Chalet N
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Chronik

„Chalet N“: Hotel oder Privatunterkunft?

Die Gemeinde Lech könnte nach Einschätzung der Grünen auf Millionen an Strafzahlungen durch René Benko verzichtet haben. Die Grünen-Nationalratsabgeordnete Nina Tomaselli verweist auf die Gästeliste des „Chalet N“ – Benko habe die Unterkunft nicht als Hotel geführt, obwohl das mit der Gemeinde vereinbart gewesen sei. Laut der Gemeinde wurde der Hotelbetrieb stichprobenartig kontrolliert.

Ob das exklusive „Chalet N“ ein Hotel oder Benkos exklusiver Ferienwohnsitz ist, war von Anfang an umstritten. Um einen illegalen Zweitwohnsitz zu verhindern, wurde 2012 zwischen der Gemeinde Lech und René Benkos Signa ein Vertrag abgeschlossen, dass das „Chalet N“ als Hotel geführt werden soll.

Dass die Belegung des Hauses als Hotel zu definieren ist, bezweifelt die Vorarlberger Grünen-Nationalratsabgeordnete Nina Tomaselli anhand der ausgewerteten Gästedaten von 2017 bis 2023. Nur in den drei Jahren 2018, 2022 und 2023 verzeichnete das „Chalet N“ demnach mehr externe Gäste, in allen anderen Jahren entfiel die Mehrheit der Übernachtungen auf Benko, seine Familie und Freunde.

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Tomaselli übt Kritik an Gemeinde

Doch auch ein anderer Teil der ursprünglichen Vereinbarung mit der Gemeinde soll nicht eingehalten worden sein. Laut der Vereinbarung aus dem Jahr 2012 wäre das Hotel „neben einer vollen Wintersaison ca. die Hälfte der ortsüblichen Sommersaison geöffnet zu halten“.

Im Sommer, sagt Tomaselli, sei das Chalet nie geöffnet gewesen, im Winter nur zwei Saisonen die volle Zeit über. „In diesem Vertrag von 2012 sind auch millionenschwere Strafen vorgesehen, falls man sich nicht daran halten sollte. Wir finden es schon etwas komisch, dass wir diesbezüglich immer noch nichts von der Gemeinde Lech gehört haben oder irgendetwas dazu gefunden hätten, dass sie diese Strafen auch irgendwie eingebracht haben“, kritisiert Tomaselli.

Verwaltungsjurist sieht Aufklärungsbedarf

Der aktuelle Bürgermeister, Gerhard Lucian, kannte bis Montag den Vertrag gar nicht und verweist auf seinen Vor-Vorgänger, den Langzeitbürgermeister Ludwig Muxel. Der war damals befangen, weil sein Cousin das Hotel an Benko verkauft hat. Muxel verweist daher auf seinen damaligen Vizebürgermeister Stefan Schneider. Der wiederum will gegenüber dem ORF nichts davon wissen, ob der Vertrag jemals eingehalten oder eine mögliche Vertragsstrafe jemals eingehoben wurde.

Verwaltungsjurist Peter Bußjäger sieht Aufklärungsbedarf: „Die Gemeinde sollte den Sachverhalt aufklären, also klarstellen, ob es tatsächlich so war, dass dieses Chalet den Raumordnungsvertrag nicht eingehalten hat und ob den Organen der Gemeinde Lech dieser Sachverhalt bekannt war.“

Besonderheiten im Luxussegment

Lucian ließ sich den Vertrag mittlerweile ausheben und sagte, es sei richtig, dass sich die Vertragspartei vertraglich dazu verpflichtete, den Betrieb zumindest fünf Monate im Jahr offenzuhalten. Allerdings könne es im sehr hochpreisigen Luxussegment vorkommen, dass ein Hotel zwar geöffnet habe, aber nicht ständig belegt sei, heißt es in einer Stellungnahme von Lucian.

Auch würden in Lech viele Hotelbetriebe üblicherweise einige Zeit vor der Anreise des ersten Gastes öffnen und einige Tage nach der Abreise des letzten Gastes schließen. „Die Anzahl der Tage, an denen Gäste genächtigt haben, sagt daher nichts über die tatsächliche Offenhaltung des Betriebs aus“, so Lucian.

Bürgermeister: Es gab stichprobenartige Kontrollen

Der Hotelbetrieb wurde von dem zuständigen Gemeindeorgan stichprobenartig kontrolliert, betonte Lucian zudem in seiner Stellungnahme.

Der Anwalt von Benko, Norbert Wess, hat auf ZIB2-Anfrage nicht reagiert.