Vorarlberger Landhaus von außen
Maurice Shourot
Maurice Shourot
Politik

WK gegen mehr Rechte für Umweltschützer

Eine aktuelle Regierungsvorlage würde die Verfahrensrechte von Umweltorganisationen bei Bewilligungsverfahren weiter stärken, wenn es um Naturschutz, Landschaftsentwicklung und UVP-Verfahren geht. Hintergrund seien EU-rechtlich notwendige Anpassungen, berichtete die Wirtschaftspresseagentur (wpa). Die Wirtschaftskammer (WK) lehnt diese Pläne strikt ab.

Aktuell kursiert laut wpa im Vorarlberger Landhaus eine Regierungsvorlage, welche die verfahrenstechnischen – nicht aber die inhaltlichen – Rechte von in Österreich anerkannten Umweltorganisationen noch mehr ausweiten würde, sollte sie so beschlossen werden. Das betrifft zum Beispiel Bewilligungsverfahren, die insbesondere Naturschutz und Landschaftsentwicklung, Betreiberpflichten zum Schutz der Umwelt und Umweltverträglichkeitsprüfungen tangieren. Die Begutachtungsfrist für diese Sammelnovelle lief Ende November 2023 ab, jetzt liegt der Ball wieder bei der Landesregierung.

EuGH-Entscheidung als Auslöser

Hintergrund der Sammelnovelle (es sind vier Gesetze betroffen) ist keine Initiative der Landesregierung, sondern die angebliche Notwendigkeit, damit zusammenhängende Gesetze in Vorarlberg an die Rechtslage der EU anzupassen. Dabei geht es vor allem um eine Entscheidung des EuGH vom Jänner 2021, wonach der betroffenen Öffentlichkeit ein Zugang zu Gericht gewährt werden muss, ganz unabhängig davon, ob eine Beteiligung am Verwaltungsverfahren stattgefunden hat oder nicht. Kern der Angelegenheit sind dabei Bestimmungen aus dem völkerrechtlichen Vertrag der Aarhus-Konvention.

Das Urteil habe zur Folge, dass im österreichischen Rechtssystem geläufige Präklusionsregelungen, die das Beschwerderecht eines Verfahrensbeteiligten an eine vorherige Beteiligung am Verwaltungsverfahren knüpfen, als mit dem Unionsumweltrecht unvereinbar anzusehen seien, wie in den Erläuterungen für die Regierungsvorlage zu lesen ist. Eine solche Präklusionsregelung würden im Landesrecht das Gesetz über Naturschutz und Landschaftsentwicklung (GNL) sowie das Flurverfassungsgesetz (FlVG) und das Servituten-Ablösungsgesetz enthalten, heißt es weiter. Hier seien gesetzliche Anpassungen notwendig. Aber es geht auch um Umweltverträglichkeitsprüfungen.

Einstieg auch erst in zweiter Instanz möglich

Das würde bedeuten, dass in Österreich anerkannte Umweltorganisationen zukünftig nicht mehr schon in einem Verwaltungsverfahren in Vorarlberg ihre Positionen einbringen müssten (1. Instanz), sondern dies auch erst danach in zweiter Instanz im Rahmen einer Beschwerde tun können. Das Land Vorarlberg rechnet je nach betroffenem Gesetz mit keinen oder kleineren Mehraufwänden für die Behörden, je nachdem, wie oft Umweltorganisationen von ihrem erweiterten Recht Gebrauch machen.

„Mehraufwand für Private zu erwarten“

Das gilt so allerdings nicht für Private beziehungsweise Unternehmen oder Investoren: „Durch die neuen Verfahrensbeteiligungs- und Beschwerderechte dürfte ein gewisser Zusatzaufwand für Private zu erwarten sein“, steht in den Erläuterungen zu lesen.

Wirtschaftskammer gegen Novelle

Neben dem Naturschutzbund und dem Klimaschutzministerium hat auch die Wirtschaftskammer Vorarlberg (WKV) im Begutachtungsverfahren eine Stellungnahme zur geplanten Sammelnovelle eingebracht. Dabei kommt von der WKV hinsichtlich der angeblichen Notwendigkeit einer Anpassung von Landesgesetzen eine klare Absage: „Unseres Erachtens ist dies nicht der Fall, weswegen wir jede Ausweitung der Rechte von Umweltorganisationen sehr kritisch sehen und somit auch klar ablehnen. Der Wegfall der Präklusion ist ein schwerer Fehler, der zu erheblichen Verfahrensverzögerungen führen kann und auch nicht dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis entspricht. Zudem ist es nach unserem Prinzip der Gewaltenteilung fraglich, wie das Urteil eines Gerichtshofes, über den Einzelfall hinaus, derart in geltendes Recht eingreifen kann.“

WKV-Direktor Christoph Jenny sagte auf wpa-Anfrage, dass es den sehr gut organisierten Umweltorganisationen sehr wohl auch weiterhin zumutbar sei, sich bereits in erster Instanz an einem Bewilligungsverfahren zu beteiligen.

Hopfner: „Wir werden sonst zum ökonomischen Zwerg“

Auch WKV-Präsident Wilfried Hopfner ist strikt gegen mehr Rechte von Umweltorganisationen in Bewilligungsverfahren. „Europa und auch Vorarlberg müssen aufpassen, nicht zu einem ökologischen Riesen und zu einem ökonomischen Zwerg zu werden. In Schönheit zu sterben kann nicht das Ziel sein.“

Umweltorganisationen hätten ihre Berechtigung, wenn es darum geht, der Wirtschaft Wege aufzuzeigen, wie man Dinge umwelttechnisch und ökologisch besser machen könne. „Sie sollen aber nicht immer noch mehr Rechte bekommen, mit denen sie die Wirtschaft immer stärker behindern oder ganz abdrehen können.“ Ohne eine erfolgreiche Wirtschaft gebe es auch keinen lebenswerten Lebensraum mehr in Vorarlberg. „Wovon sollen wir dann leben?“ Hopfner ist auch überzeugt davon, dass eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung nicht zum Verzicht beim erreichten Wohlstand bereit ist.