Illustration zu: Gemeinnützige Arbeit, verpflichtende Arbeit für Asylwerber
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Politik

Kein Zwang zu gemeinnütziger Arbeit, aber Kürzungen möglich

Asylwerber zu gemeinnütziger Arbeit verpflichten – mit dieser Ankündigung hat die Vorarlberger ÖVP im November mit einem „Vorarlberg Kodex“ aufhorchen lassen. Das Innenministerium ist nach einer Prüfung zu dem Schluss gekommen, dass es rechtlich möglich ist, Asylwerbern das Taschengeld zu kürzen, wenn sie nicht gemeinnützig arbeiten wollen.

Der Bund teilte den Flüchtlingsreferenten der Länder diese Rechtsauffassung mit und präsentierte einen entsprechenden Vorschlag für die Ausdehnung des Einsatzes von Asylwerbern zu gemeinnütziger Arbeit. Dieser sieht auch eine Kürzung von Geld- und Sachleistungen vor, sollten die Betroffenen keine Dienste leisten wollen. Die Länder könnten die Vorschläge eigenständig umsetzen. Ob landesgesetzliche Bestimmungen betroffen seien, müsse jedes Bundesland selbst bewerten. Flüchtlingsreferenten der Länder hatten sich bereits im September für eine Ausdehnung der Pflicht zur gemeinnützigen Arbeit ausgesprochen und das Innenministerium um ein Modell gebeten.

Umstellung von Geld- auf Sachleistungen angedacht

Die derzeitige Regelung sieht gemeinnützige Arbeit im Quartier oder im Auftrag von Ländern und Kommunen vor. Vorgeschlagen wurde etwa eine Ausdehnung auf gemeinnützige Organisationen. Auch beinhaltet das Innenministeriums-Modell Konsequenzen bei Verweigerung: Neben der Reduktion des Taschengeldes (laut Ö1-Radio um die Hälfte) sieht der Vorschlag, der auch der APA vorliegt, auch die Umstellung von Geld- auf Sachleistungen in den Bundesländern vor (wie es bereits in der Grundversorgung des Bundes üblich ist, etwa in Form von Essensgutscheinen). Auch der volle Erhalt dieser Sachleistungen soll nur möglich sein, wenn Arbeitswilligkeit vorliegt.

„Vorarlberg Kodex“ angekündigt

Die Debatte schwelt schon länger, die Vorarlberger ÖVP hatte etwa Anfang November einen „Vorarlberg Kodex“ angekündigt, den Asylwerber unterschreiben sollen und der sie zu gemeinnütziger Arbeit verpflichtet. Der Vorarlberger Sicherheitslandesrat Christian Gantner (ÖVP) sieht den Vorarlberger Vorschlag vom Innenministerium bestätigt. Er gehe davon aus, dass mit der neuen Regelung jeder dazu bereit sei, der gemeinnützigen Arbeit nachzukommen.

„Rechtliche und moralische Dimension“

Auf die Frage, ob man jemanden zur gemeinnützigen Arbeit zwingen könne, sagte Gantner: „Für mich gibt es neben der rechtlichen Dimension natürlich auch eine moralische Dimension. Mit dieser moralischen Dimension möchten wir den Leuten schon vom ersten Tag an zeigen, dass Österreich kein Selbstversorgerstaat ist, sondern dass wir in Österreich letztlich auch verlangen, dass Menschen arbeiten und dass sich bei uns in Österreich auch Leistung lohnt.“

Es gehe darum, mit dieser Möglichkeit die Grundlage zu schaffen, „dass wenn Menschen arbeiten wollen, dass sich das auch lohnt“. Man wolle eine Motivation bieten, "dass wenn jemand arbeiten möchte, dass er sich dann bis zu 110  Euro dazu verdienen kann. Das ist die Möglichkeit, die es jetzt schon gibt. „Und wenn jemand nicht bereit ist zu arbeiten, wird es zu entsprechenden Kürzungen kommen. Im konkreten Fall das Taschengeld“, so Gantner.

Beide Seiten vertreten

Grundsätzlich stehe man voll hinter der Idee und werde das „in Salzburg auf jeden Fall voll ausschöpfen“, so der Salzburger Vertreter, FPÖ-Regierungskoordinator Dom Kamper. Auch Tirols Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) hatte sich bereits im November offen für diesen Vorschlag gezeigt, während etwa Tirols Landeshauptmannstellvertreter Georg Dornauer (SPÖ) das Ansinnen als nicht zielführend und „reinen Theaterdonner“ der ÖVP vor den Wahlen im Jahr 2024 bezeichnete.

„Nicht mit Flüchtlingen Lohndumping betreiben“

Kritik kam auch vom zuständigen Wiener Stadtrat Peter Hacker (SPÖ). Eine Verpflichtung zur Arbeit für Flüchtlinge verstoße gegen die Menschenrechte und sei daher nicht möglich, betonte der Stadtrat im APA-Gespräch. Auch sei es undenkbar, dass mit Flüchtlingen Lohndumping betrieben werde.

Wenn diese als Straßenkehrer und Pfleger von Grünflächen dienen müssten, würden die derzeitigen Arbeitskräfte ihren Job verlieren. Gleichzeitig unterstrich Hacker, dass natürlich auch Flüchtlinge ihre Arbeitskraft einbringen müssten. Dafür wäre es jedoch hilfreich, wenn ihnen beispielsweise ihre Zeugnisse nicht erst nach Monaten ausgestellt würden, sieht er den Integrationsfonds gefordert.

Taschengeld seit 20 Jahren nicht angepasst

Kritik kam auch von Wolfgang Salm von der Plattform „Gemeinsam für Kinderrechte“: Der Vorschlag sei nur ein weiterer Versuch, „politisches Kleingeld“ auf dem Rücken Schutzbedürftiger zu schlagen, sagte er am Rande einer Pressekonferenz.

Das Taschengeld betrage 40 Euro im Monat und sei seit 20 Jahren nicht valorisiert worden. Dass man Leute nun zu „Zwangsmaßnahmen“ verpflichte, um sie zu beschäftigen, sehe er nicht ein. Ohnehin sei der Vorschlag aber wohl schwer umsetzbar, so Salm.

„Nicht erlaubt, Beschäftigen anzunehmen“

Für den Direktor der Volkshilfe Österreich Erich Fenninger „ist es angesichts der großen Nachfrage am Arbeitsmarkt nicht nachvollziehbar, warum es nicht generell einen erleichterten Zugang zum Arbeitsmarkt für schutzsuchende Menschen gibt.“

Denn Asylwerber seien in Österreich zu einem hohen Anteil dazu gezwungen, die Grundversorgung in Anspruch zu nehmen, weil es ihnen nicht erlaubt sei, Beschäftigungen anzunehmen. Diese wollten sich aber selbstständig erhalten und nicht abhängig von Transferleistungen sein.