Reinhard Steurer
APA/GEORG HOCHMUTH
IMAGO/Martin Juen
Klima

Steurer: „Das bedeutet Kollaps dieser Zivilisation“

Der Klimapolitologe Reinhard Steurer hält eine Erwärmung bis zum Jahr 2100 um drei Grad für ein realistisches Szenario. „Das bedeutet Klimakatastrophe und ganz konkret für uns den Kollaps dieser Zivilisation in diesem Jahrhundert“, sagt der Vorarlberger, der Professor an der Universität für Bodenkultur in Wien ist.

Mit dem Pariser Klimaabkommen haben sich fast alle Staaten dazu verpflichtet, die Erderwärmung in den kommenden 76 Jahren auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Ein Ziel, das aus Expertensicht immer unrealistischer wird. Auch der Vorarlberger Klimapolitik-Experte Reinhard Steurer geht davon aus, dass die Erderwärmung aufgrund der ausgestoßenen Treibhausgase schon bald weit höher ausfallen wird.

Man müsse derzeit um jedes Zehntelgrad kämpfen, um die Erwärmung unter zwei Grad zu halten. „Das Motto müsste im Moment heißen: Jede Tonne zählt, jedes Zehntelgrad zählt“, so Steurer im ORF-Interview. „Das realistische Szenario ist im Moment, dass wir auf drei Grad Erhitzung gehen. Das bedeutet Klimakatastrophe und ganz konkret für uns Kollaps dieser Zivilisation in diesem Jahrhundert.“

Reinhard Steurer

Der gebürtige Vorarlberger unterrichtet Klimapolitik an der Universität für Bodenkultur in Wien. Seit gut 25 Jahren beschäftigt er sich dort mit der politischen Dimension der Klimakrise und mit der politischen Bedeutung von Ausreden. Er gehörte zu den ersten österreichischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die sich hinter die Straßenblockaden der „Letzten Generation“ stellten.

Verständnis für Proteste

Steurer zeigt auch Verständnis für die Klebeaktionen von Klimaaktivistinnen und -aktivisten. Die Gesellschaft zerstöre systematisch die Zukunft der jungen Menschen. Genau das sei es, was bei den Protesten – wie etwa den Klebeaktionen auf den Straßen – aufgezeigt werden solle.

„Wir sind das erste Mal in einer Situation, wo wir nicht sagen können: Eure Zukunft wird besser sein als unser Leben“, so Steurer, vielmehr sei das Gegenteil der Fall. Deshalb müsse man auch Verständnis für die Proteste haben. „Es geht nicht bloß um Verkehrsbehinderung, das ist der Protest. Das ist störend, das ist klar. Es geht darum, aufzuzeigen, dass wir deren Zukunft zerstören. Und das Aufzeigen deckt sich mit dem, was die Wissenschaft sagt.“