ORF Vorarlberg: Claudia Gamon, seit fast einem Jahr sind Sie nun schon neue Parteichefin der Vorarlberger NEOS. Wie haben Sie sich bereits in diese neue Funktion eingefunden?
Gamon: Ja, es war ein sehr bewegtes Jahr, aber das ist recht schnell gegangen. Wir haben ja so ein tolles Team und auch sehr viele Neue, die ehrenamtlich mit dabei sind. Es hat einen Riesenspaß gemacht und ich bin sehr zufrieden mit unserem Jahr.
ORF Vorarlberg: Was war aus Ihrer Sicht im vergangenen Jahr politisch gesehen die größte Herausforderung?
Gamon: Es gibt so viele Probleme, die die Welt beschäftigen und die uns alle beschäftigen. Wir sind aus der Energiekrise vom letzten Jahr jetzt in Richtung Teuerungskrise gekommen. Das trifft einfach ganz viele Menschen bei uns im Land. Das Wohnen ist unglaublich teuer geworden, das beschäftigt viele. Das Einkaufen und die Lebensmittel sind unglaublich teuer geworden. Das führt zu sehr viel Stress und Druck in Familien und ich glaube, da sind wir in der Politik einfach gefragt, Lösungen zu finden und Ideen auf den Tisch zu bringen, wie man das besser machen kann für die nächsten Jahre. Und da spürt man auch die Verantwortung, da wirklich mitzudenken und gute Vorschläge zu liefern.
ORF Vorarlberg: Es steht ein Superwahljahr an: zuerst die EU-Wahl, dann Nationalratswahl und dann Landtagswahl. Was ist aus Ihrer Sicht die entscheidendste Wahl für Vorarlberg?
Gamon: Für uns, also für die Vorarlbergerinnen und Vorarlberger, sind alle Wahlen wichtig. Mir ist es auch wichtig, jetzt nachdem ich dann aus dem EU-Parlament ausscheide, auch immer zu sagen: Auch die EU-Wahl betrifft uns in Vorarlberg ganz besonders. Wir sind ja ein Bundesland, das mitten in Europa liegt, wo wir sehr davon profitiert haben, auch von unserer Exportorientiertheit, dass wir so nah mit unseren Nachbarn auch zusammen wirtschaften können, dass man den ganzen Lebensraum rund um den Bodensee auch nutzen kann. Da merkt man ja auch den Unterschied, ob man jetzt in ein Nicht-EU-Mitgliedsland fährt, in die Schweiz oder nach Deutschland, was das bedeutet, was die EU für uns bedeutet. Das ist eine ganz, ganz wesentliche Wahl, auch in Kriegszeiten wie jetzt, die Europa erlebt mit dem Krieg in der Ukraine. Aber natürlich ist die Landtagswahl auch sehr entscheidend, weil es um ein paar Projekte auch geht, um eine Richtungsentscheidung. Wo geht Vorarlberg hin? Wollen wir moderner werden? Wollen wir zukunftsorientierter werden? Wollen wir jetzt investieren, dass wir in 20 Jahren diesen Wohlstand noch haben und noch ausbauen können, den wir jetzt auch genießen in Vorarlberg? Und da muss man wahnsinnig viel Mut zeigen und für das wird diese Wahl entscheidend sein. Da bin ich sehr fest davon überzeugt, dass man auch sagt, ja, jetzt packen wir es an und jetzt gehen wir sehr mutig in die Vorarlberger Zukunft.
ORF Vorarlberg: Auf welche Themen wird sich NEOS konzentrieren? Wird man bei diesen Wahlen verschiedene Schwerpunkte setzen oder gibt es ein Thema, das über alle Wahlen geht?
Das Interview mit Claudia Gamon hat ORF-Redakteur Martin Kopf geführt.
Gamon: Also für uns ist für die EU-Wahl natürlich immer noch entscheidend. Dass wir sagen, wir stehen für eine neue Europäische Union, eine Europäische Union, die sich weiterentwickelt in Richtung Vereinigte Staaten von Europa, um besser für die Menschen in Europa da sein zu können, um besser zu funktionieren. Was für uns in Vorarlberg entscheidend ist, ist eben diese Perspektive, dieser Mut für die Zukunft. Da geht es um ganz wesentliche Entscheidungen. Wie schaut der Verkehr in Zukunft aus? Wie können wir das Wohnen wirklich radikal anders gestalten, damit es besser und günstiger ist in Zukunft? Und da sind einfach ein paar Dinge, die mögen vielleicht abenteuerlich klingen, auch an Verkehrsprojekten, wie die Ringstraßenbahn oder auch der Bahntunnel in den Bregenzerwald hinein. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass jetzt die Zeit ist, um solche mutigen Entscheidungen zu treffen und zu sagen, wir investieren für die Zukunft, wir investieren für die nächsten Generationen, weil unsere Kinder und deren Kinder sollen nicht mehr jeden Tag im Stau ersticken.
ORF Vorarlberg: Werden Sie auch Spitzenkandidatin der NEOS für die Landtagswahl in Vorarlberg sein? Als Parteichefin würde das ja naheliegen.
Gamon: Ich hoffe es, ich werde mich darum bewerben bei meinen Mitgliedern und bei den Vorarlbergerinnen und Vorarlbergern und hoffe, dass sie mir die Chance geben werden, dass ich als Spitzenkandidatin ins Rennen gehen kann.
ORF Vorarlberg: Und was wäre generell das Ziel jetzt für die Vorarlberger NEOS? Wenn wir jetzt auf die Landtagswahl schauen, trauen Sie sich da schon eine Prognose abzugeben, was das Ziel ist?
Gamon: Nein, ich glaube das Wahrsagen ist in der Politik etwas, was immer schlecht läuft. Aber mein Ziel ist natürlich, dass wir zulegen werden, dass wir stärker werden und etwas mitgestalten können in Vorarlberg.
ORF Vorarlberg: Eventuell auch in der Regierungsverantwortung?
Gamon: Das wäre natürlich schön.