Landesrechnungshofdirektorin Brigitte Eggler-Bargehr
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Chronik

Schulnote „Vier bis Vier minus“ für Integra

Der Vorarlberger Landesrechnungshof hat die Integra durchleuchtet und dabei dringenden Handlungsbedarf in der Organisation und beim Kontrollsystem festgestellt. Das Unternehmen soll sogar versucht haben, die Prüfer zu täuschen.

Der Landesrechnungshof sieht die Organisation der Integra sehr kritisch: In Schulnoten bemessen, würde Brigitte Eggler-Bargehr, die Präsidentin des Landesrechnungshofes, der Integra eine „Vier bis Vier minus“ ausstellen, sagte sie am Freitag bei der Präsentation des Prüfberichts. Die Anbieterin von Bildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen entstand 2013 als Verschmelzung von Vorgängergesellschaften. Diese Verschmelzung sei aber nie wirklich umgesetzt worden.

Schlechte Noten für Integra von Landesrechnungshof

Das Sozialunternehmen Integra kommt aus den Schlagzeilen nicht heraus. Der Prüfbericht des Landesrechnungshofs liegt jetzt vor und besagt nichts Gutes.

„Die beiden Geschäftsführer haben diese Bereiche (Arbeit und Bildung, Anm.) fast wie eigene Unternehmen geführt“, so Eggler-Bargehr. „Und jeder hat in seinem Bereich Finanzen und Personal gemacht, obwohl es vielleicht im Organigramm grundsätzlich anders vorgesehen war.“ So seien Verträge zum Teil einzeln unterzeichnet worden – trotz Gesamtvertretungsbefugnis.

„Missachtung grundlegender Buchführungsvorschriften“

Im kaufmännischen Bereich registrierte der Landesrechnungshof einige Mängel, führte Eggler-Bargehr aus: „Wie es der Geschäftsführer selbst benennt, kam es zu ‚hemdsärmeligen Vorgehensweisen‘ – so kann man das wirklich bezeichnen“. Sie nannte die „Missachtung grundlegender Buchführungsvorschriften in mangelnden oder nicht vollständigen Belegen“ und Fehlbuchungen als Beispiele.

Der Landesrechnungshof begrüße es jedenfalls, dass nun ein kaufmännischer Geschäftsführer ausgeschrieben ist – eine Position, die seit 2018 vakant ist. Die Kontrollsysteme gehörten dringend verbessert, so Eggler-Bargehr: Teils hohe Bargeldbestände müssten kleiner werden; die Sozialleistungen seien teils üppig. So habe man Mitarbeitern ein großzügiges Kilometergeld ausbezahlt bzw. ihnen erlaubt, Firmenfahrzeuge für private Zwecke zu nutzen.

Dienstvertrag verändert und rückdatiert

Dass Integra einem verurteilten Straftäter eine zweite Chance geben wollte, ist für den Landesrechnungshof nachvollziehbar. Wenig Verständnis hat die Direktorin aber, dass Integra zwei Hotelübernachtungen für die Eltern des ehemaligen Bereichsleiters zahlte. Der – erwachsene – Mann sei neun Monate zuvor Praktikant bei der Integra gewesen: „Also, dass man dann die Eltern kennenlernt, das haben wir so jetzt noch nicht gesehen“, so Eggler-Bargehr.

Als dann klar war, dass der Mann noch sieben Monate Haft verbüßen musste und sich Integra von ihm trennte, sei es zu falschen Berechnungen gekommen. Außerdem entdeckte der Landesrechnungshof, dass der Dienstvertrag des Bereichsleiters im Nachhinein geändert und rückdatiert worden war.

Probleme bei der Prüfung

Außerdem seien dem Landesrechnungshof im Zuge der Prüfung Steine in den Weg gelegt worden: „Die schriftliche Bestätigung der Geschäftsführer, dass alle Bankkonten und Sparbücher offengelegt wurden, hat nämlich nicht den Tatsachen entsprochen“, so Eggler-Bargehr.

