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Mathis Fotografie/Archiv
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Gericht

Unbedingte Haft nach häuslicher Gewalt

Ein Mann, der unter Alkoholeinfluss seine Lebensgefährtin eingesperrt haben soll, ist am Mittwoch in Feldkirch in erster Instanz zu zwölf Monaten Haft verurteilt worden. Ein ebenfalls angeklagter Beiß-Versuch an einem Polizisten wurde jedoch ausgeschieden.

Ende November soll der Mann seine Lebensgefährtin angegriffen und eingesperrt haben. Laut Anklage versuchte er im angetrunkenen Zustand, der Frau eine Lösung aus Wasser und Teebaumöl sowie ein Handdesinfektionsmittel einzuflößen. Mit den Worten „Sauf’ das!“ habe er ihr die Flasche gegen den Mund gedrückt. Danach sperrte er die Wohnung zu und zog den Schlüssel ab.

Erinnerungslücken nach Bier und Jägermeister

Vor Gericht zeigte sich der Österreicher weitgehend geständig – mit der Einschränkung, dass er sich nicht mehr an alle Tathandlungen erinnern könne. Schuld daran sei der Alkohol. Eigentlich habe er einkaufen gehen wollen, erklärte der Mann bei seiner Einvernahme durch Richter Theo Rümmele. Schließlich landete er aber mit vier Bier in der Hand bei einem Freund, der ihm zusätzlich Jägermeister spendierte. Als er danach wieder nach Hause kam, soll dann die Situation eskaliert sein.

Die Beziehung habe da bereits ein Dreivierteljahr gedauert, gab die Lebensgefährtin als Zeugin an. Bereits früher hatte der 47-Jährige die Frau bei einem Fest im Streit so gestoßen, dass sie sich den Ringfinger geprellt hatte. Ansonsten sei er aber nie gewalttätig geworden, erklärte sie dem Richter. Sie sei deshalb sehr erschrocken, als er sie plötzlich angegriffen habe.

Noch immer ein Paar

Der Angeklagte, der aus der Untersuchungshaft vorgeführt wurde, entschuldigte sich im Saal bei ihr. Aus ihrer Sicht seien sie noch ein Paar, so die 59-Jährige. „Mich freut’s“, erwiderte der Mann auf die Frage des Richters, was er dazu sage. Die Frau machte vor Gericht dennoch Angaben zur Tat, obwohl sie als Lebensgefährtin ein Entschlagungsrecht gehabt hätte. Bereits bei der Polizei hatte sie angegeben: „Immer wenn er Alkohol trinkt, ist er ein anderer Mensch.“ Demnach hatte das Paar Meinungsverschiedenheiten, weil der Mann immer wieder mit Kollegen vor einem Supermarkt trank.

Auch einige seiner acht Vorstrafen waren auf übermäßigen Alkoholkonsum zurückzuführen. Er wisse eigentlich, dass er keinen harten Alkohol trinken solle, gab der Angeklagte vor Gericht an. „Warum saufen sie dann weiter, wenn es Probleme gibt?“, fragte Staatsanwalt Gschwentner eindringlich. Darauf wusste der Mann keine Antwort zu geben.

Polizei trat Tür ein

Angeklagt war der Mann neben Nötigung, Freiheitsentziehung, Widerstand gegen die Staatsgewalt und versuchter Körperverletzung auch wegen Sachbeschädigung. Als es der Frau in der Tatnacht gelungen war, die Polizei zu rufen, warf der Mann ihr Handy auf den Boden, so die Anklage. Dadurch ging der Bildschirm zu Bruch. Danach habe sich der Frühpensionist an den Küchentisch gesetzt und eine Zigarette geraucht. Die Polizisten mussten die Tür eintreten.

Er könne sich nicht mehr erinnern, wie er nach Hause gekommen sei, erklärte der Angeklagte. Dass die Polizei gekommen sei, wisse er noch. Aber wie er ins Einsatzfahrzeug und danach in die Zelle gebracht wurde, wisse er auch nicht mehr.

Polizisten haben keine bissfesten Handschuhe

Nach Festnahmen werden gefährdeten Personen Gegenstände abgenommen, mit denen sie sich strangulieren oder sonst verletzen können. In der Polizeiinspektion sollte dem Mann daher sein Pullover ausgezogen werden. Dagegen wehrte er sich aber so, dass man ihn zu Boden bringen musste. Dabei soll er versucht haben, einen der Polizisten zu beißen.

Der betroffene Beamte weilt derzeit im Weihnachtsurlaub im Ausland und konnte daher nicht kommen. In der Hauptverhandlung entspann sich deshalb eine Diskussion darüber, ob man seine Aussage verlesen könne oder den Prozess vertagen müsse. Die Verteidigung befragte die beiden anderen in der Zelle anwesenden Polizisten ausführlich. Sie hatten die Beiß-Versuche aber nicht gesehen, sondern nur die Reaktion des Kollegen gehört.

Er frage sich, ob sein Mandant überhaupt durch die Polizeihandschuhe hätte durchbeißen können, so der Pflichtverteidiger. Er werde den Verteidiger gern testweise in die Hand beißen, wenn er den Handschuh anprobiere, meinte Staatsanwalt Richard Gschwentner scherzhaft. Auch er könne aus früheren Verhandlungen bestätigen, dass die Einsatzhandschuhe von Polizisten nicht bissfest seien, erklärte der Richter. Der entsprechende Anklagepunkt wurde schließlich ausgeschieden. Er wird weiterverhandelt, wenn der urlaubende Polizist wieder als Zeuge zur Verfügung steht.

12 Monate unbedingte Haft

Zwischendurch ermahnte der Verteidiger seinen Mandanten, nicht mit seiner Lebensgefährtin zu flirten, die unweit von ihm Platz genommen hatte. Auch der Richter erinnerte ihn an die Schwere des Tatvorwurfs. Die Beweislage sei erdrückend, gab auch der Verteidiger zu. Man habe zwar schon „die Vibes“ zwischen Angeklagtem und Zeugin gespürt, er wolle die Taten aber nicht relativieren. Sie befänden sich dennoch am unteren Ende der Skala. Er beantrage daher ein mildes Urteil.

Richter Rümmele verurteilte den Mann zu zwölf Monaten unbedingter Haft. Außerdem widerrief er eine viermonatige Bewährungsstrafe aus einer früheren Verurteilung. Bei einer weiteren Bewährungsstrafe über sechs Monate verlängerte er die Probezeit auf fünf Jahre. Die bisherige, etwa einmonatige Untersuchungshaft wird auf die Strafhaft angerechnet.

Er verhänge nicht gern unbedingte Haftstrafen, erklärte der Richter. Der Angeklagte habe aber die Chancen, die man ihm früher immer wieder gegeben habe, nicht genutzt. Die Verteidigung nahm sich drei Tage Bedenkzeit. Der Staatsanwalt kündigte eine Berufung über die Strafhöhe und eine Beschwerde wegen der nicht widerrufenen sechsmonatigen Bewährungsstrafe an.