Auf Social-Media-Plattformen sind immer wieder Psychotherapeutinnen und -Therapeuten zu sehen, die z.B. in Videos von ihrem Berufsalltag erzählen. Das sorgt vor allem bei Jugendlichen für Aufmerksamkeit. Sich mit der mentalen Gesundheit zu beschäftigen, wird so vor allem bei jungen Leuten fast schon zum Trend.
Knapp ein Viertel aller Jugendlichen in Österreich hat nämlich beispielsweise Zukunftssorgen. Knapp jede und jeder Vierte kämpft mit Angstzuständen. Zwar ist das Annehmen von psychotherapeutischer Hilfe nach wie vor mit Vorurteilen belastet, doch vor allem jüngere Menschen sind inzwischen offener, Hilfe anzunehmen.
Psychische Gesundheit bekommt mehr Aufmerksamkeit
Die psychische Gesundheit von jungen Menschen bekommt mehr Aufmerksamkeit, bestätigt die Schulpsychologin der Bildungsdirektion Vorarlberg, Judith Postler, im Interview mit dem ORF Vorarlberg: „Es ist dank sozialer Medien schon so, dass Kinder und Jugendliche jetzt schon mehr darüber wissen. Aber diese Angst vor der Stigmatisierung in der eigenen sozialen Umwelt ist einfach immer noch ganz stark da.“
Daher müssen weiter Schwellen abgebaut werden, sagt Michael Kögler, Vorsitzender des Landesverbands für Psychotherapie: „Wir arbeiten natürlich auch laufend daran, dass wir aufklären und die Menschen sich trauen, in Psychotherapie zu gehen – statt zu sagen, sie haben doch keinen Vogel.“ Es müsse noch viel Aufklärungsarbeit geleistet werden, sagt Kögler: Es sei ein Zeichen von Stärke, sich Unterstützung zu holen.
Digitale Angebote senken Schwellen
Dabei helfen digitale Angebote. Im ersten Schritt nutzen Junge das Angebot in ihrem Wohlfühlbereich – also digital, berichtet Judith Postler: „Jugendliche holen sich zuallererst immer aus Social Media oder schnell Google-baren Seiten Informationen und wenden sich dann aber häufig an niederschwellige Unterstützungssysteme, die direkt in der Schule sind“, so die Schulpsychologin. Wenn die Jugendlichen über das Internet mit psychotherapeutischen Hilfsangeboten Kontakt aufnehmen, dann meist erstmal über Text-Chat. Das bietet beispielsweise „open2chat“ oder „Rat auf Draht“ an.
Erster Kontakt meist im Text-Chat
Auch beim Startup „Instahelp“, das Online-Sitzungen in Form von Text, Video oder eines Telefonats anbietet, erfolgt der erste Kontakt meistens in Textform, berichtet Unternehmensgründerin Bernadette Frech: „Die jüngere Zielgruppe textet extrem gerne. Das passt zur Lebensrealität. Sie switchen dann über die Zeit auch hin zum Gespräch oder zum Video-Call. Aber der Start bei den Jüngeren ist hauptsächlich über Text-Chat, also da reden wir von 80 Prozent.“
Frech selbst sieht die Online-Behandlung ergänzend zu den Psychotherapien vor Ort. Für jedes Setting würde es nicht passen. Um die Schwelle überwinden, sei das digitale Angebot sinnvoll: „Online ist super diskret. Du kannst niederschwellig zum Beispiel beim Texten beginnen, ein bisschen rein spüren. Du kannst Therapie machen, indem du dir Videos ansiehst, ohne dass du direkt schon in den Kontakt getreten bist.“
Online-Angebote als Einstieg oder Ergänzung
Psychotherapeut Michael Kögler begrüßt die digitalen Angebote, jedoch nur ergänzend oder als Einstieg: „Wenn es nicht um schwere Erkrankungen geht, dann kann man das machen.“ In Zukunft werde das sicher zunehmen, weil wir im Zeitalter der Digitalisierung leben, aber: „Es ist eine mögliche Ergänzung. Es wird die psychotherapeutische Behandlung nicht ersetzen können.“
Zwar ist Online-Beratung schnell verfügbar und meist etwas günstiger, aber rein über das Internet ist eine Psychotherapie im Sinne der Krankenbehandlung nicht erlaubt. Deshalb gibt es auch keinen Kostenzuschuss der Österreichischen Gesundheitskasse bei Online-Beratungen. Doch für junge Menschen gibt es ein Angebot: Das Projekt „Gesund aus der Krise“ bietet 15 kostenfreie psychotherapeutische Stunden und das ohne lange Wartezeiten.