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Landwirtschaft

Landwirtschaft zwischen „bio“ und Tierwohl

In letzter Zeit hat der Ruf der Landwirtschaft einiges abbekommen: Verdacht der Tierquälerei und Vorwürfe, dass illegal mit Medikamenten gehandelt wurde. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nach wie vor. Müsste die Landwirtschaft also neu gedacht werden? Im Gespräch mit Vorarlberger Landwirten wird deutlich, dass „bio“ nicht für alle der einzige Ausweg ist.

Elmar Weissenbach ist Biobauer seit der ersten Stunde. Er gehört zu den Pionieren der Bio-Landwirtschaft in Vorarlberg. 1987 hat er den Hof in Götzis übernommen. Vor einem Jahr hat er an seinen Sohn übergeben. Beide haben der konventionellen Landwirtschaft den Rücken gekehrt.

„Ich habe immer schon eine Aversion gegen Gift gehabt – Gift jeglicher Art, aber wenn die Umweltgifte immer mehr werden, dann muss man sich in Acht nehmen“, sagt der Senior-Biobauer. „Es bleibt zu hoffen, dass das Gift großteils von der Natur abgearbeitet wird“, ergänzt sein Sohn.

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Könnten alle auf „bio“ umstellen?

„Wir arbeiten nicht mit Gift“, kontert Manuel Böckle. Seit zehn Jahren bewirtschaftet er einen Hof in Meiningen mit 60 Milchkühen und bemüht sich, sauber zu arbeiten. „Ja, wenn wir alle bio wären! Das wäre sowieso gar nicht machbar, weil erstens könnte man die Weltbevölkerung gar nicht so ernähren – ein Biobetrieb braucht fast Doppelte an Fläche mit dem gleichen Viehbestand“, meint Böckle. „Als Landwirt musst du auch denken wie ein Unternehmer. Du musst schauen, dass du deine Kredite getilgt bekommst. Von Luft und Liebe kann man halt nicht leben.“

Landwirtschaftskammer-Präsident zu Wandel in der Landwirtschaft

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Der Handel hat die Landwirtschaft in der Hand

Alle zwei Tage exportiert Böckle 3.000 Liter Milch nach Ravensburg im benachbarten Deutschland, denn bei der Vorarlberger Milch bekomme er pro Liter bis zu 0,10 Euro weniger. „Das Problem liegt bei uns im Land halt an der Politik und am Handel. Der Handel hat uns voll in der Hand. Da kommt man nicht raus.“

Von Förderungen halten beide Seiten nicht viel

Das Einkommen eines konventionellen Landwirtes besteht bis zu 83 Prozent aus Förderungen. Davon hält Böckle nicht viel: „Meine persönliche Meinung: Die Förderungen gehören schon lang abgeschafft. Es sollte so sein, dass man die Erzeugerpreise so gestaltet, dass man davon leben und wirtschaften kann.“ Das sieht auch Biobauer Weissenbach so: „Ich bin nicht der Meinung, dass man von der Förderung leben sollte. Man soll vom Produkt leben. Die Förderung macht mehr kaputt als sie nützt.“

Rind, Kuh, Bio, Weissenbachhof
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Medikamentenhandel strenger bestrafen

Was den Verdacht des illegalen Medikamentenhandels betrifft, will sich keiner der Landwirte zu weit aus dem Fenster lehnen. „Da wird halt auch wieder viel unter den Tisch gekehrt. Klar ist, von Kammer und auch vom Land wird da die Hand drauf gehalten, dass man die Bauern in gewisser Weise schützt.“ Böckle stellt sich das anders vor: „Denen, die es nicht gehörig machen, sollte man die Förderungen streichen. Die Behörden brauchen da teilweise auch zu lange. Wenn es einer es nicht gehörig macht, Stall zusperren, dann ist es erledigt.“

Bio brauche eigentlich keine Medikamente

Ein Biobetrieb brauche eigentlich keine Medikamente, betont man auf dem Weissenbach Hof: „Die Erfahrungen haben sich so entwickelt, dass wir in der Tierhaltung eigentlich die ersten fünf Jahre Antibiotika gebraucht haben durch den Tierarzt und nachher eigentlich sukzessive immer weniger. Und jetzt eigentlich gar nichts mehr.“

Das bezweifelt Böckle: „Dass ein Biobauer keine Medikamente braucht, das glaube ich nicht. Natürlich kann man das auch nicht vergleichen – hier in diesem Stall läuft einfach alles schneller. Die Kuh muss wieder tragen, die muss Milch produzieren.“

Kühe, Rinder im Stall
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Konventionell und bio sind nicht vergleichbar

Die konventionelle Landwirtschaft sei Hochleistung, bestätigt Tierarzt Robert Griss: „Das sind Hochleistungssportler. Früher hat man das auch Turbokühe genannt, das ist ein Begriff, den man eigentlich nicht mehr verwenden sollte. Aber es sind Hochleistungstiere, die brauchen eine ganz andere Fütterung, ganz andere Betreuung, damit sie eben diese Milchleistung erbringen, die man von ihnen erwartet. Damit sind sie natürlich auch viel anfälliger für Erkrankungen, für Euter-Probleme und auch die Nutzungsdauer von solchen Tieren ist viel kürzer als in einem Biobetrieb.“

Wie soll es in der Zukunft weiter gehen?

Manuel Böckle wünscht sich mehr Freiheit in der Preisgestaltung im eigenen Betrieb. Familie Weissenbach sieht ihre Zukunft nicht in der Milchwirtschaft, sondern vielmehr im Acker- und Gemüsebau. „Ich sage ganz offen, das System ist Biobauern-feindlich, nicht nur in unserem Land“, meint Weissenbach: „Damit müssen wir zurechtkommen. Gottseidank haben wir viele vernünftige Kunden, die bei uns einkaufen.“