Die Integra war zuletzt immer wieder in die Schlagzeilen geraten. Im Mai war einer der Integra-Geschäftsführer wegen eines Schwarzgeldkontos entlassen worden. Der Mann soll unter anderem private Anonymverfügungen mit Geld der Integra bezahlt haben. Im Jänner war das Unternehmen zudem kritisiert worden, weil es einen verurteilten Millionenbetrüger beschäftigt hatte und bei der Finanzpolizei wegen Unregelmäßigkeiten in der Buchhaltung angezeigt worden war.

Keckeis: Reorganisation eingeläutet

Rainer Keckeis, als Direktor der Arbeiterkammer Vertreter des größten Integra-Gesellschafters, verspricht, den Empfehlungen des Rechnungshofes zu folgen. Bestimmte Missstände – etwa die Nutzung von Dienstautos zu privaten Zwecken – seien schon abgestellt worden. Gleichzeitig stellt er klar: „Das Unternehmen Integra steht gut da, es hat eine unglaublich schnelle Wachstumsphase hinter sich und man hat in dieser Wachstumsphase zu wenig konsolidiert und zu wenig darauf geschaut, dass die internen Abläufe und die Kontrollsysteme mitwachsen.“

Man habe bereits ein externes Unternehmen beauftragt, mit den Mitarbeitern „einen Prozess der internen Reorganisation einzuläuten.“ Verantwortlich für die Missstände sei die Arbeiterkammer nicht. „Wenn ein Schaden entstanden ist, würden wir den Schaden übernehmen. Aber es ist kein Schaden entstanden“, so Keckeis. Der Schaden sei ein Imageschaden, zudem habe es Schwächen im operativen Geschäft gegeben. Dafür sei aber nicht die Arbeiterkammer zuständig, sondern die Geschäftsführer. Einer sei bereits zur Verantwortung gezogen worden, der andere habe gute Arbeit geleistet.

NEOS: „Bild der Verantwortungslosigkeit“

NEOS-Nationalratsabgeordneter Gerald Loacker betont in einer Aussendung nochmals seine eigene Rolle als Aufdecker: „Die Missstände, die ich Anfang dieses Jahres aufgedeckt habe, ließen wenig Gutes über die Vorgänge in der Organisation der Integra erwarten. Der Landes-Rechnungshof unterstreicht das nun eindrücklich." Er spricht von einem „Bild der Verantwortungslosigkeit.“ Die Arbeiterkammer als Hauptgesellschafterin habe ihre Aufsichtsfunktion vernachlässigt.

FPÖ: „Erschreckende Erkenntnisse“

Daniel Allgäuer (FPÖ), Obmann des Kontrollausschusses im Vorarlberger Landtag, spricht von „erschreckenden Erkenntnissen und erheblichen Missständen“, die der Prüfbericht aufgedeckt habe, und kritisiert insbesondere die „bewusst unternommene Täuschung“ der Prüfer. Unternehmen, die „zum überwiegenden Teil über Steuergelder finanziert werden“, hätten auch „ordentlich zu arbeiten“. Allgäuer will jetzt den Kontrollausschuss mit der Angelegenheit befassen.

ÖVP: Gesellschafter haben reagiert

ÖVP-Klubobmann Roland Frühstück unterstreicht die Wichtigkeit der Integra für den Vorarlberger Arbeitsmarkt – insofern mache es auch Sinn, sie mit Steuergeld zu fördern. Die Kritik des Landesrechnungshofs sei von den Gesellschaftern erkannt worden: „Erste Schritte wurden bereits umgesetzt. Diese rasche Reaktion wurde vom Rechnungshof auch positiv goutiert.“ Vonseiten des Unternehmens gebe es die Zusage, die Anregungen rasch umzusetzen.

SPÖ bedauert Mitarbeiter

SPÖ-Clubobmann Michael Ritsch bedauert vor allem die Mitarbeiter der Integra, "die aufgrund der Geschäftsführung und der fehlenden Aufsicht nun mit einem schlechten Image der Integra zu kämpfen haben.“ Der Bericht habe zahlreich Mängel aufgezeigt. Um das zu klären, brauche es eine Sitzung des Kontrollausschusses: „Vor allem die Geschäftsführung und der Vorsitzende der Gesellschafterversammlung haben hier Rede und Antwort zu geben.“