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Kiesabbau-Kompromiss: Neue Vorwürfe

In Götzis herrscht Aufregung um ein Schreiben der Gemeinde an das Landesverwaltungsgericht. Die Bürgerbewegung wirft dem ehemaligen Bürgermeister vor, darin gegen Götzner Interessen gehandelt zu haben. Und in Altach will die Opposition einen Misstrauensantrag gegen Bürgermeister Markus Giesinger (ÖVP) stellen.

In Götzis und Altach geht der Streit um den Kiesabbau weiter. Christoph Längle von der Bürgerbewegung Götzis wirft dem ehemaligen Götzner Bürgermeister Christian Loacker (ÖVP) vor, beim Landesverwaltungsgericht gegen die Interessen der Marktgemeinde interveniert zu haben. Auf einem Grundstück, das Götzis gehört, aber in Altach liegt, sollen Kiesreserven erschlossen werden. Beide Gemeinden waren sich lange über die Aufteilung der Erträge uneins.

Vorwürfe gegen ehemaligen Bürgermeister

Ursprünglich hatte der Götzner Gemeindevorstand beschlossen, das Landesverwaltungsgericht im Kiesstreit anzurufen. Loacker habe aber später mit einem Schreiben eigenmächtig versucht, das Verfahren zu hintertreiben, wirft Christoph Längle von der Bürgerbewegung Götzis dem ehemaligen Bürgermeister vor. So wollte man Zeit für eine politische Einigung mit Altach gewinnen, wie aus dem Schreiben hervorgeht. Längle übt nun scharfe Kritik an der Götzner Volkspartei und spricht von mittelalterlichen Methoden. Loacker war noch nicht für eine Stellungnahme erreichbar.

Das Schreiben, das von den Anwälten der Marktgemeinde an das Landesverwaltungsgericht ging, liegt dem ORF Vorarlberg vor. Darin heißt es, „dass derzeit Vergleichsgespräche mit der Gemeinde Altach geführt werden, die im engen Konnex zum Beschwerdeverfahren stehen.“ Man ersuche das Verwaltungsgericht daher „höflich, das Verhandlungsergebnis abzuwarten und bis zumindest Ende Dezember 2023 keine Schritte zu setzen.“ Man werde zum Ergebnis der Vergleichsgespräche berichten.

Böhmwalder verteidigt Loackers Vorgehen

Er habe Anfang November von diesem Schreiben erfahren, erklärte Manfred Böhmwalder auf Nachfrage des ORF Vorarlberg. Am Vorgehen seines Vorgängers findet er nichts auszusetzen: „Diese Diskussion besteht jetzt schon seit über vier Jahren, wenn nicht noch länger. Und ich denke, konstruktive Gespräche, die vor allem zu einer zukunftsorientierten Lösung finden, sind immer die beste Lösung für beide Seiten. Und wenn man die Gerichte nicht braucht und keine gerichtliche Auseinandersetzung mit einer Nachbargemeinde hat, dann sollte das eigentlich im Interesse aller Parteien liegen, würde ich meinen.“

Kompromissvorschlag abgelehnt

Mit dem Gemeindevorstand sei dieses Vorgehen nicht abgestimmt worden, ist Christoph Längle von der Bürgerbewegung Götzis empört. Loackers Nachfolger Manfred Böhmwalder hatte mit seinem Kollegen Markus Giesinger (ÖVP) aus Altach letzte Woche einen Kompromiss präsentiert, der eine Aufteilung der Einnahmen aus dem Kiesabbau vorsah. Dieser wurde aber am vergangenen Montag von der Altacher Gemeindevertretung abgelehnt.

Kritik an „Millionengeschenk“

Grüne Liste Götzis, Bürger-Bewegung Götzis, NEOS Götzis und FPÖ Götzis kritisierten den Kompromiss am Wochenende in einer gemeinsamen Aussendung unter der Überschrift: „Das Millionengeschenk an Altach können wir uns nicht leisten!“ Es sei für sie völlig unverständlich, dass ÖVP und SPÖ in der Götzner Gemeindevertretung am 27. November geschlossen für ein Kies-Projekt auf dem Götzner Rheinhof stimmten, das ohne Gegenleistung und im Widerspruch zur in Vorarlberg üblichen Geschäftspraxis viele Millionen von Götzis nach Altach verschiebe. Bürgermeister Böhmwalder agiere eigenmächtig.

Böhmwalder habe den Deal mit seinem Altacher Kollegen Giesinger mit allen wesentlichen Details durch die Medien hinausposaunt, bevor alle Fraktionen informiert wurden: „Ohne jede Ausschussberatung wurde überfallsartig eine Gemeindevertretungssitzung angesetzt – mit dem Thema Kies, dazu noch ohne triftigen Grund im nicht-öffentlichen Teil. Im öffentlichen Teil der Gemeindevertretungssitzung verweigerte er jegliche Antwort auf Fragen zum Thema Kies, komplimentierte dann die zahlreich erschienenen interessierten Zuhörer zum Saal hinaus, um dann in nicht öffentlicher (vertraulicher) Sitzung seinen Deal mit den Stimmen der gleichgeschalteten ÖVP und SPÖ ganz knapp durchzubringen“, wirft die Opposition vor.

Misstrauensantrag gegen Altacher Bürgermeister

Gegen den Kies-Kompromiss zwischen den beiden Bürgermeistern haben in Altach auch drei Mandatare der ÖVP, also der Bürgermeister-Partei, gestimmt. In einer neuen Sitzung diese Woche soll nun erneut der Kies zum Thema werden. Für die Grünen in Altach geht das zu weit. Bürgermeister Markus Giesinger sei nicht mehr tragbar, deshalb hat Bernhard Weber (Grüne) einen Misstrauensantrag gegen ihn eingebracht.

Die Altacher Gemeindevertretung werde quasi in den Schwitzkasten genommen, kritisierte Weber im Interview mit dem ORF Vorarlberg: „Da wurde letzten Montag, also genau vor einer Woche, ein Gemeindevertretungsbeschluss gefällt, der anscheinend dem Bürgermeister nicht gefällt. Und jetzt soll dieser ÖVP-Fehler einfach behoben werden. Und das ist natürlich demokratiepolitisch höchst bedenklich.“ Weber macht seine Kritik vor allem an der Person des Bürgermeisters fest und will am Montag gemeinsam mit der SPÖ über die weiteren Schritte informieren.