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Chronik

Kritik: Keine Sonderregelung für Kleinwalsertal

Die Reisewarnung Deutschlands ist ein wirtschaftlicher Schock für Vorarlberg, am massivsten spüren ihn die Menschen aber im Kleinwalsertal. Die Enklave ist vom Tourismus stärker abhängig als jede andere Vorarlberger Talschaft. Die Enttäuschung vor Ort ist groß, dass Deutschland keine Sonderregelung für das Kleinwalsertal erlaubt.

80 Prozent der Urlauber im Kleinwalsertal kommen aus Deutschland – den Sommer hat der Kleinwalsertaler Tourismus nach der Zwangspause im Frühjahr noch gut hinbekommen. Aber nach der durch Deutschland ausgesprochenen Reisewarnung für Vorarlberg blicken die Kleinwalsertaler, die durch Deutschland reisen müssen, um in den Rest von Österreich zu kommen, wieder in eine ungewisse Zukunft.

Und das, obwohl das Kleinwalsertal derzeit keinen bestätigten Covid-Fall hat, die Menschen in der Enklave oft viel engere Kontakte ins deutsche Allgäu haben als in den Rest von Vorarlberg und viele Schüler im Allgäu in die Schule gehen.

Ohne Wintertourismus: „Wäre der Super-Gau“

Andi Haid, der Bürgermeister von Mittelberg, versteht nicht, warum für die Talschaft keine Ausnahmeregelung gelten kann. Haid will jedenfalls nicht aufgeben. Grenzangelegenheiten sind Bundessache, „wir sind sehr stark damit beschäftigt mit den Behörden in Deutschland und in Österreich, um hier eine Ausnahme zu erreichen“, so Haid.

Sollte die Situation sich über den Winter nicht ändern, wäre das der „Super-Gau“, sagt Haid: „Das wäre ein wirtschaftlicher Totalschaden.“ Ohne den Wintertourismus komme es zu Betriebsschließungen, bei einzelnen Betrieben zu Entlassungen – „für uns eine unvorstellbare Situation“. Haid appelliert an alle, daran zu arbeiten, dass die Fallzahlen zurückgehen: „Das ist unsere einzige Chance.“

Kleinwalsertal befürchtet Supergau

Das Kleinwalsertal ist von der deutschen Reisewarnung massiv betroffen. Viele Urlauber sind frühzeitig abgereist, Buchungen für den Winterurlaub wurden storniert.

Zahl der aktiv positiv Infizierten gesunken

Immerhin hat sich die Coronavirus-Situation in Vorarlberg zuletzt stabilisiert. Von Freitag auf Samstag (jeweils 16.00 Uhr) wurden laut Landessanitätsdirektion 19 Neuinfektionen registriert. 26 Menschen galten in diesem Zeitraum als wieder genesen. Damit sank die Zahl der aktiv Positiven auf 449 – weitere Details im Dashboard des Landes.

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Wintereinbruch im Kleinwalsertal am Samstag – eine Wintersaison ohne deutsche Touristen wäre für Bürgermeister Andi Haid der „Super-Gau“
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„Politisch nichts geregelt“

Roman Schuster, der Vorsitzende der Fachgruppe der Privatzimmervermieter im Kleinwalsertal, sagt, man habe im Frühjahr nach dem Lockdown Versprechen von österreichischen und deutschen Politikern erhalten, dass so etwas für die Enklave Kleinwalsertal nicht mehr passieren dürfe. „Jetzt – fünf Monate danach – wurde politisch eigentlich nichts geregelt. Wir stehen heute wie damals vor dem Tag X und unsere Sommersaison ist quasi jetzt beendet.“

Schuster: Kann man als Lockdown bezeichnen

Das, was jetzt passiere, könne man als Lockdown bezeichnen, so Schuster. Es habe am Wochenende eine große Abreisewelle gegeben, Stornierungen seien an der Tagesordnung – auch für den Winter schon. Nach der derzeitigen Regelung dürfen Kleinwalsertaler Bürger wie alle anderen Vorarlberger nicht in Deutschland einkaufen, nur dringend notwendige Reisen sind erlaubt.

Damit endet für die Menschen die Bewegungsfreiheit quasi am Ende ihres Tales, es sei denn, sie reisen nur durch Deutschland durch in den Rest Österreichs. „Im Gegenzug – was auch wieder unverständlich ist – dürfen allerdings deutsche Staatsbürger, die im Allgäu beherbergt sind, zum Wandern ins Kleinwalsertal kommen“, so Schuster.

Land strebt Lösung an

Das Land Vorarlberg ist nach eigenen Angaben bereits um eine Lösung bemüht, mit der das Kleinwalsertal eine Sonderregelung erhalten soll. Man habe mit dem bayerischen Innenministerium Kontakt aufgenommen. Allerdings gebe es noch keine entsprechenden Signale aus Deutschland, räumte Landesrat Christian Gantner in den „VN“ ein.

Kurz-Besuch sorgte für Wirbel

Im Frühjahr war das Kleinwalsertal in der Berichterstattung präsent, weil bei einem Besuch von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) unter anderen mit Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) der Mindestabstand von vielen Menschen nicht eingehalten wurde.