„Focus“

Loslassen und Dranbleiben als Zauberworte

Veränderungen und Umbrüche gehören zum Leben. Trotzdem fällt es oft schwer, sie zu akzeptieren. Psychotherapeutin, Diplom-Psychologin und Bestsellerautorin Bärbel Wardetzki zeigt in dieser Focus-Folge, wie man mithilfe der Zauberworte „Loslassen“ und „Dranbleiben“ konstruktiv mit Wandel umgehen kann.

Auch wenn Veränderungen und Umbrüche zum Leben gehören, fällt es trotzdem oft schwer, sie zu akzeptieren. Denn Neues macht zunächst einmal Angst und fordert dazu auf, sich von Vertrautem und Liebgewonnenem zu verabschieden.

Sendungshinweis: „Focus“ – Themen fürs Leben bei ORF Radio Vorarlberg, 26. März 2022, 13.00 bis 14.00 Uhr

Doch wer an Altem festhält, läuft mitunter Gefahr, im Leid zu verharren. Wer sich stattdessen neugierig auf das Leben einlässt, entwickelt sich weiter, gewinnt Vertrauen und erkennt die Chancen, die sich auftun. Bärbel Wardetzki zeigt, wie man konstruktiv mit Wandel umgehen kann und ihn sogar dafür nutzen kann, das Leben zum Besseren zu wenden. Die Zauberworte heißen Loslassen und Dranbleiben.

Loslassen und dranbleiben sind kein Widerspruch

Im materiellen Sinn sind Loslassen und Dranbleiben ein Widerspruch: Man kann ein Glas schließlich nicht festhalten und gleichzeitig loslassen. Im seelischen Bereich hingegen nicht. „Wenn wir etwas loslassen“, sagt Bärbel Wardetzki, „dann müssen wir auf etwas verzichten, uns von etwas verabschieden und verlieren dadurch Orientierung. Das Dranbleiben ist die Orientierung in etwas Neues.“

Das bedeute auch, sich trotz widriger Umstände nicht aufzugeben, weil man an der Lösung des Problems dranbleibe. Gerade durch den Gegensatz würde man oft in eine neue, kreative, schöpferische Energie kommen und daraus könne dann etwas Neues entstehen, so die Psychotherapeutin weiter. „Das ist die Basis für unsere Wandlungsfähigkeit und dafür, dass wir Veränderungen nicht als etwas Furchtbares erleben, sondern als etwas, das sehr Positives bringen kann“, betont Wardetzki.

Bärbel Wardetzky
Maik Kern
Psychotherapeutin, Diplom-Psychologin und Bestsellerautorin Bärbel Wardetzki

Loslassen funktioniert nicht auf Knopfdruck

Der Tipp „Lass doch los“ sei aber so nicht umsetzbar, denn das Loslassen funktioniere nicht auf Knopfdruck: „Es ist ein Prozess“, so die Psychotherapeutin. „Man muss ganz vielen Gefühlen Raum geben, um überhaupt die notwendige Bereitschaft zum Loslassen zu haben.“

So bedeute Loslassen Schmerz, Angst und könne auch mit Wut oder Freude zu tun haben. Diese Gefühlspalette könne das Loslassen erschweren oder erleichtern, sagt Wardetzki.

Loszulassen falle den Menschen schwer, denn wer loslässt, muss auch die Kontrolle der Situation aufgeben. Letztendlich mache Loslassen Angst, weil man mit einer neuen Situation konfrontiert werde, von der man nicht wisse, ob man sie meistern kann.

Dranbleiben trotz Umbrüchen

Es gebe immer wieder solche Umbruchsituationen, bei denen man zunächst etwas ganz Furchtbares erlebe, bei denen am Ende aber etwas Positives herauskomme. Und hinterher sage man: „Besser hätte es nicht gehen können“. Die Kraft und Zuversicht für die Veränderung, für einen neuen Weg – das ist aus Sicht von Bärbel Wardetzki dieses „Dranbleiben“.

Dranbleiben ist jedenfalls etwas anderes als Festhalten, man will sich nicht loslösen von den bisherigen Vorstellungen. „Festhalten schädigt uns häufig auch selber“, sagt Wardetzky. „Wir kommen dadurch nicht weiter, es bedeutet Stillstand und oftmals hält man an etwas fest, das nicht zielführend oder nicht umsetzbar ist. Wenn wir nicht loslassen, fühlen wir uns zwar sicherer, aber wir wachsen nicht. Lassen wir zu viel los, geht uns die Sicherheit verloren.“ Loslassen führe auch zur Gelassenheit – da steckt das Wort „lassen“ schon drin. Gelassene Menschen erzwingen nicht etwas, das nicht geht.

„Das habe ich noch nie gemacht, also wird es gut!“ ==

Zum Dranbleiben muss man den Sinn in dem, was sich verändert und passiert, erkennen. „Zu wichtigen Veränderungen im Leben braucht es auch Weisheit und auch Mut“, sagt Bärbel Wardetzki. Was den Mut betrifft, hält sie es mit Pippi Langstrumpf, die da sagt: „Das habe ich noch nie gemacht, also wird es gut!“.