheren Regeln, zum Beispiel sechs Gäste an einem Tisch. Zudem wollen sie bis 23.00 Uhr öffnen dürfen.

Den beschlossenen Öffnungsschritten waren zähe Verhandlungen zwischen Bund und Land vorausgegangen – mehr dazu in Gastroöffnung: Schwierige Verhandlungen.

Gastronomieöffnung ohne Mut

ÖGB-Landesvorsitzender Reinhard Stemmer plädiert für weitere Lockerungen bei der Öffnung der Gastronomie. Da sich viele Betriebe überlegen, ob eine Öffnung für sie überhaupt Sinn ergibt, bleibe für die Beschäftigten die Unsicherheit. Viele Fachkräfte würden der Branche mittlerweile endgültig den Rücken kehren, warnt Stemmer. Darum brauche es endlich Maßnahmen, um den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern unter die Arme zu greifen. „Zum Teil sind die ArbeitnehmerInnen in dieser Branche seit einem Jahr arbeitslos. Ihre finanzielle Lage wird immer dramatischer“, warnt Stemmer – mehr dazu in Arbeitslosigkeit steigt weiter (vorarlberg.ORF.at).

Stemmer fordert eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 70 Prozent Nettoersatzrate sowie die Schaffung von Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten.

Wirtschaftsbund: Klassischer Kompromiss

Der ÖVP-Wirtschaftsbund sprach von einem klassischen Kompromiss. Wermutstropfen seien die Sperrstunde um 20.00 Uhr und dass die Antigen-Tests für die Gastronomie in einer Teststraße absolviert werden müssen.

Der Landesobmann der Freiheitlichen, Christoph Bitschi, bezeichnete die verpflichtenden Antigen-Eintrittstests als massive und unnötige Einschränkung. Dass man sich alle zwei Tage testen lassen müsse, um auf einen Kaffee gehen zu dürfen, sei völlig übertrieben angesichts der Tatsache, dass nur 0,1 Prozent der Bevölkerung aktuell CoV-positiv sei, sagte Bitschi.

Kickl: „Murks der Sonderklasse“

FPÖ-Klubchef Herbert Kickl ortete am Mittwoch wegen der Testpflicht einen „Murks der Sonderklasse“ und einen „Schildbürgerstreich“. Es handle sich um die weitere „Etablierung eines Bestrafungs- und Überwachungssystems“, so Kickl in einer Aussendung.

„Um am öffentlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben teilzunehmen, brauchen die Bürger bald ein mehr als 100 Seiten starkes Handbuch“, meinte Kickl. „Warum einfach, wenn es kompliziert auch geht.“ Es zeige sich einmal mehr, „wie lebensfremd“ die Bundesregierung, aber auch Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) aus ihren „Regierungsbunkern“ agierten.