Talabfahrt in Laterns-Gapfohl am 08.02.2024
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Wetter

„Schneebänder“ ins Tal – das neue Normal?

Die Semesterferien in Vorarlberg sind heuer ungewöhnlich warm, am Freitag werden mit Föhn sogar 20 Grad erwartet. Dort, wo noch Schnee liegt, rinnt er langsam davon. Skifahren ist in mittleren Lagen nur noch auf Kunstschnee-Bändern möglich. Eine Entwicklung, an die wir uns gewöhnen müssen, erklärt ORF-Meteorologe Thomas Rinderer.

Vorarlbergs Talabfahrten sehen zurzeit vielerorts wie weiße Bänder in grün-brauner Landschaft aus – z.B. in Schruns oder in Laterns-Gapfohl. Letzteres liegt immerhin auf 1.100 Meter Höhe, aber auch hier führt nur noch ein Kunstschneeband ins Tal.

„Ohne Beschneiung ist es auf der Höhenlage gar nicht mehr möglich“, erklärt Gerd Deschler von den Skiliften Laterns. Die Liftbetreiber mussten in dieser Woche über ihre Werbekanäle nachhelfen, sprich: den Menschen im Tal sagen, dass es oben noch Schnee gibt. „Wenn man durchs Laternsertal reinfährt, sieht man natürlich, dass alles ohne Schnee ist. Und es wird keiner denken, dass wir oben noch so gute Verhältnisse haben.“

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Deschler bleibt optimistisch: „Wir haben letztes Jahr extrem in die Beschneiung investiert. Und es wird auch nochmal einen zweiten Schritt brauchen, um die Beschneiung zu optimieren – denn die kalten Tage werden immer weniger und es wird über die nächsten Jahre unser Ziel sein, dass wir das weiter vorantreiben.“ In Laterns-Gapfohl darf bis Ende Februar beschneit werden, also auch nächste Woche – das ist die große Hoffnung. Das Skigebiet war in den Semesterferien nämlich schon besser ausgebucht.

ORF-Meteorologe zu warmen Winter

ORF-Meteorologe Thomas Rinderer ist zu Gast im Studio. Er spricht über die immer wärmer werdenden Winter und was das für die Skigebiete bedeutet.

Interview mit ORF-Meteorologe Thomas Rinderer

Ob ein Winter wie früher in Zukunft in Vorarlberg noch stattfinden wird, gilt als fraglich. Das meint auch der Meteorologe des ORF Vorarlberg, Thomas Rinderer.

ORF Vorarlberg: Grüne Hänge mit weißen Streifen darauf – ist das die neue Normalität?

Thomas Rinderer: Mehr oder weniger wahrscheinlich schon. Es gibt eine Studie der Geosphere Austria, die besagt, dass die Schneedecken-Tage, also die Anzahl der Tage mit Schnee pro Jahr bei uns seit 1961 schon um 40 Tage im Durchschnitt in Österreich abgenommen hat. Also viel weniger Schnee als früher – Tendenz zunehmend (weniger).

ORF Vorarlberg: Die Skigebiete sind da ganz besonders davon betroffen. Wie wird es denn ausschauen in den höheren Lagen? Die in mittleren und niederen Lagen haben ja jetzt schon echte Probleme. Aber wird es auch ganz oben im Gebirge irgendwann zu wenig Schnee haben?

Thomas Rinderer: Die ganz hohen Lagen sind nicht ganz so stark betroffen wie die tiefen Lagen. Laut Modell wird die Anzahl der Schneedecken-Tage im Rheintal zum Beispiel bis zum Jahr 2100 um 90 Prozent zurückgehen, wenn sich der Klimawandel so weiterentwickelt. Für die ganz hohen Lagen auf ungefähr 2.000 Metern bedeutet das einen Rückgang an Schneedecken-Tagen um minus 45 Prozent. Wenn wir das mal in den mittleren Lagen anschauen, zum Beispiel in Schröcken, da haben wir aktuell 180 Schneedecken-Tage, also fast das halbe Jahr eine geschlossene Schneedecke. Laut Modell aber gibt es da im Jahr 2100 nur noch um die 60 Schneedecken-Tage.

Talabfahrt in Schruns am 08.02.2024
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ORF Vorarlberg: In den nächsten Tagen ist ja wieder Föhn vorausgesagt. Das gab es ja früher auch immer wieder mal und ist nichts Besonderes. Ist das jetzt wirklich schon der Klimawandel?

Thomas Rinderer: Der Föhn ist an und für sich kein Problem, den hat es natürlich schon immer gegeben. Aber was wir heuer erleben, hat ja nichts mehr mit dem typischen Vorarlberger Winter zu tun. Der ist eigentlich genau gesehen eine einzige Wärmewelle, fast durchgehend. Wir sind stark in den meteorologischen Winter hinein gestartet am 1. Dezember – da hatten wir viel Schnee und Kälte. Aber ab dem 8. Dezember hatten wir fast ununterbrochen Tauwetter. Dann kam das neue Jahr mit zwei Wochen Kälte, Nebel und Schnee Anfang Jänner und danach wieder Tauwetter. Und in den nächsten Tagen sind bis zu 20 Grad möglich, also 15 Grad über normal. Das würde vergleichsweise im Hochsommer im Juli 40 Grad bedeuten, wenn wir dort eine Temperaturabweichung erleben würden.

ORF Vorarlberg: Kommen wir noch mal zurück zu den Skigebieten. Es gibt ja fast kein Skigebiet mehr ohne Schneekanonen. Aber werden es die Schneekanonen in Zukunft richten können?

Thomas Rinderer: Da entwickelt sich die Technik ja immer weiter. Früher konnte man nur bei deutlichen Minusgraden beschneiden, jetzt geht das schon bei deutlich höheren Temperaturen. Ich bin kein Ingenieur, ich weiß nicht, was in Zukunft kommen wird, aber aus aktuellem Stand würde ich sagen, wird es für die Skigebiete unterhalb von 1.500 Metern in Zukunft leider richtig schwierig.

„Weiße Bänder“ auch im Winter 22/23:

Fotostrecke mit 4 Bildern

Alberschwende, Schneemangel
ORF Vorarlberg
Der Schneemangel setzt Skigebieten – vor allem in niedrigeren Lagen – zu, so auch in Alberschwende (Bild aus dem Winter 2022/23)
Schetteregg, Schneemangel
ORF Vorarlberg
Der Schneemangel setzt Skigebieten – vor allem in niedrigeren Lagen – zu, so auch in Schetteregg (Bild aus dem Winter 2022/23)
Riezlern, Schneemangel
APA
Der Schneemangel setzt Skigebieten – vor allem in niedrigeren Lagen – zu, so auch in Riezlern (Bild aus dem Winter 2022/23)
Riezlern, Schneemangel
APA
Der Schneemangel setzt Skigebieten – vor allem in niedrigeren Lagen – zu, so auch in Riezlern (Bild aus dem Winter 2022/23)