Landesgericht Feldkirch von außen
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Chronik

18 Monate Haft für Lehrling

Am Landesgericht Feldkirch wurde am Freitag ein 18-jähriger Lehrling wegen mehrerer Delikte zu 18 Monaten unbedingter Haft verurteilt. Eine Drogentherapie könnte ihm den Großteil der Freiheitsstrafe aber ersparen. Widersprüchlich gestaltete sich der Auftritt von zwei Freunden des Angeklagten.

Die Liste der angeklagten Delikte war lang und wurde während der Hauptverhandlung noch länger: Raub, Erpressung, versuchte Nötigung, Diebstahl teils durch Einbruch, Entfremdung unbarer Zahlungsmittel und schwerer Betrug waren darunter. Während des Prozesses wurde die Anklage noch um Verleumdung erweitert. Der angeklagte Lehrling gab zu, zwei anderen eine Straftat unterstellt zu haben. Vor der Polizei hatte er als Beschuldigter erklärt, die beiden hätten auf einer Party Geld gestohlen. In Wirklichkeit habe er alles an sich genommen, um seine Drogensucht zu finanzieren, gab er nun vor Gericht zu. Zur Verhandlung wurde er aus der Untersuchungshaft vorgeführt.

Angeklagter geständig

Auch andere Taten gestand der 18-Jährige. Unter anderem hatte er im Vorjahr andere Jugendliche auf der Straße ausgeraubt. Da die Beute nur 15 Euro betrug, bedrohte er sie und ließ sich weitere Summen überweisen. Mit einer entwendeten Bankomatkarte versuchte er Zigaretten zu kaufen. Von allen ihm vorgeworfenen Tathandlungen blieb am Ende nur eine über, die er bestritt. Dabei ging es um eine unbezahlte Taxifahrt von einem Dornbirner Szenelokal zum Bahnhof.

Dieser Nebenaspekt nahm in der Folge den größten Raum der Hauptverhandlung ein. Geladen waren dazu mehrere Zeugen, unter anderem der geprellte Taxifahrer. Der gab zu Protokoll, der Angeklagte und seine mitfahrenden Freunde hätten zunächst zum Bahnhof Klaus gebracht werden wollen. Als er 50 Euro Vorkasse gefordert habe, und die Jugendlichen nicht zahlen wollten, sei man zum Dornbirner Bahnhof gefahren. Dort hätten seine Fahrgäste Geld abheben wollen. Tatsächlich liefen sie aber davon und wurden von der Polizei angehalten. Schließlich bezahlte eine Bekannte die Rechnung.

Widersprüchliche Aussagen

Die beiden Mitfahrer hatten von der Staatsanwaltschaft eine Diversion angeboten bekommen und angenommen. Nach der Ableistung von Sozialstunden wurde auf eine Anklage verzichtet. Vor Gericht konnten sie sich dann an kein eigenes Fehlverhalten erinnern und schoben die Verantwortung auf den Angeklagten. Die Sozialstunden hätten sie nur auf Druck der Eltern absolviert.

Bei ihrer Einvernahme verstrickten sich die beiden in Widersprüche. Er sei sich ziemlich sicher, dass sie nur zu dritt gewesen seien, erklärte der erste Zeuge, erinnerte sich aber sonst an Details. Auf Nachfrage der Staatsanwältin gab der zweite Zeuge jedoch unumwunden zu, dass es einen „vierten Mann“ gegeben habe und nannte dessen Namen. Der Angeklagte habe angeboten, die Fahrt zu bezahlen, behaupteten beide.

Der zweite Zeuge sagte aber auch aus, der Angeklagte sei in der Tatnacht „nicht mehr zurechnungsfähig“ gewesen. Warum er dann auf dessen Aussage, er werde die Fahrt bezahlen, vertraut habe, wollte die Staatsanwältin wissen. So betrunken sei er auch wieder nicht gewesen, relativierte der Zeuge daraufhin. Nach eigenen Angaben hatte der Angeklagte an diesem Abend Alkohol, Marihuana, Kokain, Benzodiazepine und Codein konsumiert. „Eine gute Mischung“, quittierte Richterin Silke Sandholzer die Aufzählung trocken.

Freundeskreis überdenken

Gleichzeitig gab der zweite Zeuge zu, vorab gewusst zu haben, dass der Angeklagte bereits die Hinfahrt nicht bezahlt hatte. Dennoch wollte er darauf vertraut haben, dass dieser die Rückfahrt zahlen werde. Man sei nach der Ankunft am Bahnhof nur deshalb weggerannt, weil man einen Zug erwischen wollte. Der sei aber wohl gerade abgefahren gewesen, gab der erste Zeuge an.

Uneins waren sich beide Zeugen auch bei der Frage, ob man ursprünglich vorgehabt hatte zum Bahnhof zu laufen, oder nicht. Sie werde nicht gerne angelogen, erklärte die Richterin. Beide Zeugen beteuerten jedoch, die Wahrheit gesagt zu haben. Über etwaige Ermittlungen wegen Falschaussage muss nun die Staatsanwaltschaft entscheiden.

Vor Gericht forderte die Staatsanwältin den Angeklagten in ihrem Schlussplädoyer eindringlich auf, seinen Lebenswandel zu ändern. Das sah dieser auch ein. „Ich habe im Gefängnis so viele Leute gesehen, die kaputtgegangen sind, an den Drogen. So möchte ich nicht enden“, hatte der junge Mann bereits eingangs erklärt. Die Anklägerin legte ihm auch nahe, seinen Freundeskreis zu reflektieren. Ein Rat, den die Richterin wiederholte. Die beiden Zeugen hatten nach dem Vorfall keinen Kontakt mehr mit dem Angeklagten. Dieser sei ja in Haft gewesen. Ob denn die Freundschaft im Gefängnis ende, erkundigte sich die Staatsanwältin.

18 Monate unbedingte Haft

Nachdem er sich weitgehend geständig gezeigt hatte, wurde der 18-jährige Lehrling schließlich zu 18 Monaten unbedingter Haft verurteilt. Die knapp dreimonatige U-Haft wird ihm darauf angerechnet. Die Höhe der Strafe erklärte sich auch mit einer Vorstrafe aus dem Vorjahr. Der junge Mann war kurz nach seiner Verurteilung rückfällig geworden. Die beiden Zeugen nannte die Richterin „absolut unglaubwürdig“. Im Hinblick auf die unbezahlte Taxifahrt zum Dornbirner Bahnhof wurde der Angeklagte daher freigesprochen. Alle Parteien verzichteten auf Rechtsmittel. Das Urteil ist daher rechtskräftig.

Seine unbedingte Haftstrafe muss er nicht komplett verbüßen, wenn er eine Drogentherapie bewilligt bekommt. Ein entsprechender Antrag wurde von seinem Verteidiger eingebracht. Ein Gerichtssachverständiger wird nun die bestmögliche Therapieform für den Verurteilten festlegen. Die Richterin verwies auf die mahnenden Worte der Staatsanwältin. Er solle auch an die Belastung für seine Familie denken, redete sie dem jungen Mann ins Gewissen. Die Eltern waren als Zuschauer zur Verhandlung erschienen.