Übervolle Psychiatrie LKH Rankweil, Pflegebetten am Gang
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Gesundheit

Übervolle Psychiatriestation: Betten für Patienten auf dem Gang

In vielen Bereichen des Gesundheitswesens herrscht Personalmangel. Besonders eklatant ist die Situation in der Psychiatrie im Landeskrankenhaus Rankweil. Das trifft nicht nur das Personal, sondern auch Patientinnen und Patienten bekommen es zu spüren: In den Zimmern sind nicht nur mehr Betten als vorgesehen, Bilder zeigen sogar Betten auf dem Gang.

Aufgrund des Personalmangels könne man aktuell 40 von 150 Betten in der Erwachsenenpsychiatrie nicht belegen. Betten für Patientinnen und Patienten im Gang seien in der Psychiatrie im Landeskrankenhaus Rankweil kein Einzelfall, bestätigte ein langjähriger Mitarbeiter, der nicht erkannt werden will, gegenüber dem ORF Vorarlberg. „Dass Patienten am Gang liegen, ist seit Wochen und Monaten zum Standard geworden“, berichtete er.

„Aus meiner Sicht und aus Sicht meiner Kolleginnen kann die ordnungsgemäße Versorgung von Patienten hier nicht mehr gewährleistet werden. Die Lage wird immer dramatischer“, schilderte er. Erst kürzlich habe es eine Situation gegeben, in der eine Patientin für eineinhalb Stunden eine Eins-zu-eins-Betreuung gebraucht habe. In dieser Zeit habe man andere Patienten nicht betreuen können.

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Übervolle Psychiatrie LKH Rankweil, viele Betten in Zimmer
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Bilder aus der Psychiatriestation des LKH Rankweils zeigen, dass in den Zimmern mehr Betten sind als sonst
Übervolle Psychiatrie LKH Rankweil, mehr Betten als sonst im Zimmer
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Die Lage werde laut einem Mitarbeiter „immer dramatischer“
Übervolle Psychiatrie LKH Rankweil, Pflegebetten am Gang
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Teilweise stehen Betten für Patientinnen und Patienten auf dem Gang

„Manche Kollegen zerbrechen an diesem Druck“

„Wir haben schizophrene Patienten, wir haben suizidale Patienten, wir haben manische – quer durch die Bank. Wenn so ein Nachtdienst vorbei ist, dann ist man froh, wenn alle Patienten noch leben. Und das ist nicht schön“, sagte der Mitarbeiter. „Das macht etwas mit einem. Manche Kollegen zerbrechen an diesem Druck“, erzählte er.

„Viele langjährige Mitarbeiter sagen, sie können nicht mehr, sie wollen nicht mehr. Sie können nicht mehr so pflegen, wie sie es gelernt haben. Sie verlassen das Unternehmen, sie lassen sich versetzen oder fallen sogar ins Burnout“, berichtete der Mitarbeiter, der anonym bleiben will.

Beschwerden beim Betriebsrat häufen sich

Beim Zentralbetriebsrat hätten sich die Beschwerden von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gerade in letzter Zeit gehäuft, berichtete Thomas Steurer, Zentralbetriebsrat der Landeskrankenhäuser. „Zum Teil geht es darum, dass sie zusätzliche Dienste versehen müssen“, erzählte er. Auch die Dienstplansicherheit sei überhaupt nicht mehr gewährleistet.

Psychiatrien überlastet

Viele Patienten und wenig Personal, so könnte man die Situation in vielen Bereichen des Gesundheitswesens beschreiben. Besonders eklatant ist der Personalmangel auf der Psychiatrie im Landeskrankenhaus Rankweil. Das hat nicht nur Auswirkungen auf die Beschäftigten, sondern auch die Patientinnen und Patienten bekommen den Mangel zu spüren.

Immer wieder müssten die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für Kolleginnen und Kollegen einspringen. Teilweise würden sie auch darauf aufmerksam gemacht, dass sie zu Hause auf Abruf sein sollten. Davon seien auch ältere Mitarbeiter betroffen, die ihre Arbeitszeit zum Teil bereits reduziert hätten, weil sie das nicht mehr leisten könnten. „Das ist schon alarmierend für einen Betriebsrat“, warnte Steurer.

Pflegedirektorin sieht keine Gefährdung der Patienten

Die Pflegedirektorin beschrieb die Situation in der Psychiatrie im Landeskrankenhaus Rankweil anders. Trotzdem wolle sie die Belastung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht kleinreden. „Dass das eine absolute Herausforderung ist, auch für das Team, wenn sie statt zum Beispiel 16 Betten ein Zusatzbett oder zwei Patienten mehr betreuen müssen, das steht außer Frage“, betontr Elke Kovatsch.

Nichtsdestotrotz würde man die Patientinnen und Patienten hochprofessionell betreuen. Dass eine Gefährdung der Patientinnen und Patienten bestehe, sehe sie anders, stellte Kovatsch klar. „Das erlebe ich auch anders und höre ich auch immer wieder anders von unseren Teams“, meinte die Pflegedirektorin des Landeskrankenhauses.

Martina Rüscher, Daniel Rein
ORF Vorarlberg
Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP) im „Vorarlberg heute“-Interview mit ORF-Moderator Daniel Rein

Rüscher sieht große Belastungssituation für Teams

Vonseiten der Vorarlberger Landesregierung hieß es, man sei sich der Situation bewusst. Es seien bereits zahlreiche Maßnahmen in Umsetzung, berichtete Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP). Derzeit sehe man sich mit der Situation konfrontiert, „dass wir von den in Summe 3.600 Stellen, die wir haben, in den Landeskrankenhäusern 70 Stellen nicht besetzt haben und davon leider 30 Stellen im Landeskrankenhaus Rankweil“, schilderte sie die Situation.

Landesrätin Rüscher (ÖVP) zu vollen Psychiatrien

Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP) nahm im „Vorarlberg heute“-Interview Stellung zur Situation in den Landeskrankenhäusern.

Bei insgesamt 510 Stellen in Rankweil führe das Fehlen von 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu großen Belastungssituationen für die Teams, bedauerte Rüscher. „Das ist uns bewusst", sagte sie. Den starken Personalmangel führt sie unter anderem auf den generellen Fachkräftemangel in der Pflege zurück. Zudem habe sich die gesamte Ausbildungssituation geändert, seit 2016 gibt es die Spezialpflegeschule nicht mehr.

Kooperation über Standorte hinweg fördern

Den Bau einer neuen Erwachsenenpsychiatrie begründete Rüscher trotz fehlenden Personals damit, dass man eine räumliche Situation brauche, in der die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Kompetenz entfalten könnten. „Und das ist in den bestehenden Gebäuden nicht mehr der Fall. Das heißt, wir müssen dort einen Umbau setzen“, bekräftigte sie. In weiterer Folge würde man sich dann einer neuen Kinder- und Jugendpsychiatrie widmen.

Um die großen Herausforderungen der Zukunft stemmen zu können, müsse man künftig die Kompetenzen bündeln und Fachkräfte zusammenlegen – Stichwort „Spitalscampus". Damit wolle man die Kooperationen zwischen den Krankenhäusern und auch zwischen den Spitälern und dem niedergelassenen Bereich fördern. „Neu ist, dass wir dieses Versorgungskonzept über alle Standorte denken“, betonte Rüscher.