Besen und Putzeimer
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Politik

„Vorarlberg Kodex“ vorerst ohne Sanktionen

Das Land Vorarlberg führt ab 1. Juni 2024 eine Kodex-Vereinbarung für Asylwerberinnen und Asylwerber ein. Diese sollen sich per Unterschrift zur Teilnahme an Deutsch- und Wertekursen sowie zu gemeinnützigen Tätigkeiten verpflichten. In den nächsten Monaten drohen vorerst keine Sanktionen.

Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) und der zuständige Landesrat Christian Gantner (ÖVP) betonten am Freitag bei einer Pressekonferenz, dass es ein Gebot der Stunde sei, „auf die Integration zu achten“. Es gelte, das Thema und die diesbezüglichen Sorgen der Bevölkerung ernst zu nehmen.

Wallner zitierte eine Umfrage, laut der sich in Vorarlberg 80 Prozent der Bürgerinnen und Bürger dafür aussprechen würden, dass Flüchtlinge eine Integrationsleistung zu erbringen haben. „Haarsträubende Entwicklungen“, wie es sie außerhalb von Österreich gebe, wolle man erst gar nicht entstehen lassen, so der Landeshauptmann.

Unterschrift ist nicht verpflichtend

Beginnend mit 1. Juni 2024 wird der „Vorarlberg Kodex“ neu in Vorarlberg ankommenden Asylwerbern vorgelegt, aber auch jenen rund 1.750 Flüchtlingen, die sich bereits in der Grundversorgung des Landes befinden. Eine Verpflichtung zur Unterschrift gibt es freilich nicht.

„Wir gehen stufenweise vor. Wenn es in einer Vielzahl von Fällen zu einer Verweigerung kommt oder sich Asylwerber nicht an den Kodex halten, werden wir eine zweite Stufe einleiten“, sagte Wallner. Das würde bedeuten, dass das Land das Sozialleistungsgesetz ändert und eine Sanktion festschreiben würde – konkret eine Kürzung des Taschengelds.

Unterschiedliche Ansicht bei Sanktionen

Die Gesetzesänderung sei vorbereitet und könnte innerhalb von wenigen Wochen umgesetzt werden, stellte Wallner fest. Die Einführung einer solchen Strafe soll aber jedenfalls nicht früher als in einem Jahr erfolgen. Wallner verhehlte nicht, dass man mit dem Regierungspartner – den Grünen – in Sachen Sanktionen unterschiedlicher Meinung sei.

„Man kann in Vorarlberg nicht gegen oder neben uns leben, sondern nur mit uns“, so der Landeshauptmann. Mit Integration müsse am ersten Tag begonnen werden – nicht erst dann, wenn es einen positiven Asylbescheid gebe. Mit dem „Vorarlberg Kodex“ gehe Vorarlberg voran und könne wie mit der Integrationsvereinbarung für Asylberechtigte Vorbild in ganz Österreich sein.

Mehr Deutsch- und Wertekurse sollen kommen

Wallner betonte eine Kultur des Förderns und des Forderns, man fordere nicht nur von den Betroffenen, sondern weite auch die entsprechenden Angebote an Deutsch- und Wertekursen aus. Vorarlberg bietet bereits Deutschkurse für Personen in der Grundversorgung an, nun werde man eine Beinahe-Verdoppelung der angebotenen Stunden vornehmen, sagte Gantner.

Das Bundesministerium für Inneres werde ab Juni Wertekurse für Asylwerbende durchführen, man werde in Vorarlberg nur noch Absolventen eines solchen Kurses übernehmen – in Vorarlberg wird für diese dann ein zweiter Wertekurs zu absolvieren sein, so Gantner.

Einbindung der Gemeinden geplant

Bei der Bereitstellung von gemeinnützigen Tätigkeiten soll die Caritas stark eingebunden werden. Erster Ansprechpartner sind etwa die Gemeinden, aber auch Vereine und gemeinnützige Einrichtungen sollen mitwirken können. Asylwerber dürfen monatlich bis zu 110 Euro dazuverdienen. „Wir wollen den Gemeinden ‚schlüsselfertige Produkte‘ anbieten“, sagte Gantner, der die Bekämpfung von eingeschleppten Pflanzenarten oder „Schülerlotse“ als mögliche Tätigkeitsfelder nannte.

Bernd Klisch von der Caritas Vorarlberg zeigt sich überzeugt, dass eine Einführung von Sanktionen nicht notwendig sein wird: „Bei der Ankunft stellen Asylwerber zwei Fragen: ‚Wo Deutsch-Kurs?‘ und ‚Wann Arbeit?‘“ Die Menschen würden arbeiten und Deutsch lernen wollen.

Grüne waren gegen Taschengeld-Kürzung

Grünen-Klubobfrau Eva Hammerer begrüßt, dass es mehr Sprachkurse geben wird und dass es zu keinen Kürzungen des Taschengeldes kommen wird: „Wir haben immer gesagt, dass eine Kürzung der 1,30 Euro pro Tag mit uns nicht in Frage kommt.“

Hammerer appelliert an den Bund, die gesetzlichen Möglichkeiten für die Caritas-Nachbarschaftshilfe wieder zu ermöglichen. Diese sei gelebte Integration und ein jahrelanger Erfolg in Vorarlberg gewesen. Hier sollte sich die Bundes-ÖVP einen Ruck geben und dies wieder ermöglichen. Denn das würde mehr Arbeitsfelder für Geflüchtete eröffnen.

FPÖ spricht von Mogelpackung

FPÖ-Landesparteiobmann Christof Bitschi spricht von einer „klassischen ÖVP-Mogelpackung“, die nicht halte, was monatelang versprochen worden sei. Er fordert stattdessen eine Verschärfung im Zuwanderungsbereich, eine „echte Schubumkehr“.

Für Bitschi ist aus einer „zahnlosen Integrationsvereinbarung eine zahnlose Kodex-Vereinbarung geworden“. Seiner Ansicht nach braucht es klare Sanktionsmöglichkeiten.

Für SPÖ ist Kodex ein PR-Gag

SPÖ-Chef Mario Leiter spricht von einem PR-Gag. Ein Kodex ohne Gesetzesgrundlage sei eine Richtschnur ohne bindenden Charakter. Als Stadtpolizeikommandant würde er jeden Tag erleben, dass bei der Integration nur seriöse Sachpolitik helfen könne, aber keine PR-Gags. Der Kodex sei enttäuschend und werde an der Situation nichts ändern.

Leiter wünscht sich ebenfalls eine Wiedereinführung der Caritas-Nachbarschaftshilfe. Damit werde es Asylwerbenden ermöglicht, durch sinnvolle Tätigkeiten zur Gemeinschaft beizutragen, ohne dass die Gefahr eines Lohndumpings bestehe.

Kritik von NEOS

Kritik kommt auch von NEOS. Klubobmann Johannes Gasser stellt die Frage, ob es der ÖVP um echte Integration oder um Schlagzeilen geht. Nach Jahrzehnten in der Verantwortung wache die ÖVP nur auf, wenn Wahlkampf ist.

Statt den Menschen gemeinnützige Arbeit aufzuzwingen, sollte man sie auch normale Jobs annehmen lassen, betont Gasser. Es verstehe niemand, dass arbeitswillige Menschen gar nicht richtig arbeiten dürfen.